NIEMALSALLEIN

Die Mannschaft des Fußball-Bundesligisten Hannover 96 befindet sich im radikalsten Umbruch seit dem Wiederaufstieg 2002. Aber die wohl spektakulärste Personalentscheidung regeln die "Roten" auf gänzlich unspektakuläre Art und Weise: Verteidiger Steve Cherundolo hat seinen am 30. Juni auslaufenden Vertrag um zwei Jahre bis 2012 verlängert.

 

Zudem hat sich der Klub eine Option für ein weiteres Jahr gesichert. Der 31-Jährige hat im aktuellen Team schon jetzt mit Abstand die meisten Spiel für 96 absolviert, nämlich insgesamt 293, davon 225 in der Bundesliga, in denen er fünf Tore erzielte. Alles spricht dafür, dass Cherundolo deshalb nun auch zum neuen Chef im Team, zum Mannschaftskapitän wird.

Eine Entscheidung so recht nach dem Geschmack des Publikums? In diesen Tagen lautet die klare Antwort: ja! Die frischesten Erinnerungen sind schließlich die an Cherundolos Einsätze bei der Weltmeisterschaft in Südafrika. In den bisherigen beiden Spielen des US-Teams in der Gruppe C hat der Kalifornier wie bei 96 als Rechtsverteidiger einen hervorragenden Eindruck hinterlassen.
Beim 1:1 gegen England spielte er die Außenbahn rauf und runter wie ein Jojo – mancher 96-Fan wird sich gefragt haben, warum er das in Bundesligaspielen so nur ganz selten zu sehen bekommt.
Im zweiten Spiel gegen Slowenien legte Cherundolo für Landon Donovans Anschlusstreffer zum 1:2 auf – die Partie endete 2:2.

Nächster Gegner ist Algerien – und wer sagt, dass die Partie Cherundolos Endstation in Südafrika ist? Das WM-Abenteuer birgt auch eine letzte, kleine formale Klippe: Obwohl das Vertragswerk ausgehandelt ist, ist die Zusage bisher nur mündlich ausgesprochen. Und zwar zwischen Trainer Mirko Slomka, der Cherundolo in Südafrika besucht hat, Sportdirektor Jörg Schmadtke, der zurzeit in Griechenland Urlaub macht, sowie dem Spielerberater Harun Arslan und Klubchef Martin Kind in Hannover.

Der Boss selbst aber jubelt schon zufrieden: "Das ist eine gute Entscheidung für Cherundolo, eine gute Entscheidung für uns. Es ist auch eine besondere Situation, weil er schon so lange bei 96 ist. Ein positives Signal." Manager Arslan hob derweil hervor, dass andere Angebote für Cherundolo ausgeschlagen wurden: „Er ist ein Roter.“ Von Anfang an sei außerdem erkennbar gewesen, dass beide Seiten die Verlängerung wollten, auch wenn die Verhandlungen "nicht ganz einfach" gewesen sein sollen.
Nette Umschreibung; tatsächlich hat das erste vom Klub unterbreitete Angebot dem Spieler "Tränen in die Augen getrieben", wie 96-Insider wissen. Aber Kind, der große Stücke auf Cherundolo hält, hat seine Schatulle schließlich doch noch ein bisschen weiter aufgemacht: Wer spekuliert, dass Cherundolo mit einer stattlichen Gehaltszulage bei regelmäßigen Einsätzen künftig etwa eine Million Euro pro Jahr oder ein bisschen drüber verdient, der wird nicht so falsch liegen.

Diese Wendung in der Entwicklung ist schon bemerkenswert. In der Vergangenheit bei Hannover 96 gab es durchaus Phasen, in denen sich das Publikum von Cherundolo im Spiel viel mehr erhoffte. Phasenweise wurde ihm glattweg die Bundesliga-Eignung abgesprochen. Dieter Hecking suchte mit einigem Engagement auf dem Transfermarkt nach Spielern, die Cherundolo unter Druck setzen oder abhängen könnten – Peter Pekarik (jetzt VfL Wolfsburg) und Andreas Görlitz (zuletzt FC Bayern München) etwa zählten zu den Kandidaten.

Nach Slomkas Antritt als Trainer, der Cherundolo noch von seinem ersten 96-Engagement als Assistent Ralf Rangnicks kannte, hatte die Suche indes keine Priorität mehr. Und spätestens nach dem erfolgreich bestrittenen Abstiegsendspiel beim VfL Bochum wurde klar, dass der Klub im Grunde kein Alternative hatte, als mit Cherundolo zu dessen Bedingungen zu verlängern: "Es muss viel passieren. Es wäre unglaublich fahrlässig und naiv, wenn wir aus unseren Fehlern nicht lernen in der Sommerpause" sagte Cherundolo da und kündigte "Klartext in der internen Aussprache" an.

Kritik am Klub – das war bisher so nicht die Domäne des Amerikaners. Aber alle anderen Typen mit Herz, Hirn und dem notwendigen Wortschatz sind weg. Natürlich sind Weichenstellungen für die sportliche Zukunft des Klubs vor allem Sache der Trainer und Sportdirektoren. Aber die wechseln bei 96 so schnell, dass Cherundolo sie im Dutzend zählen kann.

Transfers: Maximal auf drei Positionen wollen sich die "Roten" noch verstärken – Sturm, "Zehner"-Position und rechtes Mittelfeld. Aber große Namen werden dabei nicht gehandelt, sagte 96-Klubchef Martin Kind. Der Schalker Jan Moravek ist ein "Zehner"-Kandidat. 2Bei ihm stehen die Chancen nicht schlecht", bestätigte Kind.

 

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