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Trainieren, was sonst kürzertreten muss

Seit dem 12. März befinden sich die Fußballprofis von Hannover 96 in Quarantäne. Diese Ausnahmesituation stellt auch die drei Reha- und Athletiktrainer der Roten vor neue Herausforderungen. Im Gespräch mit hannover96.de sprechen sie über ihre Arbeit in schwierigen Zeiten, was sie den Spielern an "Hausaufgaben" mitgegeben haben und was ihnen derzeit fehlt.

/ Profis

Pläne auch in Englisch
Seit vergangenen Donnerstag gilt für die 96-Profis Trainingsplan 2. Dieser hat – logisch - Trainingsplan 1 abgelöst, den Tobias Stock nach der Entscheidung des Gesundheitsamtes, dass die Mannschaft für zwei Wochen in Quarantäne muss, in Windeseile erarbeitet hat. Stock hat die Pläne trotz der knappen Zeit mit großer Akribie ausgetüftelt. Bevor er sie an die Spieler schickt, übersetzt er die Pläne auch noch in englische Sprache, tauscht sich mit seinen Kollegen Timo Rosenberg und Dennis Fischer aus und stimmt die Übungen mit ihnen ab, bevor am Ende Cheftrainer Kenan Kocak dann grünes Licht gibt.

Improvisation ist gefragt
Stock, Rosenberg und Fischer, die drei Reha- und Athletiktrainer von Hannover 96, hätten sich eine Situation wie momentan vor ein paar Wochen nicht vorstellen können. Doch das Trio hat sich schnell auf sie eingestellt. "Wir versuchen, einfach das Beste aus der Situation zu machen", sagt Stock. Dabei ist auch Improvisationskunst gefordert. Seit vergangenen Montag hat jeder 96-Profi ein Spinning-Rad, auf dem er trainieren kann. Damit alle Spieler in diesen Genuss kommen konnten, organisierte Stock noch einige Leihräder, Pulsuhren und Mini-Bänder.

Besonderer Lieferservice
Nach einer gründlichen Desinfektion wurden die Räder zu den Spielern gebracht – und zwar nicht ins Haus oder in die Wohnung, sondern vor die Tür, um die Quarantänevorschriften zu beachten. "Wir haben dann geklingelt oder die Jungs angerufen, damit sie ihr Rad reinholen können", sagt Stock über den besonderen Lieferservice in Zeiten des Coronavirus. "Seitdem hoffe ich inständig, dass sich keiner der Jungs bei mir meldet und sagt: 'Mein Rad geht nicht mehr'." Bisher läuft es jedoch im wahrsten Sinne des Wortes rund.

Von der Küche zur Couch?
Zwei Einheiten absolvieren die 96-Spieler täglich. "Athletisch ist das eine große Herausforderung", sagt Stock, denn die Quarantäne setzt natürliche Bewegungsgrenzen. "Wendeläufe von der Küche zur Couch im Wohnzimmer sind nicht möglich", sagt Stock und muss dabei lachen. Trotzdem wird versucht, mit den Trainingsplänen alle Facetten, die für den Fußball wichtig sind, abzudecken. Liegestütze, sogenannte Squats, unterschiedliche Varianten von Skips, Wechsel- und Ausfallsprünge und, und, und – die Übungen sind vielfältig. "Es ist wichtig, den Spielern etwas an die Hand zu geben", sagt Dennis Fischer. "Aber sie sind Hochleistungssportler und wissen sehr genau, was ihnen gut tut."

Viele Trainingselemente
Ausdauer, Stabilisation, Reaktivkraft, Kraftausdauer und Schnelligkeit stehen auf den Trainingsplänen, Stock hat dafür Elemente aus "Crossfit", "Freeletics", "Tabata" und dem "High-Intensity-Interval-Training" (HIIT) eingebaut. Der Vorteil: Im athletischen Bereich kann trainiert werden, was sonst mit Rücksicht auf das Fußballtraining eher kürzertreten muss.

"Der Kick fehlt"
Das Ziel ist klar definiert: Nach zwei extremen Wochen ohne Ballarbeit auf dem Trainingsplatz sollen die Spieler trotzdem so fit wie möglich sein. Genau diese Arbeit auf dem Platz ist das, was nicht nur den Profis, sondern auch den drei Reha- und Athletiktrainern fehlt. "Mir fehlt der grüne Rasen", sagt Dennis Fischer. So geht es allen. "Wir bereiten die Spieler ja im Grunde auf den Wochenhöhepunkt vor, also das Spiel. Doch der Wettkampf, der besondere Kick fehlt", sagt Timo Rosenberg.

Mental stark bleiben
Fischer erzählt, dass ihn die ganze Situation nachdenklicher gemacht hat und er hofft, dass die Krise dazu führt, "dass wir alle in der Gesellschaft ein bisschen zurück zu den Wurzeln kehren". Für Rosenberg ist es in diesen Tagen "ungemein wichtig, auch mental fit zu bleiben. Ich lese Bücher von mental starken Sportlern, die nach ihrer Karriere berichten, wie sie bestimmte Situationen gemeistert haben", sagt er. Und alle Drei sagen unisono: "Mir fehlt die tägliche Arbeit mit den Jungs."
hr

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