NIEMALSALLEIN

Florian Fromlowitz weiß, wie schwer es sein wird, am Sonnabend in der Fußball-Bundesliga im Tor von Hannover 96 zu stehen. Darauf braucht man ihn nicht extra hinzuweisen.

 

Aber wer ihn erzählen hört über das Spiel bei Schalke 04, der spürt schnell, dass er keine Angst davor hat, und die Erklärung liefert er selbst: "Ich liebe die Torwartposition und diesen Sport." Zwischen den Pfosten fühlt sich Fromlowitz wohl, das Torwarttrikot ist für ihn wie eine Art Bleiweste, von der er hofft, dass sie ihn in den 90 Minuten in Gelsenkirchen und auch in den folgenden Wochen und Monaten schützen wird vor der Gefahr, durch den ständigen Vergleich mit Robert Enke die Konzentration auf sein eigenes Spiel zu verlieren.

"Ich weiß, dass viele Menschen auf mich schauen", sagt er, "aber das ist normal. Und ich habe auch schon vorher viele Drucksituationen erlebt." Dass sich Fromlowitz wesentlich unwohler fühlt, wenn er der Öffentlichkeit einen Einblick in sein Gefühlsleben geben soll, ist an diesem Dienstag im Presseraum der AWD-Arena nicht zu übersehen. Dass er sich trotzdem sehr respektabel schlägt, gerade weil ihm diese 30 Minuten ohne die Schutzzone Strafraum vielleicht schwerer fallen als die 90 Minuten am Sonnabend, darf nicht unerwähnt bleiben.

Fromlowitz hat morgens um 9.30 Uhr mit den anderen 96-Profis trainiert, danach die Fußballschuhe gegen Turnschuhe gewechselt und ein trockenes Shirt angezogen. Und jetzt sitzt er da vor 30 Journalisten, begleitet von Trainer Andreas Bergmann und Pressesprecher Andreas Kuhnt. Fünf Fernsehsender haben ihre Kameras aufgebaut, sieben Mikrofone sind um ihn herum in Stellung gebracht worden. Alle wollen wissen, wie es Fromlowitz geht nach der Selbsttötung von Robert Enke, wie die vergangenen Tage der Trauer und Fassungslosigkeit waren für den Mann, der Enkes Platz im Team einnehmen wird. Doch so richtig traut sich keiner eine Frage, selbst Kuhnt sagt, "dass ich gar nicht richtig weiß, was ich dich jetzt fragen soll, Florian".

Man muss das vielleicht erklären. Pressekonferenzen laufen bei 96 in der Regel so ab, dass der Vereinssprecher eine Frage stellt, danach übernehmen die Reporter. Diesmal gibt es eine Art Aufwärmfrage an Trainer Bergmann, danach übernimmt Fromlowitz. Er wird in den kommenden Minuten sehr ruhig ein paar sehr angemessene Sätze formulieren. Sein Blick geht meist ins Leere, man merkt, wie er sich konzentrieren und einige Male mit den Tränen kämpfen muss. Zum Beispiel als er sagt, dass er sicher ist, dass "Robert jetzt von oben zuschaut" und dass er "immer in meinem Herzen bleiben wird".

Gelesen mögen diese Worte vielleicht dem einen oder anderen etwas kitschig erscheinen, aber das sind sie nicht. Fromlowitz hat der Tod Enkes tief berührt, nichts anderes drücken seine Worte aus. "Ich habe keinen Konkurrenten verloren, sondern einen Freund", sagt der 23-Jährige. Fromlowitz berichtet von den vergangenen 16 Monaten als Torwart an der Seite von Enke, von einer Zeit, die durch gegenseitigen Respekt gekennzeichnet war. "Er war für mich wie ein Lehrer. Er hat mir viel mitgegeben, auch ohne viele Worte."

Er erzählt davon, dass Enke ein "Helfer für die jungen Spieler" gewesen und "immer vorangegangen" sei: "Er wird in Hannover immer die Nummer 1 bleiben." Fromlowitz, die Nummer 27, hat sich vom Nationaltorhüter Enke einiges abgeschaut, vor allem dessen ruhiges Torwart-spiel. "Mittelweg" zwischen Enkes und seinem eigenen Stil nennt Fromlowitz das, und wie dieser aussieht, war in den sechs Spielen, in denen er Enke diese Saison bereits vertreten hat, schön zu sehen.

Fromlowitz hat den Anteil der Showparaden um 90 Prozent reduziert, diese neue Sachlichkeit tat ihm gut, seine Leistungen waren ohne Fehl und Tadel. Der 23-Jährige sagt, dass er den "schweren Schlag" verarbeitet hat: "Ich muss das Ganze ausblenden. Und ich muss nach vorne schauen. Das hätte Robert auch gewollt." Zum Schluss will einer wissen, ob Fromlowitz sich zum Gedenken an Enke etwas ausgedacht hat für das Schalke-Spiel. Er schaut ein wenig irritiert und sagt: "Ich will auch für ihn spielen."

 

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