"Unglaublich, was gerade passiert"
Den Vizemeister Waldörfer SV: geschlagen. Den TV Jahn Delmenhorst, vor zwei Jahren noch in der zweiten Liga: geschlagen. Die Reserve des Zweitligisten SV Meppen: geschlagen. Die TSG 07 Burg Gretesch: geschlagen. Den hochgehandelten Hamburger SV: geschlagen. Mit fünf Siegen aus den ersten fünf Spielen haben die Fußballerinnen von Hannover 96 einen perfekten Saisonstart in der Regionalliga Nord hingelegt - und das als Aufsteigerinnen. "Es ist unglaublich, was gerade passiert", sagt Lars Gänsicke, der zusammen mit seinem Trainerkollegen Marcel Geisenhainer für die Roten verantwortlich ist. "Das haben wir so nicht erwartet." Was aber macht die Roten, die an diesem Sonntag (14 Uhr, 96-Akademie) den FC St. Pauli empfangen, derzeit so stark?
- Die Euphorie: "Wir werden momentan von einer Welle getragen", sagt Gänsicke. Erst der umjubelte Aufstieg in die Regionalliga, jetzt der Traumstart in die neue Saison - das setzt zusätzliche Kräfte frei, die den Unterschied ausmachen können. Denn: "In der Regionalliga ist das Niveau hoch, da kommt es auf Kleinigkeiten an." Diese Kleinigkeiten haben bislang stets den Ausschlag zu Gunsten der Roten gegeben. Aber: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass es in dieser engen Liga auch mal nicht so gut für uns laufen kann", mahnt Gänsicke.
- Die Effektivität: "In den vergangenen Spielzeiten sind wir häufig zu verschwenderisch mit unseren Torchancen umgegangen", sagt Geisenhainer. Nur ist das kaum ins Gewicht gefallen, weil sich die Roten stets auf ihre individuelle Klasse verlassen konnte. In der dritten Liga aber werden vergebene Möglichkeiten sehr viel schneller bestraft - umso erfreulicher, dass die 96-Stürmerinnen derzeit eiskalt vor dem gegnerischen Tor zuschlagen. "Wir sind extrem effektiv", sagt Gänsicke. Das gilt besonders für Torjägerin Anna-Lena Füllkrug, die bereits fünfmal getroffen hat und damit das teaminterne Ranking anführt.
- Der Ehrgeiz: Nach den ersten drei Spielen haben sich Mannschaft und Trainerteam zusammengesetzt und das Saisonziel definiert. Ergebnis: "Die Mannschaft traut sich einen Platz unter den Top drei zu", sagt Geisenhainer, "und wir als Trainerteam gehen diesen Weg zu hundert Prozent mit." Warum auch nicht? Die Roten haben an den ersten fünf Spieltagen beweisen, dass sie in der Regionalliga mithalten können. Und der ausgeprägte Ehrgeiz hat das Team bereits in den vergangenen Jahren zu Höchstleistungen getrieben.
- Der Spielplan: Von den ersten fünf Ligaspielen haben die Roten vier im eigenen Stadion ausgetragen. "Keine Ahnung, warum der Spielplan so ist wie er ist", sagt Gänsicke, "aber das ist definitiv ein Vorteil für uns gewesen." Auch, weil die Hannoveranerinnen im Gegensatz zu vielen anderen Teams auf Kunstrasen spielen - und mit dem ungewohnten Untergrund entsprechend besser vertraut sind. Kurios: Das nächste Ligaspiel gegen den FC St. Pauli findet ebenfalls in Hannover statt - diesmal allerdings nicht planmäßig. Beide Klubs haben aus organisatorischen Gründen das Heimrecht getauscht.
- Der Zusammenhalt: Die 96-Verantwortlichen setzen auf Kontinuität. Nach dem Aufstieg wurde die Mannschaft im Sommer nur punktuell verstärkt, der Kern aber ist zusammengeblieben. Das zahlt sich nun aus. Das Team wirkt eingespielter als andere zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison, das Miteinander auf und neben dem Platz funktioniert bestens. "Natürlich hätten wir auch viele erfahrene Spielerinnen holen können, die schon mal in der zweiten oder dritten Liga gespielt haben", sagt Geisenhainer, "aber wir verfolgen hier ein anderes Konzept, setzen auf junge Spielerinnen, die wir weiterentwickeln wollen."
Zwei Topspiele vor der Brust
Bislang ist der 96-Plan aufgegangen. Nun warten allerdings zwei richtige Kracher auf die Roten. Am Sonntag ist der Tabellendritte FC St. Pauli zu Gast in der Eilenriede, "eine schwer einzuschätzende Mannschaft, die extrem vom Fansupport getragen wird", so Gänsicke. Und zwei Wochen geht's zum Titelfavoriten und Tabellenführer SV Henstedt-Ulzburg, der ebenfalls noch keinen Punkt abgegeben hat. "Das ist eine extrem erfahrene Mannschaft, mit großen und kräftigen Spielerinnen", sagt Geisenhainer und fasst zusammen: "Die nächsten beiden Spiele sind eine echte Standortbestimmung für uns."
hop