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Haraguchi erklärt japanische Neujahrsbräuche

Schon mal von Oosouji gehört? Nein? Vielleicht von Otoshidama oder Kohaku Uta Gassen? Auch nicht? – Kein Problem! All das sind elementare Bestandteile des japanischen Neujahrsfests Oshogatsu. Genau darüber haben wir uns mit Genki Haraguchi ausführlich unterhalten.

/ Profis

"Größer als Weihnachten"
Zunächst einmal müssen wir eine Unterscheidung machen: Während Silvester hierzulande zwar (unter normalen Umständen) alljährlich rauschend gefeiert wird, aber von vielen mehr oder minder als eine große Party am 31. Dezember betrachtet wird, hat Oshogatsu in Japan eine sehr viel tiefere Bedeutung. Es ist eines der wichtigsten Feste im gesamten Kalender. "Das Neujahrsfest ist auf jeden Fall größer als Weihnachten", erzählt Genki Haraguchi. Und das, obwohl auch des Weihnachtsfest durchaus groß gefeiert werde.

Der Jahreswechsel wird über mehrere Tage hinweg zelebriert: vom 29. Dezember bis 3. Januar. Viele Firmen bleiben in dieser Zeit geschlossen. "Das Land kommt zur Ruhe", sagt Haraguchi. Jede Familie trifft zahlreiche Vorkehrungen, und es gibt eine ganze Reihe traditioneller Bräuche, die dazu führen sollen, besonnen und konzentriert ins neue Jahr zu starten. Genki, der mit den Ritualen aufgewachsen ist und sie teilweise auch heute noch pflegt, erklärt uns die wichtigen Oshogatsu-Regeln und -Eigenheiten:

  • Oosouji: Der Neujahrsputz
    Die Tradition, den Jahreswechsel in einem sauberen Zuhause zu begehen, reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück – und ist nach wie vor ein wichtiger Oshogatsu-Bestandteil. "Es wird ein Großputz gemacht, das ganze Haus wird geputzt", sagt Haraguchi. "Das macht man am letzten Tag des Jahres: am 31. Dezember."
  • Nengajo: Die Neujahrskarten
    Die Karte zum Jahreswechsel ist eine wichtige Tradition in Japan. "Das ist wie hier an Weihnachten", sagt der 96-Zehner. "Jeder schreibt Karten an Freunde und Kollegen. Von hier aus mache ich selbst das nicht mehr, aber früher schon." Die Flut der vielen Karten stellt die japanische Post alljährlich vor große Herausforderungen, denn alle Sendungen sollen exakt am 1. Januar ausgeliefert werden.
  • Kadomatsu: Die Neujahrsdeko
    Der Kadomatsu ist ein Bambus-Gesteck, das im Eingangsbereich von Häusern und Wohnungen aufgestellt wird. Es soll die Glücksgötter im Haus empfangen. Im Hause Haraguchi ist dies allerdings keine Tradition: "Nein, das machen die jungen Leute eigentlich nicht mehr so, wir auch nicht."
  • Omisoka: Der Silvesterabend
    "Das ist anders als in Deutschland", sagt Haraguchi. Der Silvesterabend in Japan ist mit dem 24. Dezember hierzulande zu vergleichen. "In Deutschland feiert man Weihnachten eher mit der ganzen Familie, in Japan mit Freunden oder einfach dem Partner", erklärt der 29-Jährige. "Dafür feiert man in Japan Silvester mit der Familie. Wenn man in einer Stadt lebt und die Familie auf dem Land, fährt man dorthin."
  • Kohaku Uta Gassen: Der rot-weiße Gesangswettstreit
    Es wundert nicht, dass ausgerechnet im Heimatland des Karaoke ein Gesangswettbewerb den Silvesterabend bestimmt. "Es gibt zwei Mannschaften", sagt Haraguchi. Sie bestehen aus bekannten Sängerinnen und Sängern des Landes. Die Teams treten gegeneinander an: "Rot singt, dann Weiß, dann wieder Rot und so weiter. Am Ende gibt es einen Gewinner." Der wird über ein Zuschauervoting und eine Jury ermittelt. "Früher haben das alle geguckt – ich auch, als ich noch ein Kind war", erzählt Genki. "Jetzt gibt es auch viele andere Programme. Aber das ist auf jeden Fall noch immer sehr üblich in Japan." Wenn man so will, ist Kohaku Uta Gassen in Punkto TV-Tradition das japanische Pendant zu "Dinner for One" in Deutschland.
  • Toshikoshi Soba: Das Silvesteressen
    "Das sind Nudeln mit Suppe", erklärt Haraguchi. Die langen Nudeln sollen ein ebenso langes Leben bescheren und Kraft für das neue Jahr verleihen. "Eigentlich ist das ein normales Essen in Japan, aber man isst es traditionell immer am 31. Dezember – und dann kommt das neue Jahr."
  • Osechi Ryori: Das Neujahrsessen
    Auch nach dem Jahreswechsel gibt es beim Essen feste Rituale. Osechi Ryori, eine Zusammenstellung unterschiedlicher Speisen, häufig mit Meeresfrüchten "isst man vom 1. bis zum 3. Januar", erklärt Genki. Ganz wichtig dabei: "Das Essen wird vorher vorbereitet, bei uns hat das immer meine Mama gemacht. Es wird vorher gekocht, damit man keine Arbeit hat, wenn das neue Jahr kommt. Alle haben frei, das Essen ist schon fertig, und man muss einfach nur noch essen. Keiner hat Arbeit an den drei Tagen, auch meine Mama hat dann immer Pause."
  • Otoshidama: Das Neujahrsgeld
    "Das ist eine komische Tradition", sagt Genki. "Kinder bekommen Geld zu Neujahr. Das habe ich als Kind auch bekommen." Nun ist der 96-Profi selbst erwachsen und in der Rolle des Schenkenden: "Meinem Neffen gebe ich auch etwas Geld zu Neujahr, in einem kleinen Paket verpackt."
  • Die "ersten Male"
    Nach jedem Start in ein neues Jahr soll man die ersten Male bestimmter Begebenheiten besonders wahrnehmen, zum Beispiel Hatsuhi no de - der erste Sonnenaufgang: "Wenn die erste Sonne kommt, gehen wir zu einem besonderen Ort, um ihn dort zu erleben", sagt Haraguchi – beispielsweise zu einem schönen See oder Berg. "Als Kind habe ich das auch gemacht." Mit einem Schmunzeln fügt er an: "Hier in Hannover ist das kurz vorm Spiel natürlich schwierig." Hatsuyume, der erste Traum des Jahres, der Hinweise auf das Glück im neuen Jahr geben soll, ist dem 96-Japaner "nicht so wichtig". Anders als Hatsugeri, das erste Fußballspielen des Jahres am 1. Januar. Früher traf er sich mit seinen Freunden, später machte er einen besonderen Besuch in seinem Heimatverein: "Als ich schon Profi war, war ich noch mal bei meiner ehemaligen Mannschaft, in der ich als Kind gespielt habe, und habe mit den Kindern dort Fußball gespielt." Und auch auf der großen Bühne wird an diesem Tag gekickt: "Am 1. Januar ist immer das Pokalfinale. Ich habe das noch nicht gespielt, aber habe es immer geguckt." Auch 2021: Kawasaki Frontale besiegte Gamba Osaka knapp mit 1:0.


Akemashite omedetou!
Jetzt sind wir bestens auf Stand, was das sehr traditionsgeladene japanische Neujahrsfest anbetrifft. Wir danken Genki herzlich für die spannenden Einblicke – und sagen: Akemashite omedetou! – Frohes neues Jahr!
hec

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