NIEMALSALLEIN

Sandhausen: "Es war eine große Party"

Es gibt diese Tage im Leben, die man niemals vergisst. Bei Fans einer Fußballmannschaft sind diese Tage nicht selten an bestimmte Spiele und besondere Ereignisse geknüpft. Und für 96-Fans ist der Aufstieg 2017 mit mehr als 8000 Auswärtsfans im kleinen Sandhausen eindeutig so ein Tag. Er jährt sich heute zum ersten Mal. Für unsere neue Rubrik GASTSPIEL haben wir runnertobi, bekannt als aktiver Twitterer, Moderator der 96-Show "Hannoverliebt" auf MeinSportradio.de und natürlich Zeitzeuge in Sandhausen, gebeten, seine Erinnerungen an diesen 21. Mai 2017 aufzuschreiben. Herausgekommen ist ein Text mit Gänsehaut-Garantie!

/ Profis, Fans, Klub

 

"Ich glaube, jeder Fußballfan kennt dieses Gefühl: Die Tage werden wieder länger, die Sonne scheint, die Temperaturen steigen, man kann auch mal wieder ohne Jacke ins Stadion gehen – der Saisonendspurt naht. Es ist fast immer die schönste Zeit der Saison.

 

"Dieses Kribbeln, wenn das Wochenende naht. Jeder wusste: Jetzt kommen die wichtigen Spiele."

Am Ende unseres Ausflugs in die 2. Liga war es wieder so ein Jahr. Dieses Gefühl. Der ganze Tag dreht sich nur um Fußball. Dieses Kribbeln, wenn das Wochenende naht. Jeder wusste: Jetzt kommen die wichtigen Spiele. Derby gewonnen, Punkt in Aue mitgenommen, Siege gegen Düsseldorf und in Heidenheim. Nur noch zwei Spiele bis zum Saisonende. Unter der Woche wurde die meiste Zeit gerechnet: 'Sieg gegen Stuttgart, dann reicht am letzten Spieltag... Ok, aber wenn Bielefeld am vorletzten Spieltag zu Hause..., dann würde gegen Stuttgart auch ein Unentschieden...' Ach, was liebe ich diese Zeit.
 
Am 33. Spieltag war Hannover 96 auf dem vorläufigen Höhepunkt der Saison angekommen. Ein 1:0 Sieg gegen Stuttgart im heimischen Stadion und parallel gab es ein kleines Fußballwunder in Bielefeld. Es war also alles bereitet für Sonntag, den 21. Mai 2017, in Sandhausen. Die Ausgangssituation war klar: Drei Punkte und sechs Tore Vorsprung auf den Relegationsplatz – ein Punkt reicht für den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga.

Ich erinnere mich noch, wie langsam die Tage in der Woche vor dem Spiel vergingen. Zur Sicherheit wurde noch mal der Tabellenrechner bedient. Um dem Motto 'Alle in Rot nach Sandhausen' gerecht zu werden, wurde über die Trikotwahl diskutiert. Die Tickets waren schon zwei Monate im Voraus über den Heimverein bestellt worden – eine gute Idee, wie sich herausstellte. Der SV Sandhausen schloss knapp zwei Wochen vor dem Spiel den Online-Ticketshop.

Doch zu dem Zeitpunkt war es schon zu spät: Rund 8000 Fans der Roten hatten sich bereits im ganzen Stadion mit Karten eingedeckt und so glich die Anreise einer kleinen Völkerwanderung.

Ausnahmsweise tauschten wir den Zug gegen das Auto ein – nach Sandhausen kommt man mit der Bahn halt nicht so entspannt wie nach Dortmund, Frankfurt oder Berlin – und machten uns am frühen Sonntag auf den Weg. Auf der Autobahn und an jeder Raststätte trafen wir andere 96-Fans und die Gesänge wechselten regelmäßig zwischen 'Nie mehr 2. Liga' und Liebesbekundungen in Richtung Arminia Bielefeld. Die 450 Kilometer wurden schnell überbrückt, dank guter Organisation der Sandhäuser gab es auch einen Parkplatz auf dem Acker am Stadtrand und wir waren schnell am Stadion.

Wie oft hatte ich in der Abstiegssaison gehört: 'Dann machen wir halt ein Jahr Sandhausen' oder 'Statt Dortmund und Bayern gibt's halt Sandhausen'. Jeder benutzte Sandhausen als Synonym für die 2. Liga. Und nun waren wir am letzten Spieltag endlich selber da. Am Stadion angekommen wurde einem sofort klar, wer hier das Heimspiel hat. Überall rote Trikots, auf dem Kreisel vorm Stadion tanzten die 96-Fans und als der Mannschaftsbus von Hannover 96 sich den Weg durch die Zuschauer bahnte, war das erste Mal Gänsehaut angesagt. Jeder wusste: Heute gibt es nur ein Ziel!

Die Sandhäuser präsentierten sich als sehr gute Gastgeber. Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht überall perfekt auf den Ansturm so vieler Gästefans vorbereitet waren. Aber egal, wen man traf und sprach, alle waren nett und hilfsbereit. Und wenn auf der Haupttribüne das Wasser ausgeht, gibt es die Rieslingschorle eben ohne Wasser! Als vor dem Spiel die Mannschaftsaufstellung und '96 – Alte Liebe' in bester Heimspielmanier über die Stadionlautsprecher lief, war die Stimmung auf der nahezu komplett roten Haupttribüne bestens.
 
Um 15.30 Uhr war es dann soweit: Die letzten 90 Minuten in der 2. Bundesliga brachen an. Die minimale Sorge darüber, wie die Jungs auf dem Platz die Rot-Sperre von Salif Sané aus dem Spiel gegen Stuttgart kompensieren werden, war nach wenigen Minuten verflogen. André Breitenreiter hatte sich für eine defensive Ausrichtung entschieden. Allen Beteiligten konnte man die Nervosität anmerken, aber Hübner und Felipe hielten die Innenverteidigung zusammen und räumten das weg, was Schmiedebach und Anton durchließen. Trotzdem gab es natürlich den einen oder anderen unwillkürlichen Blick auf Handy und Liveticker. Wie stellte sich Karlsruhe bei unserem direkten Konkurrenten an? Würde sich Bielefeld retten können? – das waren die Fragen, die immer wieder kurz geklärt werden mussten.

"In dem Moment waren sich alle sicher, dass der direkte Aufstieg klar ist."

Leichte Unruhe entstand in der 57. Minute, als Sandhausen mit 1:0 in Führung ging. Plötzlich waren es 'nur noch' vier Tore Vorsprung auf den Relegationsplatz. Aber nur drei Minuten später war es dann Florian Hübner mit seinem ersten Tor für Hannover 96, der den Ausgleich erzielte. Ein Kopfball nach Vorarbeit von Felix Klaus, auch noch gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber und mit vorheriger Ankündigung in der Stadionzeitung. Mehr geht nicht. Was folgte, war purer Jubel. Die letzten 30 Minuten in Sandhausen waren eine große Party auf den Rängen. In dem Moment waren sich alle sicher, dass der direkte Aufstieg klar ist. Die Tribüne geriet ordentlich ins Wackeln und die letzten Minuten wurden heruntergezählt.

Kurze Sorge kam wenige Augenblicke vor Ende des Spiels auf, als der eine oder andere Fan es nicht mehr abwarten konnte und schon fast auf dem Spielfeld stand. Die nähere Vergangenheit lehrt uns, dass in Sandhausen aber ziemlich entspannt mit dieser Situation umgegangen wurde. Das Spiel konnte zu Ende gespielt werden und dann kam der Abpfiff. Ich habe noch den Stadionsprecher im Ohr, der 'Das Spiel ist aus' verkündete und dann strömten tausende Rote auf den Rasen.

Wir blieben nach Abpfiff noch auf der Haupttribüne stehen und hatten eine sehr gute Sicht auf das Schauspiel. Fans liefen auf Spieler zu. Spieler auf Fans. Alle lagen sich in den Armen. Ein großartiges Bild.

Später auf dem Rasen fielen wir den Freunden und Bekannten um den Hals, die das Spiel aus anderen Blöcken verfolgt hatten. Es war eine große Party, die wir dort in Sandhausen feiern durften, entsprechend war auch die Rückfahrt Freude und Erleichterung pur. Der sehr unterhaltsame Ausflug in die 2. Liga war vorbei, die Bundesliga hatte uns wieder und es dauerte noch einige Tage bis das Saisonendspurt-Kribbeln nachließ. Wir waren aufgestiegen an diesem 21. Mai 2017 in Sandhausen."


Die Rubrik: In unserer Rubrik GASTSPIEL wollen wir immer mal wieder Stimmen von außerhalb unserer Redaktion zu Wort kommen lassen. In Rückblicken oder Kommentaren soll in Erinnerungen geschwelgt oder die jeweils aktuelle Lage unter die Lupe genommen werden. Also: Lasset die GASTSPIELE beginnen!

Der Autor: Der GASTSPIEL-Premieren-Autor runnertobi ist einer der aktivsten User im Twitter-Kosmos rund um Hannover 96. Doch man kennt nicht nur seine Tweets, sondern auch seine Stimme: Er moderiert regelmäßig die 96-Show "Hannoverliebt" auf MeinSportradio.de.


Fotos mit Gänsehaut-Garantie: Die Bildergalerie aus Sandhausen

Schaut Euch hier noch einmal die 14-minütige 96TV-Doku zum Aufstieg an: ZUM VIDEO!

NEWSCENTER
RSS Feed
Fanartikel
Business
Arena
Datenschutz
Kontakt
Medien
Sitemap
Tickets
Navigation
Schließen