NIEMALSALLEIN

 

Wie man ein ganzes Stadion in Bewegung bringt, das wissen sie bei Hannover 96. Gegen 1899 Hoffenheim taucht nach noch nicht einmal zwei Minuten Stürmer Didier Ya Konan plötzlich frei vor Torwart Timo Hildebrand auf. Von den knapp 35 000 Zuschauern springt mehr als die Hälfte in freudiger Erwartung der schnellen hannoverschen Führung auf, doch Hildebrand lenkt den Ball an den Posten. Die Zuschauer setzen sich wieder und raufen sich die Haare. Auf und nieder, immer wieder.

25. Minute: Ya Konan passt quer, die Zuschauer springen auf, setzen sich wieder und raufen sich die Haare – Jiri Stajner verpasst den Ball um eine Schuhlänge.

27. Minute: Wie eine Flipperkugel fliegt der Ball durch den Hoffenheimer Strafraum, plötzlich liegt er vor Valdet Rama. Die Fans springen auf, Rama schießt ungenau, Hildebrand hält. Setzen. Haare raufen.

28. Minute: Arnold Bruggink steht frei vor dem Tor, links läuft Stajner mit, ebenfalls frei. Jetzt springen alle auf, diesmal klappt es, da sind sie auf den Tribünen sicher. Bruggink kann es alleine machen oder querpassen. Und dann das: Er passt quer, aber nicht zu Stajner, sondern Richtung Eckfahne. Frustriert lassen sich knapp 35 000 Fans auf ihre Sitze fallen, wer noch Haare hat ? Genau! Zausel-Zeit. An dieser Stelle kann man die Geschichte dieses Fußball-Bundesligaspiels abkürzen, denn sie endete, wie Spiele ausgehen, in denen eine Mannschaft alles verballert und die andere einmal aufs Tor schießt. In der 40. Minute gelang Hoffenheim durch Carlos Eduardo das 1:0, dabei blieb es bis zum Schluss. Andreas Bergmann, der 96-Trainer, fasste das alles später kurz und schmerzlos so zusammen: "Tolles Spiel – falsches Ergebnis."

Dieter Hecking ist mittlerweile weg, aber am Wesentlichen hat sich nichts geändert: Diese 96-Mannschaft gibt Rätsel auf. So gut wie in den ersten 35 Minuten hat 96 seit langer, langer Zeit nicht gespielt. In dieser Phase war zu sehen, dass der Klub diesmal ein gutes Händchen hatte bei seinen Transfers. Hinten machte Karim Haggui gemeinsam mit Christian Schulz dicht, im Mittelfeld kurbelte Constant Djakpa das Spiel an. Vorne wirbelte Ya Konan (nur das mit dem Toreschießen will einfach nicht klappen), rechts nahm Rama Tempo auf. Hoffenheim staunte, 96 spielte und kämpfte, und als das Team in Rückstand geriet, da dachte man: Das wird es heute nicht aus der Bahn werfen. Doch in der 2. Halbzeit war es vorbei mit der hannoverschen Herrlichkeit. Als hätte jemand in der Pause den Stecker rausgezogen. Eine einzige Chance hatten die "Roten" noch (Ya Konan, 73.), aber die war nicht einmal herausgespielt. Plötzlich gab es die alten Gründe zum Ärgern: 96 spielte Standfußball, weil offensichtlich die Kraft für anderthalb Stunden nicht reicht. Regisseur Bruggink spielte Sucht-mich-doch-im-Mittelkreis. Steve Cherundolo flankte wieder die berühmten Cherundolo-Flanken. Stajner irrte orientierungslos über den Platz. Zu allem Überfluss beschloss die Elf, es in den letzten 20 Minuten mit langen, hohen Bällen nach vorne zu versuchen, was eine Art taktisches Harakiri ist bei einem kopfballstarken Abwehrrecken wie Hoffenheims Josip Simunic.

Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick wurde nach dem glücklichen Sieg gefragt, ob Hannover ein gutes Pflaster für ihn sei. Rangnick lächelte und sagte: "Ja, ich fühle mich hier wohl. Nur mit den Heimsiegen hat das früher auch nicht immer geklappt." Früher, als Rangnick 96-Trainer war.

 

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