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Vom Berliner Bolzplatz in die Bundesliga

"Wenn Steven Cherundolo nicht gewesen wäre, wäre ich wohl nicht mehr hier": Linton Maina hat es aus dem 96-Nachwuchsbereich bis in die Bundesliga geschafft. Nach seinem ersten Tor spricht der 19-Jährige über sein besonderes Verhältnis zu seiner Mutter - und er verrät, wie ihm 96-Legende Steven Cherundolo in einer schwierigen Phase geholfen hat.

/ Profis, Akademie
"Ich bin froh, hier zu sein": Linton Maina hat es aus dem 96-Nachwuchs zu den Profis geschafft.

"Ich konnte nicht schlafen"
Linton Maina ist übers Wochenende nach Hause gefahren. Nach Berlin, Prenzlauer Berg. Dort ist er aufgewachsen und zur Schule gegangen, und auf den umliegenden Bolzplätzen hat er früher nach dem Unterricht fast jeden Tag Fußball gespielt, häufig bis es dunkel wurde. "Prenzlauer Berg ist meine Heimat", sagt Maina. In gewohnter Umgebung wollte er am Wochenende Abstand gewinnen, herunterkommen. Aber das war gar nicht so einfach. "Ich konnte nicht schlafen", sagt Maina, "ich war noch so aufgewühlt."

Es war ja auch ganz schön was auf ihn eingeprasselt am Freitag, wenige Stunden vor seiner Fahrt nach Berlin. Beim 2:1-Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg hatte Maina nicht nur sein Comeback nach längerer Verletzungspause gefeiert. Er hatte auch stark gespielt und ein Tor geschossen, sein erstes in der Fußball-Bundesliga. Maina, 19 Jahre alt, ist jetzt der siebtjüngste Bundesligatorschütze in der Vereinsgeschichte von Hannover 96 – und ein Hoffnungsträger. Entsprechend groß ist derzeit das Interesse am Offensivspieler, von Fans und Medien gleichermaßen.

Maina hatte anfangs "Muffensausen"
Linton Maina schmeichelt diese Aufmerksamkeit. Es freut ihn, dass er nun häufiger auf der Straße erkannt und um ein gemeinsames Foto gebeten wird. "Das ist keine Belastung für mich", sagt er. Maina ist aber auch keiner, der jetzt große Töne spuckt oder irgendwelche Ansprüche stellt. Im Gegenteil. Er ist eher ein Leisesprecher, einer, der anfangs in der Kabine der Profis "ein bisschen Muffensausen" hatte. Dazu passt, dass er sich sein sehenswertes Tor gegen Wolfsburg – einen Volleyschuss nach Flanke von Ihlas Bebou – nicht etwa stundenlang, sondern nur zwei-, dreimal angesehen hat. Und das auch nur, weil ihm seine Mama und seine Freunde so viele Videos auf sein Smartphone geschickt haben. "Erst da habe ich festgestellt, dass ich den Ball gar nicht richtig getroffen habe", sagt Maina. Auf dem Spielfeld war ihm das vor lauter Aufregung völlig entgangen.

Es ist ja auch ganz egal, ob er den Ball nun mit dem Fuß oder mit dem Schienbein getroffen hat. Tor ist Tor. "Und das kann mir keiner mehr nehmen", sagt Maina, dem das Tor auch aus einem ganz persönlichen Grund so viel bedeutet: "Meine Mutter ist alleinerziehend. Sie hat alles für mich und meine ältere Schwester gegeben. Wir waren zwar nicht reich, aber mir kam es immer so vor." Deshalb versuche er nun, seiner Mutter, die bei jedem Spiel im Stadion dabei ist, so viel es geht zurückzugeben. "Dabei geht es gar nicht um Geld", sagt Maina. "Momente wie mein erstes Tor sind für sie viel schöner als jeder Geldschein."

Mit 15 nach Hannover gewechselt
Das besondere Verhältnis zu seiner Mutter war auch ein Grund, weshalb es Linton Maina mit 15 Jahren so schwerfiel, Berlin zu verlassen. Er fühlte sich wohl in der Stadt, spielte beim SV Empor und in der Berliner Stadtauswahl, hatte Angebote von den Hauptstadtklubs Tennis Borussia und BFC Dynamo vorliegen. Nur die Hertha, Mainas Lieblingsverein, meldete sich nicht.

Stattdessen wurde Christoph Dabrowski bei einem Ländervergleich in Duisburg auf ihn aufmerksam. Dabrowski war damals Juniorentrainer bei 96 und machte Maina ein Angebot. Der junge Berliner zögerte zunächst. "Ich habe lange überlegt, ob ich aus Berlin raus möchte", sagt Maina. Er holte sich Rat bei seiner Mama - und sagte zu. "Heute bin ich froh, dass ich mich am Ende doch für den Wechsel entschieden habe."

Maina bekam Heimweh
Im Sommer 2014 ging es für Maina vom großen Berlin ins kleine Elze bei Hildesheim. Die 96-Akademie gab es damals noch nicht. "Elze war schon anders als Berlin", sagt Maina und lacht. Im ersten Jahr bei 96 sei das aber kein Problem gewesen, versichert er. Das änderte sich jedoch im zweiten Jahr. "Das war ein schwieriges Jahr", sagt Maina. "Wir sind mit der U17 abgestiegen, und ich habe ständig Heimweh gehabt." Beinahe jede Woche machte er sich auf den Weg nach Berlin, "und zudem habe ich mir ein paar Sachen geleistet, die nicht gehen", sagt Maina. "Wenn Steven Cherundolo damals nicht mein Trainer gewesen wäre, wäre ich wohl nicht mehr hier. Er hat zu mir gehalten, mich aufgebaut und auf den richtigen Weg zurückgebracht."

Und dieser Weg hat den Sohn einer Deutschen und eines Kenianers in den vergangenen eineinhalb Jahren Stück für Stück von den A-Junioren bis in die Startelf der Bundesligamannschaft geführt. Und wie soll es nun am liebsten weitergehen? Bei der Frage wiegelt Maina ab. "Ich bin froh, hier zu sein", sagt er bloß, "an etwas anderes denke ich im Moment noch gar nicht."
hop

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