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Krzynowek träumt von einer eigenen Akademie

Erst machte das Knie nicht mehr mit, dann der Kopf: Jacek Krzynowek kam im Februar 2009 vom VfL Wolfsburg nach Hannover - und musste nur eineinhalb Jahre später seine Karriere beenden. Was er seitdem macht, und wieso er nicht mehr als Sportdirektor arbeiten möchte, verrät der Pole in Teil vier unserer Serie "Was macht eigentlich ...?"

/ Profis
Jacek Krzynowek spielte von Februar 2009 bis Juni 2010 in Hannover.

"Ich war mental total am Ende"
Als Jacek Krzynowek erfuhr, dass sein Vertrag in Hannover nicht verlängert werden würde, da war er weder enttäuscht noch verärgert. Er war erleichtert. "Ich hätte gerne noch ein paar Jahre Fußball gespielt", sagt Krzynowek. "Aber ich konnte einfach nicht mehr." Dass ihn sein Körper immer wieder ausgebremst hatte im Laufe seiner Karriere, das war ja das eine gewesen. Aber irgendwann, sagt Krzynowek, habe auch sein Kopf nicht mehr mitgespielt. "Ich war mental total am Ende", sagt er. "Mein Kopf hat mir nach all den Jahren im Profizirkus signalisiert: Es ist zu viel, hör auf!"

Also hörte er auf, im Sommer 2010, nach eineinhalb Jahren bei Hannover 96 und elf Jahren im deutschen Profifußball insgesamt. Krzynowek packte seine Sachen und zog zurück nach Polen, in sein Heimatdorf Kletnia, rund 90 Kilometer südlich von Lodz gelegen. Dort warteten bereits seine Frau Aneta und seine Tochter Wiktoria auf ihn, die er in Hannover so sehr vermisst hatte. Die beiden hatten Deutschland schon eine Weile vor ihm verlassen, weil Wiktoria in Polen eingeschult werden sollte. "Und da ich ein totaler Familienmensch bin, ist es mir sehr schwergefallen, so lange von ihnen getrennt gewesen zu sein", sagt Krzynowek.

Wechsel von Wolfsburg nach Hannover
Kein Wunder also, dass Krzynowek am Ende nicht mehr richtig glücklich war in Hannover. Dabei hatte es so gut begonnen mit ihm und 96. Am 2. Februar 2009 wechselte Krzynowek vom VfL Wolfsburg zu Hannover 96. Die Roten hatten einen Tag zuvor Szabolcs Huszti an den russischen Topklub Zenit Sankt Petersburg verkauft, Krzynowek sollte ihn im Mittelfeld ersetzen. Und der Auftakt war vielversprechend. Gleich in seinem zweiten Spiel für 96 erzielte Krzynowek ein Tor und bereitete ein weiteres vor. Bis zum Ende der Saison verpasste er nur zwei Partien, der Körper machte keine Probleme. "Es lief gut", sagt Krzynowek. Aber das sollte sich bald ändern.

Zu Beginn der Saison 2009/2010 schmerzte das Knie, das ihm schon mehrmals zuvor Probleme bereitet hatte. 2002 hatte sich Krzynowek, damals Spieler beim 1. FC Nürnberg, das Kreuzband gerissen. 2005, in seinem zweiten Jahr bei Bayer Leverkusen, hatte er sich während einer Länderspielreise am Meniskus verletzt, musste operiert werden und fiel wieder eine Weile aus. "Seitdem", sagt Krzynowek, "habe ich immer wieder Schmerzen im Knie. Bis heute." Erst kürzlich ist er wieder in Dortmund gewesen, bei einem Kniespezialisten. "Die Leute sagen zwar immer, dass Sport gesund sei", sagt Krzynowek. "Aber das gilt auf keinen Fall für Profisport."

"Der Trainerjob ist nichts für mich."

Sportdirektor in Polen
Heute kann Krzynowek darüber lachen. Damals, im Dezember 2009, war das anders. Da wurde Krzynowek mal wieder krankgeschrieben, wenige Tage nach dem Spiel gegen den FC Bayern, das sein letztes als Fußballprofi sein sollte. Das Knie bereitete mal wieder Probleme, doch diesmal war etwas anders. "Die Schmerzen gingen einfach nicht mehr weg", sagt Krzynowek. Und weil auch nach mehreren Monaten Pause noch keine Besserung in Sicht war, entschied der damalige 96-Manager Jörg Schmadtke, den Vertrag auslaufen zu lassen.

Krzynowek machte sich also auf den Weg zurück nach Polen - und baute dort erst einmal ein Haus für sich und seine Familie. Jeden Tag verbrachte er auf der Baustelle, auch, um Abstand vom Fußball zu gewinnen. "Nach meinem Karriereende hatte ich die Schnauze voll vom Fußball", sagt der 96-malige polnische Nationalspieler, "ich habe keine Spiele geguckt und auch sonst nichts gelesen." Bis er im Sommer 2015 einen Anruf seines früheren Klubs GKS Belchatow erhielt.

Dort hatte Krzynowek einst seine Karriere begonnen, war Nationalspieler geworden, ehe ihn der 1. FC Nürnberg nach Deutschland geholt hatte. Nun bot ihm Belchatow, gerade in die zweite polnische Liga abgestiegen, den Posten des Sportdirektors an. Eine Herzensangelegenheit. Krzynowek sagte zu, "doch wir haben von Anfang an Probleme gehabt", sagt er. Der Klub hatte hohe Schulden und einen Hauptsponsor, der sich immer wieder in sportliche Belange einmischte. Am Ende einer völlig verkorksten Saison stieg der Klub in die dritte Liga ab. Die gesamte Sportliche Leitung wurde entlassen, auch Krzynowek.

"Trainer? Das ist nichts für mich"
"Ich hätte den Verein gerne wieder nach oben geführt", sagt Krzynowek, "aber ich bin auch ganz froh, dass ich die Arbeit dort nicht mehr machen muss. Ich habe in Belchatow die andere Seite des Profifußballs kennengelernt. Und die gefällt mir nicht." Verhandlungen mit Spielerberatern, Einflussnahme durch lokale Politiker – das alles habe ihm den Spaß an der Arbeit genommen. Eine Rückkehr in den Profifußball, egal ob als Sportdirektor oder Trainer, hält Krzynowek deshalb für unwahrscheinlich. "Das ist nichts für mich", sagt er. "Im Profifußball gibt es zu viele Menschen, die nicht an die Spieler denken, sondern nur an sich selbst."

Krzynowek will sich lieber um den Fußballnachwuchs kümmern. Derzeit plant er, eine eigene Akademie zu gründen. Die ersten beiden Fußballplätze sind bereits im Bau. Wenn alles fertig ist, will er auch den Nachwuchs von Hannover 96 zu sich nach Polen einladen. "Das wäre mein Traum", sagt er, "ich werde dem Verein auf jeden Fall eine Einladung schicken, dann könnte er mit seinen Jugendmannschaften für ein Trainingslager zu mir kommen. Das wäre eine große Ehre für mich."

Bevor Hannover aber zu ihm nach Polen kommt, plant Krzynowek eine Reise nach Hannover. "Die Stadt ist schön, und ich habe immer noch sehr viele Freunde dort", sagt er, "aber ich bin seit meinem Abschied 2010 nicht mehr dort gewesen." Krzynowek denkt darüber nach, im kommenden Sommer eine Rundreise durch Deutschland zu machen. Mit Stopps bei allen Klubs, für die er gespielt hat. Es würde ihn also von Nürnberg über Leverkusen und Wolfsburg bis nach Hannover führen. "Das wäre eine schöne Sache", sagt er. Bis es aber soweit ist, fiebert er aus der Ferne mit den Roten mit. "Im polnischen Fernsehen wird leider nicht so viel über Hannover berichtet", sagt Krzynowek, "aber ich hoffe sehr, dass der Verein in der Bundesliga bleibt und drücke fest die Daumen."
hop

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