NIEMALSALLEIN

Früherer 96-Präsident Fritz Willig wird 80

Am heutigen Mittwoch wird Fritz Willig 80 Jahre alt. In seiner Amtszeit als Präsident wurde Hannover 96 im Jahr 1992 als Zweitligist sensationell DFB-Pokalsieger. Zum Geburtstag porträtieren wir einen außergewöhnlichen Menschen, dem die Roten viel zu verdanken haben und der als Anwalt bundesweit Geschichte geschrieben hat.

/ Klub
Gute Freunde: Fritz Willig und 96-Geschäftsführer Martin Kind. Rechts: Fritz Willig und der Pokal. (Fotos: Imago/Rust)

Zuhause in vielen Rollen
Zwölf Bücher hat Fritz Willig selbst geschrieben – Krimis, autobiographische Werke, Kinderbücher und auch ein Buch über den Profifußball. Würde man über ihn ein Buch schreiben, dann würde das ein verdammt dicker Wälzer, vermutlich ein Mehrteiler, denn Willig war und ist ein Tausendsassa in vielen Rollen: einer der "prominentesten Anwälte, den Hannover in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat", wie die "HAZ" einmal schrieb. Ein exzellenter Jurist, ein leidenschaftlicher Boxer, ein Lebemann, Menschen- und Hundefreund, Kämpfer für Gerechtigkeit, Gründungsmitglied der Robert-Enke-Stiftung, Restaurantbesitzer, Gönner, Unterstützer von Menschen, die nicht auf der Sonnenseite stehen. Und natürlich: Der Präsident, in dessen Ära Hannover 96 DFB-Pokalsieger wurde. 

Klubchef von 1991 bis 1993
Willig und die Roten: Im Lebensgesamtwerk des heute 80-Jährigen wäre das angesichts der aufsehenerregenden Strafprozesse, mit denen der in Laatzen geborene und aufgewachsene Willig bundesweit bekannt wurde, nur ein kleineres Kapitel. Auf jeden Fall aber ist es eine Erfolgsgeschichte, die weit über seine Amtszeit als 96-Klubchef von 1991 bis 1993 hinausgeht. Denn Willig hat 96 vorher und nachher juristisch und finanziell unter die Arme gegriffen, er ist ein guter Freund von 96-Geschäftsführer Martin Kind und immer noch über alles bestens informiert, auch wenn er die Spiele nicht mehr im Stadion live verfolgt, weil ihn das, wie er mit einem Augenzwinkern sagt, "zu sehr aufregen würde".

Coup im Alten Rathaus
Es gibt viele bemerkenswerte Geschichten über Fritz Willig. Die Geschichte, wie er am 25. Oktober 1991 Präsident von Hannover 96 wurde, gehört dazu. Dabei spielte eine Herrentoilette im Alten Rathaus eine entscheidende Rolle, denn dort wurde Willig, damals 50 Jahre alt, überredet, das Amt beim wirtschaftlich kräftig ins Schlingern geratenen hannoverschen Fußball-Flaggschiff zu übernehmen. Willig hatte im ersten Wahlgang auf eine Kandidatur verzichtet. Doch weil es dort keine Mehrheit für einen Kandidaten gab, war guter Rat teuer. Was auf der Herrentoilette damals besprochen wurde, bleibt bis heute geheim, das Ergebnis ist bekannt: Willig kandidierte im zweiten Wahlgang, hielt eine typische Willig-Rede mit viel Humor und überzeugte die 242 stimmberechtigten Mitglieder, von denen 180 für ihn stimmten – im damals zerstrittenen Klub ein großer Vertrauensbeweis. "Das sensationelle Resultat der 96-Hauptversammlung: Willig stieg auf den Thron", titelte die "Neue Presse".

Glück im Pokal
Willigs zweijährige Präsidentschaft bei 96 verlief erfolgreich. Er brachte den verschuldeten Verein wieder auf Vordermann. Als er im Oktober 1993 bekannt gab, bei den Neuwahlen nicht mehr antreten zu wollen, hatte Willig 96 nicht nur stabilisiert, sondern auch entschuldet. Dank seiner guten Kontakte in die hannoversche Wirtschaft gewann 96 "Toto Lotto" als Trikotsponsor. "Pfundskerl Willig füttert die Vereinsbörse fett", schrieb damals die "Neue Presse".

"Es war auch viel Glück dabei, aber Glück braucht man halt im Leben", sagt Willig heute rückblickend. Glück, wie damals im DFB-Pokal. Fünf Tage war Willig gerade einmal 96-Präsident, als der Zweitligist seine Siegesserie im Pokalwettbewerb fortsetzte und durch ein 1:0 gegen den Karlsruher SC ins Halbfinale gegen Werder Bremen einzog.

Fritz Willig hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Rechts: Fritz Willig in seiner Amtszeit als 96-Präsident. (Fotos: Rust)

Im Ring und auf dem Rasen
"Vom Fußballspiel habe ich wenig Ahnung", hat Willig 1991 nach seiner Wahl gesagt. Das war natürlich ein Stück weit Koketterie, auch wenn der Boxsport für den Halbweltergewicht-Kämpfer, der einmal den deutschen Hochschulmeister im Schwergewicht "weggeputzt" hat, die große Leidenschaft war. Während seines Jura-Studiums hat Willig bei Preußen Münster gekickt, deshalb sollte sich niemand täuschen lassen: Willig versteht viel vom Fußball – und hat damals schnell gelernt, wie er mit Fußballprofis umgehen muss, wie die wunderbare Anekdote von 96-Torwartlegende Jörg Sievers eindrucksvoll unterstreicht. "Irgendwann kamen wir auf die Idee, dass man auch mal eine Prämie kriegen könnte, wenn man im Pokal gegen Bundesligisten spielt und am Ende auch noch gewinnt", erzählte Sievers über die Pokalsiegermannschaft von 1992. "So eine Prämie wollten wir aushandeln. Wir waren dann mit dem Mannschaftsrat bei Fritz Willig und haben unsere Vorstellungen vorgetragen. Er hat sich das alles angehört – und am Ende hat er dann bestimmt, was wir bekommen. Das war natürlich bei weitem nicht das, was wir uns vorgestellt hatten. Aber er war da klar und sagte: Wir haben nicht mehr und so viel gibt’s – fertig." Typisch Willig.

"Großes 96-Herz"
Wer etwas über den Menschen Willig erfahren will, der muss sich nur einige der vielen Glückwunsch-Botschaften durchlesen, die Willig nach seiner Amtsübernahme bei 96 bekam. "Lieber Fredy, mit Deinem Optimismus, Deiner Cleverness, Deiner Menschenkenntnis und Deiner freundlichen Ausstrahlung bist Du der Mann für das Machbare", schrieb beispielsweise Wolfgang Pautz von der Boxabteilung des PSV Hannover. "Große Belastungen und Schwierigkeiten kommen auf Dich zu – aber das war schon in der Vergangenheit so. Du hast gelernt, damit zu leben und immer alle Widrigkeiten aus dem Weg zu räumen", schrieb Dieter Haberkamp von der Schützenvereinigung Döhren, einer von vielen Vereinen, in denen Willig Mitglied war. Martin Kind, der das Amt des Vorstandsvorsitzenden vier Jahre nach Willig in ähnlich wirtschaftlich bedrohlicher Situation übernahm und 96 aus der 3. Liga in die Bundesliga führte, sagt heute über Willig: "Ich habe ihn als Anwalt, als Präsident und insbesondere als Freund kennen- und schätzengelernt. Er ist extrem zuverlässig – und hat ein großes Herz für 96."

Fritz Willig, geboren 1941 und aufgewachsen im rauen Alltag Nachkriegsdeutschlands, ist im Leben nichts geschenkt worden. Ins Klischeebild des Staranwalts mit feinem Anzug  oder des Paragraphenreiters passt er nicht. Willig ist ein Kämpfer, der Wunsch, Jurist zu werden, wurde von seinem Vater geweckt, selbst Jurist und Landgerichtsdirektor, dem er sein Buch "Mensch Fritze" gewidmet hat. Und von dem Wunsch, sich für andere einzusetzen.

Fritz Willig und der Pokal. Rechts: Ein Jurist mit Leidenschaft: Fritz Willig. (Fotos: Imago/Rust)

Brillanter Strafverteidiger
1967 gründete Willig seine Kanzlei, die heute zu den renommiertesten Rechtsberatungsadressen Niedersachsens zählt. Vor drei Jahren feierte er im kleinen Kreis sein 50-jähriges Anwaltsjubiläum. Pro Jahr hatte Willig rund 1000 Verfahren auf dem Tisch. Nebenbei schrieb er fleißig Bücher – und wurde, wie die HAZ in einem Porträt schrieb, selbst zu "einer der schillernden Persönlichkeiten der Stadt". Willig verteidigte 96-Trainer Helmut "Fiffi" Kronsbein, der seine Frau ermordet haben sollte und freigesprochen wurde. Er verteidigte die Sterbehilfe-Ärztin Mechthild Bach, Fußballspieler, Verkehrssünder, DDR-Agenten, Rockstars mit Drogenproblemen und, und, und. "Fritz Willig ist als Strafverteidiger brillant und der Beste, den ich kenne", sagt 96-Justiziar Reinhold Vogelsang, "zudem ist er ein verlässlicher Freund."

Helfen ohne Show
Arbeit war für Willig nie eine Last, sondern ein Stück Freiheit. Daran hat sich nichts geändert. "Meine Arbeit ist immer noch mein Hobby", sagt er. Obwohl er seine Kanzlei schon im Jahr 2000 abgegeben hat, sitzt er noch regelmäßig im Büro und übernimmt Fälle. Sein ganz privater Ruhepol im bewegten Leben ist seit mehr als vier Jahrzehnten Ehefrau Petra. Und hinter den Kulissen ist Willig weiter da, wenn er gebraucht wird. "Fritz Willig & Freunde" fördern und begleiten Projekte in der Kultur, im Sport und Vereinsleben und helfen Menschen, die in Not geraten sind, unmittelbar. Ohne Show und große Öffentlichkeit – aber mit beachtlichem Erfolg.

Hannover 96 gratuliert Fritz Willig herzlich zum 80. Geburtstag.
Heiko Rehberg

NEWSCENTER
RSS Feed
Fanartikel
Business
Arena
Datenschutz
Kontakt
Medien
Sitemap
Tickets
Navigation
Schließen