NIEMALSALLEIN

Es gibt Menschen, die haben es einfach. Wo sie auch hinkommen, stehen sie im Mittelpunkt, man hängt ihnen an den Lippen. So ein charismatischer Typ ist Franz Beckenbauer – Weltmeister als Spieler, als Trainer und als Charmeur. Bei der HAZ-Gala zur Wahl des Behindertensportlers des Jahres war Beckenbauer Ehrengast.

 

Und wie (fast) jeder in Hannover philosophierte auch der deutsche Fußball-Kaiser über den 96-Absturz. „Es ist mir ein Rätsel. Die Mannschaft kann doch nicht auf einmal komplett das Fußballspielen verlernt haben“, meinte Beckenbauer zur NP, "Die Spieler müssen ja auch mal an den Arbeitgeber denken. Der Abstieg würde ja für eine gewisse Zeit zu einem Bedeutungsverlust führen, da hängt viel dran."

Mit 96 würde auch Hannover absteigen, nur scheint das nicht mehr allzu viele Menschen zu berühren. 96 hat die Fans mit schlimmen Leistungen und Auftritten zum Schweigen gebracht, das weiß auch Mirko Slomka: "Zum Fußball gehört, dass man über die eine oder andere Entscheidung des Schiedsrichters diskutieren kann, nur dann lebt man Fußball." Doch dazu bietet 96 keinen Anlass: "Die Zuschauer gehen eher schweigend nach Hause." Doch nun soll es wieder lauter werden. In dieser Woche gab es Gespräche mit Fan-Gruppen, die Gesänge sollen besser zu hören sein als in den letzten Partien. Slomka hofft, "dass das Publikum uns 90 Minuten voll unterstützt". Der Trainer wünscht sich grundsätzlich, dass 96 "emotionaler rüberkommt". Doch die Leidenschaft fehlt auf den Tribünen wie auf dem Platz. "Wir müssen das vorgeben", hat Slomka erkannt. Er gibt zu, man könne "den Eindruck haben", die Mannschaft spiele leidenschaftlos, was aber falsch sei: "Kampf und Leidenschaft stecken in der Mannschaft." Dass diese für den Abstiegskampf unabdingbaren Voraussetzungen jedoch unsichtbar bleiben wie die Karpfen unter der Eisdecke des Maschsees, erklärt Slomka so: "Wir haben keinen Zugriff auf dem Platz. Wir kommen immer zu spät, um Leidenschaft in Mann-gegen-Mann-Duellen zu zeigen." Wenn 96 nicht bald mal ein Duell gewinnt, wird es auch zu spät sein für Rettungsmanöver. Der Psychologe Andreas Marlovits, als Kopffreimacher angeheuert, wird diesmal auf der Tribüne sitzen. In Dortmund hatte er auf der Bank Platz genommen. Das ist auch bei Slomkas Ex-Chef Ralf Rangnick in Hoffenheim üblich, sonst aber halten sich Mentalhelfer eher im Hintergrund. Für Beckenbauer ist dabei klar, "Robert Enke hat ein großes Loch hinterlassen. 96 leidet heute noch darunter." Slomka, Sportdirektor Jörg Schmadtke und der Psychologe arbeiten daran, das Leiden der Mannschaft in Leidenschaft zu verwandeln. "Sie lechzt nach einem Führungstor", meint der Trainer. "Die gemeinsame Feier nach einer Führung und einem Sieg wäre ein markantes Zeichen" für Slomka, dass die Maßnahmen des Psychologen erfolgreich wären. "Es ist ja auch noch genug Zeit. Jetzt sind noch elf Spiele, da kann Hannover 96 noch 33 Punkte holen – theoretisch", rechnet Beckenbauer vor, "die Mannschaft braucht jetzt einfach mal ein Erfolgserlebnis. Wenn man mal wieder drei Punkte holt, dann läuft das auch wieder." Sagt Beckenbauer, der Charmeur.

 

NEWSCENTER
RSS Feed
Fanartikel
Business
Arena
Datenschutz
Kontakt
Medien
Sitemap
Tickets
Navigation
Schließen