Dass Dieter Hecking seinem Kapitän zur Seite springt, ist selbstverständlich. Torwart Robert Enke hat sich die linke Hand gebrochen. Er fällt drei Monate aus. Enke muss nun lesen, sehen und hören, wie René Adler in der öffentlichen Wahrnehmung als „Bundes-Adler“ abhebt. Aber auch im Interesse der neuen deutschen Nummer eins bremst Hecking die Euphorie: „Der Adler-Hype ist zu groß.“

„Adler gehört zu den besten Torhütern Deutschlands“, betonte Hecking. „Aber in der Beurteilung des Russland-Spiels wird er viel zu positiv bewertet. Das ist auch für Adler selbst gefährlich.“ Sollte dem Leverkusener nun ein schwerer Fehler unterlaufen, „dann wundern sich plötzlich alle“. Bundestrainer Joachim Löw und Nationalspieler lobten seinen Auftritt beim 2:1 gegen Russland so, als seien sie alle Zeugen eines Torwart-Wunders geworden. „Dabei hat er ein ganz normales Spiel gemacht“, fand Hecking.

Der Kampf um die Nummer eins im deutschen Tor sei nicht entschieden, meinte auch Peter Neururer. Heckings Vorgänger bei 96 vertrat in der DSF-Doppelpass-Runde als Einziger die Meinung, man solle die Entwicklung im deutschen Tor abwarten, bis Enke zurückkomme. Neururer warf die Erfahrung des 96-Torhüters in die Waagschale. Aber wie schwer wiegt Enkes Konstanz gegenüber Adlers spektakulärem Flugstil? Der 96-Kapitän will seinen Körper täglich in der AWD-Arena fithalten, bis die Hand wieder zum Torhüten taugt. Enke besucht heute Freunde in Mönchengladbach, am Abend gehts zum Länderspiel in den Borussia-Park gegen Wales.

Wäre es nicht besser, Enke würde sich die Adler-Euphorie vor Ort ersparen, ein paar Tage ausspannen? „Nein“, sagte Hecking. „Es ist das Beste, wenn er hier bei der Mannschaft ist und das Ganze hier verarbeitet.“ Hier wissen sie schließlich, was Enke kann.

VON DIRK TIETENBERG