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Wie einst gegen Real Madrid: Wie schön muss und kann Hannover 96 spielen?

 

Von Heiko Rehberg
Gelsenkirchen/Hannover. Zu später Stunde schlug Dieter Hecking einen überraschenden Bogen zurück bis Ende Juli. Der Trainer des Fußball-Bundesligisten Hannover 96 war gerade dabei, das Pokalaus bei Schalke 04 (0:2 nach Verlängerung) zu analysieren, als er einen kleinen Sprung machte und plötzlich bei Real Madrid landete.

Am 31. Juli hatte 96 die Spanier in einem Freundschaftsspiel spektakulär mit 3:0 besiegt, und genau diese Partie fiel Hecking nun ein, als er in der Gelsenkirchener Veltins-Arena stand und erklären sollte, warum seine Mannschaft gegen die wenig überzeugenden Schalker nicht ein wenig mutiger und zielstrebiger nach vorn gespielt hatte. „Real Madrid“, sagte der 43-Jährige und sprach das in etwas so aus, wie es ein Fan des FC Barcelona tun würde, „Real Madrid hängt uns noch nach. Dieses Spiel ist bei vielen Fans und im Umfeld im Kopf drin.“ Gegen Real hatte 96 einen berauschenden Fußballabend geliefert, viele, so Hecking, „denken seitdem: ‚Sie können das doch, die müssen doch immer so spielen‘. Aber Real war damals acht Tage im Training. Bundesliga und Pokal ist was ganz anderes.“

Der hannoversche Trainer ist damit mittendrin in einem Thema, das in Hannover seit dem 0:0 im Bundesligaspiel bei Eintracht Frankfurt mit großer Leidenschaft diskutiert wird und durch das 0:2 im Pokalwettbewerb neue Nahrung bekommen hat: Wie schön muss 96 spielen? Inwieweit haben die Fans einen Anspruch auf attraktiven Fußball? Es ist eine Diskussion, die Hecking nervt, weil er glaubt, dass sie seiner Mannschaft nicht gerecht wird. Ein wenig provokant stellte er deshalb die Gegenfrage: „Warum soll eine Mannschaft wie Hannover 96 neben erfolgreichem Fußball auch noch Hurrafußball spielen?“
Hecking fühlt sich ein bisschen wie in einem falschen Film. Die Niederlage in Gelsenkirchen, zustandegekommen durch ein halbes Eigentor von Torwart Robert Enke nach einer Rafinha-Flanke (96. Minute) und einen späten Treffer von Kevin Kuranyi (119.), war die erste Pleite seit dem 23. September. Dazwischen lagen fünf Spiele ohne Niederlage (drei Siege, zwei Unentschieden), in der Liga liegen die „Roten“ vor der Sonnabendpartie gegen Borussia Dortmund auf einem wunderbaren 6. Tabellenplatz. Und zwar nicht durch die Dummheit anderer Klubs, sondern weil sich die Mannschaft diese Platzierung mit Moral, taktischem Geschick, der richtigen Einstellung und viel Disziplin verdient hat.

Doch so ein Spitzenplatz kann schnell zum Fluch werden, wenn daraus abgeleitet wird, dass mit ihm automatisch Spitzenfußball verbunden ist. „Hannover hat fünf Jahre gegen den Abstieg gespielt. Jetzt müssen wir uns gedanklich damit beschäftigen, dass wir oben dabei sind“, sagte Hecking. Es ist eine neue Situation für alle bei 96, und es sieht ein wenig so aus, als ob Anhänger und Umfeld sich damit noch schwerer tun als die Mannschaft. „Je höher man kommt, desto dünner ist die Luft“, sagte Hecking: „Wir haben schon einen richtig großen Schritt gemacht. Das müssen wir in die Köpfe reinkriegen.“
Die nächsten Schritte, die auf diesem Niveau folgen müssen, wenn es noch weiter vorangehen soll, sind kleiner und schwerer. Noch kann man sie von der Mannschaft weder erwarten noch verlangen. Eines aber verspricht Hecking: „Die Jungs werden alles tun, um sich oben festzubeißen.“

 

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