NIEMALSALLEIN

Dieser Satz von Lorenz-Günther Köstner muss erst einmal einen Moment wirken. "Wir haben den Sieg noch nicht verdient", hat er nach der 1:3-Niederlage des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München am Sonnabend gesagt, was eine bemerkenswerte Aussage ist für einen Trainer eines Fußball-Bundesligisten.

 

Zumal, wenn er Interimstrainer ist wie Köstner bei den "Wölfen" und den Negativtrend der Mannschaft eigentlich stoppen soll. Aus diesem Grund schließlich war sein Vorgänger Armin Veh ja entlassen worden. Unter Köstner hat der VfL einmal unentschieden gespielt und einmal verloren, Hannover 96 wartet nach drei Spielen unter Mirko Slomka sogar noch auf den ersten Punkt – und auch wenn eine umfassende Zwischenbilanz zu diesem Zeitpunkt unfair wäre, fragt das Publikum ungeduldig: Was bringt ein Trainerwechsel, wenn sich doch nichts ändert?

Sechs Erstligisten haben in dieser Saison bereits ihren Trainer getauscht, 96 sogar zweimal: außer den "Wölfen" und den "Roten" noch der VfB Stuttgart, Hertha BSC Berlin, der VfL Bochum und der 1. FC Nürnberg. Im Grunde waren es sogar sieben Vereine, wenn man den FSV Mainz mitrechnet, der Jörn Andersen zwar noch vor dem 1. Bundesligaspieltag entließ und durch Thomas Tuchel ersetzte, damit aber auf die Niederlage in der 1. Runde des DFB-Pokals und die Gräben zwischen Trainer und Team reagierte.

Fast immer sprechen die Vereine vom "psychologischen Effekt", den sie sich von einem Wechsel auf der Trainerbank erhoffen. Tatsächlich bedeutet die Verpflichtung eines neuen Trainers einen kleinen Neuanfang für die Mannschaft: Stammspieler müssen wieder um ihre Plätze kämpfen, andere Profis, die schon aussortiert und mithin frustriert waren, bekommen eine neue Perspektive. Ein gutes Beispiel dafür ist der VfB Stuttgart, wo Markus Babbel seine Spieler nicht mehr erreichte, sein Nachfolger Christian Gross mit fast identischem Kader aber noch immer ungeschlagen ist.

Es bleibt die Frage, wie nachhaltig der Ruck ist, der durch das Team geht. Studien belegen, dass es keinen Automatismus zwischen Trainerwechsel und Erfolg gibt. Die wahrscheinlich bekannteste Studie ist sieben Jahre alt und stammt von den Sportpsychologen Bernd Strauß und Alexandra Tippenhauer, die mehr als 10.000 Bundesligaspiele zwischen 1963 und 1998 analysiert haben. Ihr Ergebnis: Langfristig betrachtet seien Trainerwechsel wirkungslos. Fast scheinen die Bundesligisten sie in dieser Saison bestätigen zu wollen: Der einzige Verein, für den sich die Situation durch den neuen Trainer deutlich verbessert hat, ist der VfB Stuttgart, kleine Schritte hat der VfL Bochum gemacht.

Alle anderen treten auf der Stelle. Um es dem neuen Mann auf der Bank möglichst leicht zu machen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Der Zeitpunkt ist ein entscheidender Faktor: Es macht keinen Sinn, einen Trainer die Vorbereitung absolvieren zu lassen und ihn nach zwei Spielen zum Rücktritt aufzufordern, wie 96 es mit Dieter Hecking getan hat. Und das, obwohl der Bruch zwischen Trainer und Mannschaft hinlänglich bekannt war.

Umso ärgerlicher, wenn der Verein den gleichen Fehler im Winter wiederholt und die Trennung von Andreas Bergmann versäumt, obwohl nicht zu übersehen war, dass er der verunsicherten Mannschaft nicht mehr helfen konnte. Wenn der zum Retter erkorene Mirko Slomka jetzt feststellt, dass seine Mannschaft gar nicht fit ist für den Abstiegskampf, wird deutlich, dass die 96-Chefetage ihrem neuen Coach das wichtigste Mittel für ein erfolgreiches Arbeiten vorenthalten hat: Zeit.

 

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