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Der doppelte Christian Schulz

In der Historie von Hannover 96 taucht der Name Christian Schulz gleich zweimal auf - und sowohl der eine als auch der andere hat für 96 und den kommenden Gegner Werder Bremen (Samstag, 15.30 Uhr, HDI Arena) gespielt. Aber was ist eigentlich aus dem unbekannteren Christian Schulz geworden? Wir verraten es in Teil acht unserer Serie "Was macht eigentlich ...?".

/ Profis
Christian Schulz in Teamkleidung von Hannover 96 im August 1993.

Großer Auftritt in Gaggenau
Es gibt Spiele von Hannover 96, die sind aus guten Gründen in Vergessenheit geraten. Das DFB-Pokalspiel vom 25. August 1993 in Gaggenau zum Beispiel. "Schwach gespielt, Glück gehabt", schrieb die "Neue Presse" damals am Tag nach dem wenig schmeichelhaften 3:1-Sieg nach Verlängerung gegen den baden-württembergischen Drittligisten VfB Gaggenau. Nur zwei 96er, urteilte die Zeitung weiter, hätten nach dem Schlusspfiff Grund zur Freude gehabt: Trainer Eberhard Vogel, weil seine Roten immerhin die nächste Pokalrunde erreicht hatten. Und ein gewisser Christian Schulz, der an jenem Mittwochabend in Gaggenau wohl das Spiel seines Lebens machte.

Zwei Tore schoss der damals 18-Jährige, eines in der regulären Spielzeit zum 1:0 und eines in der Verlängerung zum 3:1. "Schulz erlöst Vogel", titelte die "Neue Presse" entsprechend, und doch ist dieser Christian Schulz heute nur noch der unbekanntere, fast schon ein bisschen in Vergessenheit geratene Christian Schulz von Hannover 96. Weil ihm der große Durchbruch nie gelungen ist. Und weil ein paar Jahre später ein zweiter, sehr viel erfolgreicherer Christian Schulz für die Roten gespielt hat.

Der doppelte Christian Schulz
In der Vereinsgeschichte von Hannover 96 finden sich nämlich tatsächlich zwei Spieler mit dem Namen Christian Schulz, und obwohl sich ihre Laufbahnen sehr unterscheiden, weisen sie doch eine kuriose Parallele auf: Beide haben in ihrer Karriere sowohl für Hannover 96 als auch für Werder Bremen gespielt. Und ein Jahr lang, in der Saison 1995/1996, sind Christian Schulz und Christian Schulz sogar im selben Verein gewesen, in Bremen. Der eine bei den Amateuren, der andere bei den D-Junioren. Der Werdegang des jüngeren Christian Schulz, Jahrgang 1983, ist in Hannover und darüber hinaus hinlänglich bekannt. Interessanter ist daher die Geschichte des älteren Christian Schulz, Jahrgang 1974.

Dieser ältere Christian Schulz wechselt Anfang der Neunzigerjahre von der Spielvereinigung Einbeck zu den A-Junioren von Hannover 96 und überzeugt dort mit guten Leistungen. Seine Leistungen sind sogar so überzeugend, dass Profitrainer Vogel auf den Nachwuchsstürmer aufmerksam wird. Er lässt Schulz genauer beobachten. "Und nach einem Spiel in Havelse wurde ich dann von Verantwortlichen der Profimannschaft angesprochen", sagt Schulz. Sie bieten ihm einen Amateurvertrag an, so wie das damals üblich ist bei jungen Spielern. Schulz unterschreibt sofort.

Keine Chance unter Schafstall
1993 ist das, und Schulz trainiert fortan nicht nur mit den Profis von 96, er kommt auch regelmäßig zum Einsatz. Siebenmal darf er in der Saison 1993/1994 in der zweiten Liga ran, außerdem zweimal im Pokal. Für das Pokalspiel in Gaggenau muss sich Schulz, der damals noch zur Schule geht, vom Unterricht befreien lassen. "Aber das war einfach", sagt er, "meine Lehrer waren zum Glück fußballbegeistert."

Während für Schulz also alles nach Plan läuft, bleibt die Mannschaft hinter den Erwartungen zurück. Im November 1993 fällt 96 in der Tabelle bis auf Platz 13 zurück, Trainer Vogel wird entlassen. Rolf Schafstall übernimmt - und Schulz spielt plötzlich keine Rolle mehr. Vor der Saison 1994/1995 wird er nicht mal mehr mit ins Trainingslager genommen. Eine Erklärung bleibt ihm der Trainer schuldig. "Ich war wirklich sehr enttäuscht", sagt Schulz.

Wechsel nach Bremen
Da kommt ihm das Angebot aus Bremen gerade recht. Die Verantwortlichen von Werder haben Schulz in den Monaten zuvor mehrmals angesprochen und ihn sogar zu einem Champions-League-Spiel der Grün-Weißen ins Weserstadion eingeladen. "Das hat mich natürlich beeindruckt", sagt Schulz. Er wechselt an die Weser.

Doch in Bremen kommt Schulz von Anfang an nicht zurecht. Er trainiert zwar wie vereinbart mit den Erstligaprofis und spielt bei den Amateuren in der Regionalliga. Doch sein Verhältnis zu Amateurtrainer Karl-Heinz Kamp ist angespannt, zudem verletzt er sich und fällt für längere Zeit aus. Immerhin: Im Sommer 1995 wird Thomas Schaaf neuer Trainer der Werder-Amateure, mit ihm kommt Schulz deutlich besser klar. Sportlich läuft es trotzdem nicht nach Wunsch, und als ihm die Bremer im Sommer 1996 einen neuen Vertrag zu deutlich schlechteren Konditionen anbieten, sucht Schulz das Weite. Ein Fehler, wie er heute sagt.

Rückkehr nach Einbeck
"Ich hätte vielleicht bleiben sollen", sagt Schulz, "wenn Thomas Schaaf mein Trainer geblieben wäre, wer weß, dann wäre meine Karriere vielleicht anders verlaufen." So aber ist Schulz vor der Saison 1996/1997 plötzlich vereinslos. Ein Probetraining beim SV Meppen, damals immerhin ein ambitionierter Zweitligist, endet ohne Anschlussbeschäftigung. Andere Angebote hat Schulz nicht vorliegen.

Er zieht zurück nach Einbeck, spielt für einige Viert- und Fünftligisten in der Region, unter anderem für Göttingen 05. Mit der Profikarriere hat er da längst abgeschlossen. "Mit 22 oder 23 Jahren war mir klar, dass das nichts mehr wird", sagt Schulz. Er studiert Bauingenieurwesen in Holzminden und macht irgendwann Schluss mit Fußball. "Kreisliga oder Alte Herren wollte ich nie spielen", sagt Schulz. Vor fünf Jahren hat er sich selbstständig gemacht und ein Ingenieurbüro eröffnet. Er lebt jetzt mit seiner Frau und seiner Tochter in Einbeck, hat "ein Haus gebaut und einen Baum gepflanzt", wie er sagt.

Fan von André Breitenreiter
Fußball schaut er aber natürlich auch noch. Vor allem die Spiele von Hannover 96. "Allein schon deshalb, weil ich mit André Breitenreiter damals zusammen auf dem Platz stand." Breitenreiter, der heute Trainer der Profis von Hannover 96 ist, war es übrigens auch, der damals in Gaggenau das dritte Tor für die Roten erzielte. Im August 1993, als Christian Schulz wohl das Spiel seines Lebens machte.
hop

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