NIEMALSALLEIN

Bei Hannover 96 kann man jetzt den Klassenerhalt abonnieren. Mehr als 1000 Menschen haben bereits davon Gebrauch gemacht, und es ist zu hoffen, dass sie das Kleingedruckte gelesen haben.

 

Für das "Klassenerhalt-Abo", das der Verein anbietet, gibt es nämlich nicht den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga, und es funktioniert leider auch nicht so, dass, wenn man das Abo einfach nicht kündigt, 96 dann immer und ewig drinbleibt in der 1. Liga und sie zuverlässig 34-mal in der Saison geliefert wird. Das wäre eine tolle Idee, dieses Abonnement würden Hunderttausend und mehr in der Region sofort unterschreiben, sogar an der Haustür. Tatsächlich bekommen Erwachsene beim „Klassenerhalt-Abo“ Tickets für die Heimspiele am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg, danach gegen Eintracht Frankfurt und den 1. FC Köln für insgesamt 50 Euro (ermäßigt 40 Euro, Kinder 15 Euro); eine Klassenerhalt-Garantie gibt es nicht. Es ist dennoch eine gute Idee, weil Hannover 96 in den vergangenen Monaten nicht nur viele Spiele verloren hat – unglaubliche acht Stück in Folge –, sondern auch viele Fans. Ohne Unterstützung der Anhänger aber, egal ob sie auf der Haupt- oder Westtribüne sitzen oder im Norden stehen, ob sie mit einem Trikot ins Stadion gehen oder im Seidenhemd unter ihrer Jacke, dürfte die ohnehin schon schwierige, aber nicht aussichtslose Mission Klassenerhalt nicht zu schaffen sein. Doch ausgerechnet die Beziehung zwischen Mannschaft und Fans ist empfindlich gestört, im Grunde ist es wie nach einem heftigen Streit unter Freunden: Jeder wartet darauf, dass der andere den ersten Schritt macht. Mirko Slomka, der 96-Trainer, hat vor dem Niedersachsenduell am Sonntag gegen den deutschen Meister VfL Wolfsburg deutlich gesagt, wen er in der Pflicht sieht: "Wir brauchen die Fans, aber der Funke muss von der Mannschaft überspringen, um Atmosphäre zu schaffen." Vielleicht sollte man an dieser Stelle einen kleinen Einschub machen, denn mit den Fans der "Roten" ist es derzeit nicht so einfach; ein Blick ins Leserbrief-Fach der Sportredaktion genügt, um das beschreiben zu können. Die einen sind der Meinung, dass man den 96-Spielern helfen müsse, irgendwie, mit Zuspruch, mit weniger Kritik, mit guten Noten, auch wenn die Leistung schlecht war, mit lautstarkem Anfeuern. Es geht kunterbunt durcheinander mit den Ideen, was damit zu tun hat, dass es halt verdammt schwer ist, einer Mannschaft zu helfen, die zuletzt beim 1:5 gegen Werder Bremen und beim 1:4 gegen Borussia Dortmund nicht den Eindruck gemacht hat, dass sie sich überhaupt helfen lassen will. Andere schicken E-Mails oder Briefe, in denen stehen Worte wie "charakterlose Söldnertruppe" oder "lustlose Großverdiener", und das sind noch die freundlichsten. In ihren Zeilen ist eine starke Wut spürbar auf diejenigen, die nichts von der Leidenschaft erkennen lassen, die sie selbst für diesen Verein, oft seit zig Jahren, empfinden. Würde man diesen Menschen ein rotes Trikot überstreifen, sie würden vielleicht auch Ecken in Kniehöhe reinbringen wie die Profis oder sich hinten rechts überlaufen lassen, aber ihr Trikot wäre nach 90 Minuten schwarz vor Dreck. Man möchte einigen – nicht allen! – 96-Spielern den Ratschlag geben, sich mit diesen Menschen zu unterhalten, damit sie endlich dieses Gefühl entwickeln, das ihnen abhanden gekommen ist, warum auch immer. Wahrscheinlich kommen dann die Ecken immer noch nicht richtig, aber vielleicht verliert die Mannschaft dann gegen ein Klasseteam wie Bremen nicht 1:5, sondern 4:5, und es ist zu erkennen, dass da elf Spieler auf dem Platz stehen, die sich wehren. Und beim nächsten Mal mit demselben Einsatz gegen einen anderen Gegner schlägt sich das Glück auf die eigene Seite. Ist das naiv? Oder funktioniert Fußball nicht genauso? Mirko Slomka hat gesagt, dass die Zuschauer ihn und die Spieler beschimpfen dürfen, das sei ihm lieber, als wenn sie nach dem Abpfiff "schweigend nach Hause gehen". Das klingt erst einmal merkwürdig, aber es meint dasselbe: Die Mannschaft kann ruhig verlieren, aber sie muss leidenschaftlich spielen. Und die Fans dürfen ruhig zetern, weil das, so Slomka, auf eine bestimmte Weise ja zeigen würde, dass sie hinter 96 stehen. So könnte es funktionieren, am Sonntag gegen Wolfsburg und danach in Freiburg in den Spielen, die die letzten beiden Chancen sind, der Saison einen neuen Dreh zu geben: wenn die Mannschaft alles gibt und das Publikum mitmacht. Wenn die Spieler, die wollen, diejenigen mitreißen, die vor dem Abgrund stehen und noch lächeln. Oder sie wenigstens so kräftig vor das Schienbein treten, dass sie automatisch laufen. Und wenn sich auf der Tribüne die eher Nörgeligen von den eher schnell zu Begeisternden anstecken lassen. Denn man darf das ruhig so hinschreiben, damit gar keiner auf die Idee kommt, dass selbst danach noch genug Spiele wären und Möglichkeiten, Punkte zu sammeln: Verliert 96 gegen Wolfsburg und Freiburg, dann braucht der Verein keine Unterlagen für die 1. Liga einzureichen. Dann wars das!

 

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