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"Jetzt bin ich selbst einer der größten 96-Fans"

Drei Derbysiege feierte Sei Muroya in den fünf Jahren, in denen er das Trikot von Hannover 96 trug, ehe er im zurückliegenden Sommer in seine Heimat Japan zurückkehrte. Beim FC Tokyo hat sich der 31-jährige Rechtsverteidiger schnell wieder eingelebt. Im Interview spricht Muroya über besondere Derby-Erinnerungen, die Rückkehr zum richtigen Zeitpunkt, seinen Landsmann Hayate Matsuda – und darüber, wie er die 96-Spiele jede Woche verfolgt.

/ Klub
Sei Muroya feiert ein Tor in grün-schwarzem Trikot-
Sei Muroya spielte 5 Jahre für Hannover 96. (Foto: 96/Redaktion)

Nach fünf Jahren in Hannover bist Du zurück nach Japan gewechselt. Wie fühlt es sich an, wieder in Deinem Heimatland zu sein?

Muroya: Ich bin ja zurück zu meinem ehemaligen Klub, dem FC Tokio, gewechselt. Sie haben mich sehr positiv aufgenommen und mit offenen Armen empfangen. Es war ein sehr schönes Nachhausekommen.

Der Wechsel zurück nach Japan war ja vor allem eine Entscheidung, die Du für die Familie getroffen hast. Hat sich das, was Ihr Euch damit erhofft hattet, bestätigt?

Muroya: Ja, es war einfach der richtige Zeitpunkt. Mein Sohn ist jetzt sechs Jahre alt. In Hannover war er im Kindergarten, jetzt ist er hier in die Grundschule gekommen. Von daher hat es sehr gut gepasst und es war insgesamt ein gutes Timing. Aber es gibt eine Sache, die schwierig ist. (lacht)

Welche Sache ist das?

Muroya: In Hannover hatten wir ein sehr schönes Haus, etwas außerhalb. Der Immobilienmarkt hier in Tokio ist natürlich etwas anders. Es ist echt schwierig, etwas Passendes zu finden – in der bisherigen Größe fast unmöglich. Das ist also eine kleine Schwierigkeit. Aber insgesamt sind wir echt glücklich, weil der Zeitpunkt jetzt wirklich der richtige war.

Sei Muroya mit dem Ball am Fuß.
Sportlich brauchte Sei Muroya keine lange Eingewöhnungszeit beim FC Tokyo. (Foto: IMAGO/AFLOSPORT)

Sportlich stand der FC Tokyo nicht so gut da, als Du zurückgewechselt bist …

Muroya: Ja, wir standen relativ weit unten in der Tabelle, aber Stück für Stück haben wir uns stabilisiert und nach oben gearbeitet. Jetzt haben wir 42 Punkte, und damit sollte der Klassenerhalt sichergestellt sein. Also können wir den Blick auf die kommende Saison richten. Für mich ist es einfach schön, hier bei diesem Klub noch einmal helfen zu können. Wenn alles normal läuft, sollten wir eigentlich zu den Teams gehören, die noch etwas weiter oben in der Tabelle stehen. Das ist sicherlich etwas, was wir in der kommenden Saison vorhaben.

Ist der FC Tokio eigentlich der größte Klub in Tokio?

Sei Muroya: Ja, es ist der größte Klub der Stadt. Aber nicht der einzige Klub aus Tokio in der ersten Liga. Wir hatten also auch ein Derby – und das haben wir im September gegen Tokyo Verdy mit 1:0 gewonnen. Wir sind also Derbysieger.

Herzlichen Glückwunsch! Dann lass uns doch jetzt mal auf Hannover 96 zu sprechen kommen. Du bist ja nicht nur Derbysieger in Tokio, sondern warst auch bei drei Derbysiegen Teil von Hannover 96 – wie fühlt es sich denn an, das Derby hier in Niedersachsen zu gewinnen?

Sei Muroya: Das war ein verrücktes Gefühl. Unglaublich. Ich werde diese Art von Gefühlen niemals vergessen. Es gibt in Hannover und rund um den Klub so viele Leute, die sich einfach so sehr wünschen, dieses Derby zu gewinnen. Und wenn es dann gelingt, fühlt es sich einfach nur unglaublich an.

Was macht dieses Derby für Dich aus?

Sei Muroya: Natürlich werden diese Spiele von einer besonderen Atmosphäre umgeben. Dazu zähle ich zum Beispiel auch die Trainingseinheiten, bei denen Fans noch einmal zugeschaut und uns supportet haben. So etwas habe ich nur bei Hannover 96 erlebt. Eine besondere Erinnerung ist natürlich auch, als wir während der Corona-Zeit das Spiel gewonnen haben und dann mit den Fans danach gemeinsam gefeiert haben. Wir waren damals außerhalb des Stadions und haben zusammen gefeiert. Das werde ich sicherlich niemals vergessen.

Was braucht es auf dem Platz, um dieses Spiel für sich zu entscheiden?

Sei Muroya: Es ist ein besonderes Spiel, keine Frage. Natürlich hat man eine gewisse Nervosität. Es ist auch ein gewisser Druck vorhanden, weil dieses Spiel eben eine große Bedeutung für viele Menschen hat. Aber ich finde, es geht darum, das zu akzeptieren, damit umzugehen und es in etwas Positives umzuwandeln. Man muss einfach Spaß daran haben, dieses Spiel zu spielen. Das ist der Schlüssel aus meiner Sicht.

Wie sehr verfolgst Du die Ergebnisse von Hannover 96 in dieser Saison?

Sei Muroya: In jeder Woche.

Sei Muroya in Nahaufnahme mit grün-schwarzem Trikot.
Mit der Binde am Arm: Muroya im Testspiel gegen Ajax Amsterdam. (Foto: 96/Redaktion)

Hast Du Dir auch die Spiele angeschaut?

Muroya: Es ist hier tatsächlich schwierig, die kompletten 90 Minuten zu sehen. Die 2. Liga wird in Japan nicht live übertragen. Und dann kommt auch die Zeitverschiebung noch dazu. Aber ich habe mir von jedem einzelnen Spiel aus dieser Saison die Highlights angeschaut. Besonders glücklich hat mich natürlich gemacht, dass Hayate (Matsuda, Anm. d. Red.) schon drei Tore geschossen hat. 

Er hat immer betont, dass er sehr glücklich war, dass er, als er aus Japan nach Hannover kam, dort jemanden angetroffen hat, der denselben Weg vorher gegangen war – nämlich Dich. Kann man sagen, Du warst eine Art Mentor oder vielleicht ein großer Bruder für ihn?

Muroya: Ja, das kann man schon sagen. Wir sind natürlich auch noch in Kontakt. Er hat eine verrückte Entwicklung hingelegt und macht einen wirklich guten Job.

Was erzählt er Dir so, wenn Ihr sprecht?

Muroya: Ich erinnere mich noch daran, als er kurz vor der Saison berichtet hat, vielleicht Teil der Startelf im abschließenden Testspiel zu werden. Ich habe ihm dann gesagt, er soll nicht nervös sein – er soll einfach sein Spiel spielen und Spaß haben. Ich wusste immer, dass er wirklich Qualität hat. Ich freue mich sehr, dass es für ihn so gut gelaufen ist – aber nicht nur für Hayate.

An wen denkst Du?

Muroya: Unsere Jugendspieler haben einen unglaublichen Weg hingelegt.

Du meinst Husseyn Chakroun und Noel Aseko?

Muroya: Ich habe mit ihnen ja viel trainiert. Ich freue mich sehr, dass sie es geschafft haben, sich für das erste Team zu empfehlen und durchzusetzen. Sie machen einen wirklich guten Job – das freut mich total für sie.

Kennst Du eigentlich auch Daisuke Yokota, Deinen zweiten Landsmann bei Hannover 96?

Muroya: Ich habe bisher erst einmal Kontakt zu ihm gehabt. Das war in der letzten Saison, als wir gegen Kaiserslautern gespielt haben, wo er ja damals unter Vertrag stand. Nach dem Spiel haben wir miteinander gesprochen. Er ist auch ein sehr talentierter Spieler. Bisher kam er ja häufig von der Bank, und man hat gesehen, dass er seine Stärken auch dann für die Mannschaft einbringen konnte.

Wie ist es für einen Rechtsverteidiger, wenn Du zunächst 60 Minuten lang gegen einen Spieler spielst wie Jannik Rochelt, der viele intensive Läufe und Sprints anzieht – und dann kommt ein Tempodribbler wie Daisuke Yokota oder Husseyn Chakroun für ihn rein?

Muroya: Das ist relativ einfach gesagt: So etwas ist wirklich ein Albtraum für einen Verteidiger. Es ist schon gut, wenn man solche Joker hat.

Sei Muroya mit dem Ball unter dem rechten Arm.
Muroya gewann in seiner Zeit bei 96 drei Derbys. (Foto: 96/Redaktion)

Abschließend: Was wünschst Du den Spielern und auch den Fans von Hannover 96 für das Derby am Sonntag?

Sei Muroya: Ich wünsche mir einfach, dass die Jungs das Spiel gewinnen. Jetzt schaue ich selbst von außen zu – jetzt bin ich selbst einer der größten Fans von Hannover 96. Ich möchte einfach nur, dass sie das Spiel gewinnen. Die Details interessieren mich nicht besonders – ich möchte einfach nur drei Punkte für 96 sehen. Und ich denke, das ist das, was sich jeder wünscht.
hec

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