Erst recht, als es am Ende Schlag auf Schlag ging. Acht Tore wie bei diesem 5:3 zwischen Borussia Mönchengladbach und Hannover 96, das passiert ja gelegentlich. Aber dass eine Mannschaft dabei sechsmal trifft und trotzdem als Verlierer vom Platz geht, das kommt nun wahrlich alle Jubeljahre nur einmal vor.
Hannover 96 hat dieses Kunststück am Sonnabend vollbracht, indem die Mannschaft drei blitzsaubere Eigentore in einem Spiel fabrizierte. Punkte für die Tabelle gab es nicht, allenfalls drei auf der Anzeigetafel des Borussia-Parks; dafür sprang allerdings ein Eintrag im Rekordbuch der Bundesliga heraus, auf den man allerdings nicht unbedingt stolz sein kann: So etwas hat seit 1963 noch keine Mannschaft geschafft – Fußball-Deutschland kriegte sich am Wochenende vor Lachen über die hannoverschen Ungeschicklichkeiten nicht mehr ein. Die Stimmung bei den schusseligen Verlierern war nach Spielschluss überraschend gelöst.
Karim Haggui, mit zwei Eigentoren der größte Unglücksrabe des Nachmittags, schmunzelte sogar kurz, nachdem er in der Nachspielzeit einen Pass von Marco Reus so unglücklich abgefälscht hatte, dass der Ball im eigenen Tor landete statt irgendwo im Aus oder bei Florian Fromlowitz. So was passiert einem wohl nur einmal in der Karriere, und ob nun 3:5 oder 3:4, das tat Haggui und den anderen 96ern in dem Moment auch nicht mehr besonders weh angesichts dieser insgesamt schmerzlichen Niederlage. "Wenn es nicht so traurig wäre", sagte der Innenverteidiger mit einem Anflug von Galgenhumor, "dann könnte man wirklich nur drüber lachen. Aber es waren auch drei unglückliche Situationen."
Hanno Balitsch sprach angesichts des dreifache Malheurs von Toren in "Slapstick-Manier" – Fußball nach Art der einstigen Vorabendserie "Väter der Klamotte". Die betreffenden Szenen hatten allerdings den großen Makel, dass aus 96-Sicht der falsche Film lief und es keinen Grund für irgendwelches Amüsement gab; erst recht nicht angesichts der vielen taktischen und individuellen Schwächen und Patzer, die die Mannschaft von Trainer Andreas Bergmann in der Defensive offenbarte. Haggui setzte in dieser Hinsicht nicht nur den Schlusspunkt.
Schon nach einer Viertelstunde tauchte auf der Anzeigetafel im Stadion hinter seinem Namen der rote Punkt auf, mit dem in Mönchengladbach ein Eigentorschütze auf wenig rühmliche Art geadelt wird. Eigentlich hätte dieser aber Florian Fromlowitz gebührt: Der 96-Keeper hatte beim Herauslaufen Haggui so unglücklich angeschossen, dass der Ball zum 1:0 für die Borussia im leeren Tor landete. "Der Treffer geht auf meine Kappe", sagte Fromlowitz später. "So was passiert im Fußball." Es war der nicht voraussehbare Anfang der Aktion "roter Punkt", den die Hannoveraner im letzten Auswärtsspiel der Hinrunde starteten, fein säuberlich dokumentiert hoch oben auf der Anzeigetafel.
Den zweiten verdiente sich Constant Djakpa, der in dieser Hinsicht auch den Vogel abschoss. Gäbe es ein "Eigentor des Monats", dem Ivorer, Mitte der 1. Halbzeit für den verletzten Jan Rosenthal eingewechselt, wäre der Titel nicht zu nehmen. Auch nach mehrfachem Anschauen der Szene in der 58. Minute kann man sich keinen rechten Reim darauf machen, wie einem Fußballprofi so ein Missgeschick unterlaufen kann. Dabei sollte es doch nur ein Seitenwechsel rüber zu Christian Schulz werden, und das nicht einmal in Bedrängnis. Doch der Schuss, von der linken Strafraumgrenze mit Tempo und Effet abgefeuert, ging voll nach hinten los und landete im rechten Toreck zum 3:1 für die Gladbacher, unerreichbar für Fromlowitz.
"Der Ball ist mir versprungen", lautete Djakpas Erklärung. "Ich bin sehr traurig, dass es passiert ist." Drei Eigentore, dazu noch ein halbes durch den Mönchengladbacher Jean-Sebastien Jaures, der mit seinem Spaziergang durch den eigenen Strafraum Schulz regelrecht zum zwischenzeitlichen 3:4 einlud: Der Unterhaltungswert im Borussia-Park war beachtlich. Die 96-Leistung über weite Strecken verdiente das Prädikat bedenklich. Nicht nur auf Eigentore sollte die Mannschaft künftig tunlichst verzichten.