NIEMALSALLEIN

 

In diesem Moment, in dem Mitte der 1. Halbzeit alles zusammenzukommen schien, zweifelte wohl keiner der 31 127 Zuschauer mehr daran: Ja, das war’s dann wohl! Gerade hatte Martin Lanig den VfB Stuttgart mit 2:0 in Führung geschossen (22. Minute); Hannover 96 muss, so schien es, nach der Pleite in Cottbus den nächsten Tiefschlag verkraften. Von wegen Wiedergutmachung für das unsägliche 1:3 in der Lausitz, wie es Dieter Hecking gefordert hatte – altes Lied, altes Leid mit abzusehenden tabellarischen Konsequenzen und neuerlichem akuten Gefährdungspotenzial für den Trainer?!

Dass am Ende ein 3:3 auf der Anzeigetafel der AWD-Arena stehen würde und 96 für ein paar Minuten sogar den Sieg in der Hand hatte, ehe Thomas Hitzlsperger (87.) noch der dritte Treffer für den VfB gelang, darauf hätte zu diesem Zeitpunkt wohl niemand im Stadion eine Wette abgeschlossen. Trotzdem: So richtig glücklich war hinterher auch keiner, weder aufseiten der Hannoveraner noch der Stuttgarter. Unentschieden wie das Ergebnis: Das war der Tenor nach einem Spiel mit vielen Toren und viel Dramatik, aber nur wenigen klaren Antworten. Die eine davon kam von höchster 96-Stelle und fiel nicht unbedingt überraschend aus. Klubchef Martin Kind erneuerte unmittelbar nach Spielende die Arbeitsplatzgarantie für Hecking. Man habe gesehen, dass der Trainer die Mannschaft erreiche, sagte er. „Er hat mein volles Vertrauen.“ Auch von 96-Führungsspielern gab es in dieser Hinsicht deutliche Aussagen, nachdem zuvor darüber gemutmaßt worden war, Heckings Reputation im Team habe merklich gelitten. „Eine Mannschaft, die nicht hinter dem Trainer steht, hätte sich heute abschlachten lassen“, sagte Christian Schulz.

Das 3:3 als kollektive Demonstration für den in die Kritik geratenen Hecking? Auf jeden Fall muss man den meisten im 96-Team zugestehen, dass sie Entschlossenheit an den Tag legten und sich nach dem schnellen Zwei-Tore-Rückstand nicht auf ähnliche Weise ergaben wie sechs Tage zuvor in Cottbus. Aber das waren sich die 96-Profis auch selbst schuldig, um in der Öffentlichkeit nicht noch weiter an Kredit zu verlieren. Schon zur Pause war beim 2:2 nach den Treffern von Jiri Stajner (43.) und Jacek Krzynowek (45.) wieder alles offen – auch deshalb, weil Hecking einen bemerkenswerten Spielerwechsel vorgenommen hatte, nach dem manches besser wurde.

Bereits nach einer guten halben Stunde war die Zeit für Mario Eggimann abgelaufen. Der Innenverteidiger, dessen Schwächen im Stellungsspiel und Schnelligkeitsnachteile unübersehbar waren, hatte am ersten Stuttgarter Tor durch Mario Gomez (7.) ebenso seinen Anteil wie am Treffer von Lanig. Dass Hecking die Herausnahme des Schweizers nicht leichtfiel, räumte er später unumwunden ein. „Schade, dass ich diesen Wechsel vornehmen musste“, sagte der Trainer. „Aber letztendlich ist der Erfolg der Mannschaft entscheidend.“

Wie man es besser macht, zeigte anschließend Christian Schulz anstelle von Eggimann. Einer ordentlichen Leistung auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld ließ der 25-Jährige eine Klassevorstellung in der zentralen Abwehr folgen. Schulz spielte als vermeintlicher „Notnagel“ so überzeugend, dass Hecking keine großen Überlegungen mehr anstellen muss, wenn er an der Aufstellung für das kommende Spiel in Mönchengladbach bastelt.

Auch Mikael Forssell, der mit dem Treffer zum 3:2 (85.) endlich wieder ein persönliches Erfolgserlebnis hatte und den lust- und hilflos wirkenden Mike Hanke klar in den Schatten stellte, empfahl sich wärmstens für den kommenden Sonnabend. Wie wichtig die Routine eines Michael Tarnat für 96 in der derzeitigen Situation sein kann, war eine weitere Erkenntnis des Stuttgart-Spiels. Das Privatduell der 39-Jährigen mit Jens Lehmann bei Eckbällen und Freistößen ging klar an ihn und war mit ausschlaggebend für das wichtige 1:2 durch Stajner. „Wir haben eine tolle Moral gezeigt“, sagte Tarnat. Das reichte am Sonnabend zu einem Punkt gegen einen VfB, der sich nach dem 2:0 seiner Sache wohl schon zu sicher war. Doch richtig vorangebracht hat es 96 auch nicht, wie der Blick auf die Tabelle zeigt.

Vor 96 liegen aufregende Wochen. Das 3:3 gegen Stuttgart taugt als Beruhigungspille. Der eigentliche Befreiungsschlag steht noch aus.

VON NORBERT FETTBACK

 

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