NIEMALSALLEIN

Das große Reinemachen ist in vielen Fällen schon abgeschlossen, doch nach den Farbschmierereien an 25 Filialen des Unternehmens Kind Hörgeräte wartet noch einige Arbeit.

 

Nachdem Firmeninhaber Martin Kind, der auch dem Fußball-Bundesligisten Hannover 96 vorsteht, gestern Anzeige erstattete, hat die Polizei in acht Bundesländern die Ermittlungen aufgenommen. Unbekannte hatten in der Nacht zum Mittwoch zahlreiche Geschäfte der Kind-Kette mit dem Spruch "50+1 bleibt!" besprüht – offenbar aus Protest gegen die vom 96-Klubchef angestrebte Satzungsänderung der Deutschen Fußball-Liga (DFL), mit der Investoren auch hierzulande der Einstieg ins Profigeschäft erleichtert werden soll.
Dagegen laufen einige Gruppen der Fanszene seit Langem Sturm. Sie fürchten offenbar eine ähnliche Entwicklung wie beispielsweise in England, wo sich viele Klubs auf diese Weise in große Abhängigkeit von gewinnorientierten Geldgebern begeben haben. Der Verdacht, dass derartige Gruppierungen für die Farbattacken verantwortlich sind, liegt deshalb nahe, ist aber noch nicht bewiesen. "Wir haben im Moment keine Hinweise darauf, dass wir es mit einer Tätergruppe zu tun haben, die durchs Land zieht und Geschäfte von Herrn Kind beschmiert", sagt der Hamburger Polizeisprecher Holger Vehren. Allein in der Hansestadt wurden sieben Filialen auf diese Weise verunstaltet, in München vier. Ermittlungen laufen darüber hinaus unter anderem in Osnabrück, Norderstedt, Trier, Worms, Salzwedel sowie in fünf Kleinstädten des Saarlandes. Auch ein Kind-Geschäft in Hannover wurde beschmiert. "Zu den Hintergründen können wir noch nichts sagen", sagt Anja Gläser von der Polizeidirektion Hannover.
Martin Kind selbst äußert sich ebenfalls zurückhaltend, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen seinem Vorstoß, über den die DFL am 10. November entscheiden wird, und den Farbschmierereien an seinen Filialen gibt. "Das ist alles noch Spekulation", sagt er. Doch der Eindruck, dass die Aktionen gesteuert worden seien, dränge sich auf.
Es wäre in der Tat ein sehr großer Zufall, dass nahezu zeitgleich an 25 verschiedenen Orten Protest durch diese Form von Sachbeschädigung artikuliert wird. Der Schaden beläuft sich insgesamt auf 30.000 bis 50.000 Euro. Schwerer wiegt, dass die Diskussionskultur bei strittigen Themen auf diese Weise gelitten hat. Über solche Themen müsse "sachlich geredet werden", sagt DFL-Präsident Reinhard Rauball. "Egal, wie man zur 50+1-Regelung steht." Wolfgang Niersbach, Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), meint: "Es kann nicht sein, dass in einer Demokratie wegen unterschiedlicher Auffassungen Anschläge verübt werden."
Anhänger von Hannover 96 diskutieren kontrovers über die Farbschmierereien, was sich in diversen Internetforen widerspiegelt. "Damit haben die Deppen der guten Sache einen Bärendienst erwiesen", heißt es in einem Eintrag zu diesem Thema auf der offiziellen 96-Klubseite. Im "Fanmagazin" ist von einer "Aktion mit Eigentorcharakter" die Rede. An anderer Stelle heißt es, man solle "die Kirche im Dorf lassen".
Für Martin Kind bleibt es dabei, dass er an dem in der vergangenen Woche bei der DFL eingereichten Änderungsantrag festhalten wird. Sollte die notwendige Mehrheit nicht zustande kommen, will er weiter am Ball bleiben und gegebenenfalls vor Gericht ziehen.

 

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