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Es gibt Spiele, die sind so außergewöhnlich, dass man sie nie vergisst. Der 1:0-Sieg der Roten bei Hertha BSC mag nun nicht unbedingt in diese Kategorie fallen, am ehesten wird man sich später noch an die arktischen Temperaturen erinnern. Für Karl-Heinrich Hurkuck (von allen nur Hacky genannt) nimmt die Partie im Olympiastadion allerdings einen ganz besonderen Platz ein: Es war sein 1.000 Hannover 96-Spiel!

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Mit der Limousine zum 1000. Spiel
"Die Leute sagen, Fußball wäre ein Spiel auf Leben und Tod. Ich teile diese Meinung nicht, für mich ist es viel mehr!" Hätte nicht Bill Shankly, legendärer Trainer des FC Liverpool, diesen Satz geprägt, er könnte auch von Karl-Heinrich Hurkuck stammen. Hacky, wie er von allen genannt wird, lebt Fußball. Und er lebt Hannover 96! Am Samstag feierte der Langenhagener nun ein ganz spezielles Jubiläum: Die Auswärtsbegegnung bei Hertha BSC war sein 1000. Spiel der Roten, gekrönt von dem 1:0-Erfolg im Olympiastadion. Seinen persönlichen Ehrentag feierte Hacky auf besondere Weise. In einer extra gecharterten VIP-Limousine  fuhr er zusammen mit seiner Familie und engsten Freunden in die Bundeshauptstadt. "Ein tolles Erlebnis", schwärmt er im Anschluss.

Mehr als nur ein Stück Papier: Die Eintrittskarte von Hackys erstem 96-Spiel!

Das erste Spiel endete mit einer Niederlage
Begonnen hat seine Leidenschaft für die Roten schon früh, als Kind aber zunächst nur vor dem Radio. "Wir lebten auf dem Land, zum Stadion konnte ich nicht", berichtet der 52-Jährige. 1973 war es dann doch soweit, als 13-Jähriger stand Hacky zum ersten Mal im Niedersachsenstadion. 96 verlor an diesem 3. Februar mit 1:2 gegen Borussia Mönchengladbach, beide Tore schoss Jupp Heynckes. Einen Fan fürs Leben hatten die Roten aber dennoch gewonnen. "Ich war sofort infiziert, das war Liebe auf den ersten Blick", sagt Hacky fast auf den Tag genau 39 Jahre später noch mit einem Leuchten in den Augen. Seither sind exakt 999 Spiele hinzugekommen - große Siege genauso wie bittere Niederlagen. "Man kann sich das heute kaum mehr vorstellen, aber gegen Blau Weiß Berlin standen wir zum Beispiel nur mit 1500 Leuten im Stadion", erinnert sich Hurkuck an bittere Zweitligazeiten. Seiner Liebe zu den Roten tat das keinen Abbruch: "Ich habe mit dem Verein gelitten. Wenn 96 verloren hatte, und das passierte damals leider relativ oft, dann ging es auch mir schlecht."

Das schönste Spiel? Hertha 1985!
Gefragt nach seinen schönsten Spielen nimmt nicht zuletzt deshalb eine Begegnung aus dem Jahr 1985 den ersten Platz ein. Es ist der 2:0-Sieg gegen Hertha BSC, der Hannover den Aufstieg in die erste Liga bescherte: "Nach zehn Jahren in der zweiten Liga waren wir endlich wieder zurück, das war unbeschreiblich!" Nicht fehlen in seinen persönlichen Highlights darf natürlich der Pokalsieg 1992, als Jörg Sievers im Endspiel gegen Borussia Mönchengladbach zum Elfmeterhelden wurde. Und dann sind da noch die Begegnungen gegen Sevilla aus dem vergangenen Sommer. Auch in Spanien war Hacky selbstverständlich dabei: "Das war so unglaublich emotional und fast wie eine Belohnung für manche lange Leidenszeit. In Sevilla hatte ich Tränen der Freude in den Augen." Eines hat sich in all den Jahren zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt jedoch nie geändert: Wie schon in den 70er Jahren trägt Hacky seine mit Aufnähern versehene Jeanskutte.

Das Stadionoutfit: Die Kutte und der Fanschal, original aus den 70er Jahren, präsentiert von Hacky (links) und Jogi.

Begrüßung in der Kutte und mit 96 Litern Bier
In genau dieser Kutte begrüßt Hacky einen Tag nach dem Berlin-Spiel in seinem Fankeller auch viele Mitstreiter aus den vergangenen Jahrzehnten. Der Getränkevorrat? Genau 96 Liter Bier! "Ordern konnte ich nur 100 Liter. Vorher haben mein Sohn und meine Frau mitgeholfen, die vier Liter abzutrinken", lacht Hacky. Der Begriff "Fankeller" beschreibt übrigens nur unzureichend, welche Schätze es in Hurkucks Keller zu entdecken gibt. Ob es die riesige Fototapete ist, die die vollbesetzte Nordkurve zeigt, oder die in die Fließen eingelassene "96" aus Marmor, selbstverständlich ein Einzelstück, oder der im Handel nicht erhältliche 96-Teppich, oder die unzähligen Erinnerungsfotos und Erinnerungsstücke, die an den Wänden hängen und in den Vitrinen stehen, das riesige 96-Archiv in den Regalen oder aber die vielen kleinen Details, mit denen der Keller ausgeschmückt ist: Alles zusammen ergibt ein kaum zu erfassendes Gesamtwerk. Dabei wäre vor zwei Jahren beinah alles verloren gegangen. "Wir waren eine Woche unterwegs. Als wir nach Hause kamen, stand der Keller nach einem Wasserrohrbruch vierzig Zentimeter hoch unter Wasser. Die Tapete und der Putz kamen von den Wänden, ein riesiger Schock. Es gingen unheimlich viele Dinge verloren", berichtet Hacky, und man merkt, wie sehr ihn der Verlust noch immer mitnimmt.

Eine Frage zu einem 96-Spiel? Die Antwort hat Hacky in seinem Archiv parat!

Zu viert auf der Rückbank, alleine in einer Berliner Zelle
An diesem Sonntag ist das aber kein Thema. Vielmehr wird über die alten Stories gelacht, immer wieder hört man dieses "Weißt du noch…", gefolgt von einer Episode aus dem Fanleben. Dann geht es um Auswärtsfahrten mit einem VW-Käfer, bei dem sich zu viert auf der Rückbank gedrängt wurde. Oder längerfristige Aufenthalte an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. "Bei einem Spiel in Berlin wollten wir in den Ostteil reisen und dort befreundeten Fans aus Erfurt einige Fanartikel übergeben. Der Schriftwechsel wurde wohl  im Vorfeld mitgelesen, auf jeden Fall hinderten uns die Volkspolizisten an der Einreise, unser mit Aufnähern und Wimpeln gefüllter Handkoffer als "gefährliches Material" beschlagnahmt. Wir wurden dann mehrere Stunden in Einzelkabinen festgehalten, ehe wir ohne den Koffer zurück in den Westen durften", erzählt Jürgen, der dem von Hacky 1978 gegründeten Fanclub "Rote Teufel Hannover" angehört. Auch Waldemar muss bei dieser Anekdote lachen. Ihn kennt Hacky schon seit den 70er Jahren, jedoch nur vom Sehen: "Wir sind uns häufig im Stadion über den Weg gelaufen, wirklich miteinander ins Gespräch gekommen sind wir aber erst in dem Flieger nach Poltawa."

Echte Originale! Heinz vom "1. Fanclub Hannover" (links) und Hacky vor der riesigen Fototapete.

Aycicek war sein Schützling
Hackys Liebe zu Hannover 96 beläuft sich aber nicht nur auf das reine "Fan sein". Lange Jahre hat er die Roten bei ihren Heimauftritten als Stadionordner unterstützt. Und vielleicht hätte er die tausend Spiele auch schon viel früher vollgemacht, wenn er nicht etliche Begegnungen sausen lassen musste. Der Grund hat selbstverständlich auch mit Hannover 96 zu tun. Hacky war selbst als Jugendtrainer für 96 aktiv und am Wochenende mit seinen Mannschaften auf den Fußballplätzen im Norden unterwegs. So gewann beispielsweise der aktuelle Jung-Profi Deniz Aycicek unter dem Trainer Hurkuck die U14-Nordmeisterschaft! Dass Hacky seine Frau Sabine, die ihn auf vielen Fahrten begleitet, auch beim Fußball kennengelernt hat, ist schließlich nur logisch und passt perfekt.

"Nur ein ganz normaler Fan"
Trotz der tausend Spiele, der unzähligen Kilometer, Stunden und Tage für den Verein und viele erbrachte Opfer - wichtig ist Hacky aber vor allem eines: "Ich bin weder besser noch schlechter als irgendjemand, nur weil ich tausend Spiele gesehen habe. Ich bin einfach nur ein ganz normaler Fan!"
rk

 

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