NIEMALSALLEIN

Torwart Enke zwischen Belgien und Cottbus

 

Gestern Nachmittag im Training bei Hannover 96 hatte Robert Enke alle Hände voll zu tun. Vom Abend davor ließ sich das nicht unbedingt behaupten. Mittwoch um 22.50 Uhr war sein erstes Länderspiel als Deutschlands Torwart Nummer 1 zu Ende, zu notieren gab es einen 2:0-Sieg der Nationalmannschaft gegen Belgien und exakt 20 Ballberührungen von Enke.
Die Aufschlüsselung der Zahl 20 zeigt, dass Enke einen ruhigen Abend verlebt hatte. Nur sechsmal musste er den Ball fangen, 14-mal leitete er ihn mit dem Fuß weiter. Wenn man so will, war Enke gegen die harmlosen Belgier mehr Libero als Torwart.
Der 96-Kapitän ist niemand, der sich über viel Arbeit beschweren würde, denn sie bedeutet auch die Gelegenheit, sich auszeichnen zu können. Und genau darum geht es derzeit ja für Enke, bei dem vor der Nummer 1 das kleine Wörtchen „vorläufig“ steht. Dass er nicht mit spektakulären Paraden Werbung in eigener Sache betreiben konnte, störte den 30-Jährigen trotzdem nicht. „Es gibt manchmal mehr Möglichkeiten, sich zu zeigen, und manchmal weniger. Diesmal waren es weniger“, sagte Enke nüchtern, nicht ohne zu vergessen, das für einen Torhüter Wesentliche herauszustreichen: „Die Null hat gestanden, das freut mich.“
Bei seinem ersten Länderspiel im März 2007 gegen Dänemark (0:1) hatte Enke „relativ viel zu tun, da war ich gleich gut im Spiel“. Bei seinem zweiten Einsatz gegen Belgien waren 90 Minuten Aufmerksamkeit gefordert, zu tun hatte er – würde man die 20 Ballberührungen zusammenzählen – keine fünf Minuten. „Solche Spiele sind schwieriger, weil man immer aufpassen muss“, sagte er.
Dass vor dem neuen Torwart eine neue Innenverteidigung zum Einsatz kam, erwies sich nicht als Problem. Bundestrainer Joachim Löw hatte bei der EM beobachtet, dass das Manndeckerduo Per Mertesacker/Christoph Metzelder nicht immer auf Ballhöhe war, gegen Belgien nutzte er die Gelegenheit zu einem Experiment. Mertesacker fehlte verletzt, Metzelder ließ Löw 90 Minuten auf der Bank, stattdessen durften Serdar Tasci und Heiko Westermann ran. Für die Beurteilung ihrer Arbeit galt das Gleiche wie für Enke: Viel zu tun hatten sie nicht, was anfiel, erledigten sie weitgehend solide. „Kompliment an Serdar und Heiko“, sagte Enke, „sie haben mir alles so gut wie abgenommen.“
Enke leistete sich eine einzige kleine Unsicherheit in der 57. Minute, als er sich nach einem Konter der Belgier zwischen Drinbleiben und Rausgehen nicht entscheiden konnte, der Ball aber folgenlos ins Aus trudelte. Dass solche Szenen überhaupt notiert werden, gehört zu Enkes neuer Situation als Nummer 1 unter Beobachtung. „Ich war die vergangenen Tage sehr konzentriert, denn es steht viel auf dem Spiel“, sagte Enke. Löw hat ihm noch nicht versprochen, dass er am 6. und 10. September in den WM-Qualifikationsspielen gegen Liechtenstein und Finnland im Tor stehen wird. Aber das ist nur eine Formalie, denn Enkes ernsthafte Konkurrenten, die bei Löw und Torwarttrainer Andreas Köpke hoch im Kurs stehenden Rene Adler (Leverkusen) und Manuel Neuer (Schalke), sind bis dahin wegen ihrer Verletzungen noch nicht wieder fit; Tim Wiese, gegen Belgien Enkes Stellvertreter, gilt eher als Füllkandidat.
„Es ist ein kleiner Vorteil für mich, wenn ich gute Leistungen bringe“, sagte Enke, der zumindest gegen Liechtenstein nicht damit rechnen sollte, mehr als die 20 Ballberührungen gegen Belgien zu bekommen. Das macht das Pluspunktesammeln schwer, könnte die persönliche Bilanz aber freundlicher gestalten: Dass Enke gegen Liechtensteins Hobbykicker ein Tor kassiert, ist nicht unbedingt zu erwarten.

von Heiko Rehberg

 

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