NIEMALSALLEIN

Ob vorn oder hinten: Bei 96 liegt derzeit vieles im Argen – Tarnat fehlt nicht nur hinten links

 

Von Volker Wiedersheim
Hannover. Es gibt Niederlagen, die sind ganz einfach zu erklären: Der Spieler X oder Y macht etwas Falsches. Oder gar nichts. Oder beides. Und dann verliert man eben, kann aber ganz leicht die Lehren daraus ziehen. Leider gehörte die Blamage gegen Bayer Leverkusen nicht in diese Kategorie von nützlichen Niederlagen, sondern eher zu den komplexen „Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll“-Malheuren. Und obendrein haben Team und Trainer bis zum Spiel gegen Arminia Bielefeld am Mittwoch wahrlich nicht gerade üppig Zeit zum Gegensteuern, obwohl es laut 96-Kapitän Robert Enke um nicht weniger geht, als „die Grundlage, die Basis. Da müssen wir wieder hin, sonst kann man keine Spiele gewinnen“, wie der nach dem 0:3 trotz aller Fassung merklich zerknirschte Torwart feststellte.
Eine Übersicht der größten 96-Problemzonen.
Stabilität der Abwehr: Zehn Gegentore in den jüngsten vier Spielen, insgesamt die meisten Gegentore der Liga Es stimmt einfach nicht hinten in der Viererkette – und davor auch nicht. Leverkusen habe das „clever ausgenutzt und immer wieder Bälle in die Nahtstellen der Verteidigung gespielt“, analysierte Enke. Zurzeit können die Abwehrrecken Stürmer vom Schlage eines Theofanis Gekas nicht stoppen. Gelingt es auch nicht im Verteidigungsverbund die Steilpassgeber von der Sorte Sergej Barbarez schon im Mittelfeld härter zu bedrängen, werden die „Roten“ weiter das Nachsehen haben.
Abhängigkeit von Hanke: In der augenblicklichen Spielweise ist 96 vor dem gegnerischen Tor fast allein von der Treffereffektivität von Mike Hanke abhängig. Erwischt er einen schlechten Tag, bleibt Hannover 96 harmlos. Jan Rosenthal und Szabolcs Huszti gelang es gestern kaum, bei eigenem Ballbesitz ihre Mittelfeldrollen wie die von Flügelstürmern zu interpretieren, wie in Dieter Heckings 4-2-3-1-System eigentlich vorgesehen. Breites Flügelspiel fand bei 96 nicht statt.
Kein Druck von der Bank: Das Tor von Vahid Hashemian als Einwechselspieler gegen seinen früheren Klub VfL Bochum in allen Ehren: Die Bank ist zurzeit so prominent besetzt wie nie. Ausschließlich aktuelle und frühere Nationalspieler – dafür kommt viel zu wenig. Mit Benjamin Lauth kam gestern die Wende zum Schlechten – auch wenn er daran natürlich keine individuelle Schuld hat. Hashemian und Chavdar Yankov konnten sich ebenfalls nicht empfehlen.
Schlüsselspieler Christian Schulz: Er hat noch nicht einmal über 90 Minuten für 96 gespielt, trotzdem ist Schulz wohl ein „Gewinner“ der gestrigen Niederlage. Vinicius’ Einspringen für Michael Tarnat war ein Dienst an der Mannschaft – aber wegen seiner langen Verletzung auch eine Verlegenheit. Schulz wäre die bessere Wahl gewesen, hätte er sich Gelb-Rot in Nürnberg gespart. In Bielefeld wird Hecking wieder auf ihn setzen – vor der Abwehrkette oder als deren linkes Glied.
Mentale Stärke: Trainer Hecking ärgerte sich gestern darüber, „dass die Mannschaft nach dem 0:1 nicht wiedergekommen ist. Sie hat sich nicht so gewehrt, wie ich es von ihr kenne.“ Es fehlte der kollektive Impuls, das Spiel zu drehen. Und es fehlten gegen Leverkusen auch den Führungsspielern Robert Enke, Hanno Balitsch, Steve Cherundolo und Altin Lala das Geschick, dem Team und damit auch dem am Ende pfeifenden Publikum diesen Impuls zu geben. Tarnat hat gestern eben nicht nur hinten links gefehlt.

 

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