NIEMALSALLEIN

Er sieht sich nicht als Spätstarter

 

«Herr Bergmann, Sie haben als 96-Trainer in kurzer Zeit viel bewegt. Wo war der Spätstarter Andreas Bergmann vorher die ganze Zeit?

»Ich sehe mich nicht als Spätstarter, nur bin ich jetzt an vorderster Front. Ich begreife mich als Trainer. Top-Talente auszubilden und auf die Bundesliga vorzubereiten, ist für mich genauso anspruchsvoll. Da habe ich eine ganz gute Schleifspur hinter mir gelassen, ob beim KSC oder bei St. Pauli.

«Hatten Sie bei Ihrem Vertragsabschluss mit 96 vor zwei Jahren schon im Hinterkopf, vielleicht mal aufzurücken?

»Hatte ich damals nicht. So bin ich einfach nicht. Ich fand in dem Moment den Job bei den Amateuren richtig gut. Was ich mache, mache ich zu 100 Prozent – dann sind die Dinge immer von allein gekommen. Ich fange nicht an zu spekulieren oder etwas zu erwarten.

«Könnten Sie sich vorstellen, nochmal einen Schritt zurückzugehen?

»Jetzt habe ich ganz klar die Herausforderung, diese Mannschaft weiterzuentwickeln. Wie schon gesagt: Ich begreife mich als Trainer. Ob es irgendwann vielleicht die zweite Liga wird oder wieder der Nachwuchs, ist zweitrangig. Wenn die Aufgabe spannend ist und ich etwas bewegen kann, dann reizt mich das total.

«Ein großer Unterschied ist das öffentliche Interesse. Wie gehen Sie mit dem»« Medienrummel um?

»Möglichst offensiv. Ich bin Profi genug zu wissen, dass es einfach dazugehört und man sich den Dingen stellen muss. Auch mit den unterschiedlichen Arten des Journalismus habe ich kein Problem.

«Viele Trainer arbeiten mit einem großen Stab drum herum. Muss da bei 96 noch was passieren?

»Wir haben ja schon in unserem Funktionsteam einiges aufgeteilt. Es ist gut, dass es für einige Dinge Spezialisten gibt. Man kann als Trainer nicht alles leisten. Zum anderen muss man aufpassen, dass der Fußball nicht zu sehr seziert und auseinandergenommen wird. «

Gehört zu diesem Stab in weiter Fassung auch Dieter Hecking? Telefonieren Sie ab und zu mit ihm?

»Dieter gehört natürlich nicht mehr zu meinem Stab. Aber uns verbindet einfach ein gutes Verhältnis. Ich werde jetzt sicherlich nicht alle zwei Minuten bei ihm anrufen und mir irgendwelche Ratschläge holen. Da gehe ich meinen eigenen Weg. Nichtsdestotrotz: Wenn ich glaube, eine Information wäre wichtig, und Dieter könnte mir die geben, würde ich mich mit Sicherheit bei ihm melden. Das ist auch ganz einfach professionell.


«Wie ist Ihr Verhältnis zu 96-Manager Jörg Schmadtke?

»Die Beobachtung durch ihn ist völlig legitim, das habe ich als Sportlicher Leiter genauso gemacht. Trotzdem mache ich mein Training, mein Ding. Da bin ich völlig losgelöst. Sonst könnte ich gar nicht ich sein. Dass ich eng mit ihm arbeite, wir uns austauschen, finde ich eher positiv. Für mich ist es ein Stück Kompetenz, andere Informationen einfließen zu lassen. Nur bin ich derjenige, der die Entscheidung trifft.

«Im Vergleich zu einigen Ihrer Spieler verdienen sie deutlich weniger. Ärgert Sie das?

»Das ärgert mich überhaupt nicht. Da bin ich auch völlig schmerzfrei, weil ich überhaupt kein Neider bin. Jeder ist seines Glückes Schmied. Ich habe jetzt eine Chance, die sportlich eine tolle Herausforderung ist.

«Sie betonen stets, es soll Spaß machen. Sind Sie ein Spaß-Trainer?

»Man gerät schnell in irgendwelche Schubladen: Das ist jetzt der Spaß-Onkel. Spaß bedeutet für mich nicht nur: „Ey, lustig, gut drauf“, sondern einfach Intensität, Leidenschaft und Lust. Ich mag es, sehr intensiv und sehr wettkampfnah zu trainieren.

«Ist das Gammeleck nicht Ihr Ding?

»Mich stört der Begriff „Gammeleck“. Das ,Fünf gegen zwei’ kann superintensiv sein.

«Gibts auch den Schleifer Andreas Bergmann?

»Über Jahre läuft mir dieser Ruf hinterher. Ich bin hart in dem Sinne ,Ich verlange im Training viel’. Wenn es nötig ist, werde ich schon vehement. Im Moment brauche ich das nicht, weil die Mannschaft voll mitzieht und hart arbeitet.

«Dürfen die Spieler Sie duzen?

»Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich da noch gar nicht drauf geachtet. Ich werde ausschließlich als „Trainer“ angesprochen.

«Wie sieht Ihre Fußballphilosophie aus?

»Ich liebe es, selber zu agieren. Ob jetzt 4-4-2 mit Raute, flache Vier oder mit zwei Zehnern – ich ordne das nicht dem System, sondern mehr den Spielern zu. Wichtig ist, dass das System lebt. Ich mag es ein bisschen flexibler. Ich will nicht nur um den Sieg kämpfen, sondern Fußball spielen. Auch wenn die Aufgabe schwer ist, so wie jetzt gegen Werder.

«Haben Sie da ein Vorbild? Zum Beispiel Bremen, wie sie früher gespielt haben?

»Klar ist deren Offensivstärke gut, aber defensiv möchte ich schon ein bisschen sicherer stehen. Ich habe meinen Stil. Trotzdem finde ich Ansätze von Trainern wie Arsene Wenger interessant.

«Wer sind bei 96 die Typen, die die Mannschaft voranbringen können?

»Hanno Balitsch, der auf seiner zentralen Position sehr zweikampfstark, sehr präsent ist. Wichtig ist Brugg (Arnold Bruggink, d. Red.) mit seiner Erfahrung, von dem ich erwarte, dass er die entsprechend weitergibt. Robert (Enke, d. Red.) ist eine zentrale Figur für uns, eindeutig die Nummer eins – nicht nur bei uns. Aber auch Christian Schulz, der im Moment stark spielt und ein Spieler ist, der sehr gut reflektieren kann.

«Braucht die Mannschaft einen Psychologen?

»So etwas anzubieten, kann gut sein. Das sollte man aber nicht befehlen.

«Die Spieler haben sich massiv für Sie ausgesprochen. Könnten sie umgekehrt mal sagen: Der Bergmann nervt? Ist das ein Problem?

»Das ist ja zurzeit nur eine kurze Reflektion und eine Wertschätzung. Ich glaube nicht, dass ein gestandener Profi, der Erfolg haben will, sagt: „Der macht das ganz nett.“ Ich glaube, sie werden schon ein gutes Gefühl haben und denken, dass wir mit der Art, wie wir arbeiten, weiterkommen. Zweitens war ich überall relativ langfristig. Natürlich muss man als Trainer ein bisschen aufpassen, selber immer wieder Akzente setzen und Neues einbauen.


«Ihre Freundin Katja wohnt in Hamburg. Ist Hannover trotzdem schon ein Stück Heimat geworden?

»Ja schon, ich pendele zwischen Hannover und Hamburg. Es ist eine etwas aufwendigere Situation, gerade jetzt, wo wir uns noch weniger sehen. Aber ich habe da volle Rückendeckung für den Job und fühle mich in Hannover ganz wohl.

«Sie stammen aus dem Kreis Vechta, da dürfte die Mentalität ja kein»« Problem sein.

»Überhaupt nicht. Ich bin ja sozusagen Rückkehr-Niedersachse.

«Wo fühlen Sie sich in Hannover am wohlsten?

»Bei mir im Zooviertel.

«Wie schalten Sie vom Fußball ab?

»Bei meiner Freundin und ihrer Tochter, wo Fußball nicht diese Bedeutung bekommt. Außerdem beim Lesen. Ich habe schon eine Menge an Büchern durchgefressen, lese alles. Gerne spannende Biografien und Geschichten von Menschen, die in Extremsituationen geraten. „In eisigen Höhen“ etwa – ein Super-Buch. Gerade sinds zwei Bücher: „Die Hütte“ von einem Amerikaner (William P. Young, d. Red.), ein ganz spannendes Buch, und die „Bücherdiebin“ (von Markus Zusak, d. Red.).

«Wie relaxen Sie sonst noch?

»Bei guter Musik, ich habe eine relativ große Plattensammlung.

«Was hören Sie so? Klassik?

»Klassische Musik nur ab und zu. Rock/Pop dagegen durch die Bank. Ich bin auch ein bisschen Exot, habe auch einige alte Sachen ganz gern. Neil Young finde ich schon ziemlich stark, oder auch James Taylor.

«Was macht sonst noch den Privatmann Bergmann aus?

»Ich bin ein Genussmensch. Ich liebe es, gut zu essen, ein Bierchen zu trinken, mit Freunden zusammenzusitzen, den Moment zu genießen. In dem Moment bin ich dann ganz bewusst da – und manchmal richtig enttäuscht, wenn das Essen zu Ende ist.

 

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