NIEMALSALLEIN

 

Ohne die schwarze Mütze geht es nicht mehr. Selbst als sich am Wochenende die Sonne tagsüber ausnahmsweise mal in den Gurktaler Alpen versteckt zu haben scheint, hat Dieter Hecking auf dem Trainingsplatz seine Kopfbedeckung mit dem 96-Logo vorne drauf aufgesetzt, die in Bad Kleinkirchheim eine Art Markenzeichen des Trainers geworden ist. Was vordergründig gegen Sonnenbrand schützen soll, ist Teil eines größeren Bildes, wenn man sich die vergangenen Monate noch einmal vor Augen ruft.

Hecking im Juli 2009 – der Mann mit der Mütze. Als die Bundesliga auf die Zielgerade der Saison 2008/2009 eingebogen war, da machte der Trainer ganz andere Erfahrungen mit Kopfbedeckungen. Beim letzten Punktspiel in Bielefeld warfen ihm erboste 96-Fans Hüte hinterher als Ausdruck ihrer Überzeugung, der Trainer solle sich endlich vom Hof machen. Und in vielen Spielen zuvor – speziell dann, wenn die Hannoveraner auswärts wieder mal brav die Punkte abgeliefert hatten – schien es, der 44-Jährige könnte gut einen Stahlhelm gebrauchen, um der geharnischten öffentlichen Kritik zu widerstehen, die immer wieder auf ihn einprasselte. Hecking ist gebürtiger Westfale, und dieser Menschenschlag kann ganz schön dickköpfig sein. Vielleicht hat ihm das ebenso geholfen wie die Rückendeckung von 96-Klubchef Martin Kind, diese Zeit zu überstehen, in der er sich nicht unbedingt neue Freunde gemacht hat.

Pluspunkte in der öffentlichen Reputation kamen auch nicht hinzu, im Gegenteil. Heckings Abwehrkämpfe gegen seine Kritiker, wozu auch eigene Spieler gehörten, wirkten mitunter ähnlich hilflos und wenig souverän wie die Versuche der 96-Verteidiger auf dem Platz, die Flut der Gegentore einzudämmen. So, als sei ihm manches über den Kopf gewachsen, auch weil es in dieser Zeit bei 96 keinen Sportdirektor gab.

Jetzt also trägt der Trainer eine Mütze – was man auch so sehen könnte: Er hat den Hut wieder auf, der schon am Boden lag. Wer im Trainingslager in Kärnten genauer hinschaut und sich ein wenig umhört, der kommt zu dem Schluss, dass hier ein Neuanfang versucht wird – sowohl aus Sicht von Hecking als auch von der Mannschaft, die bereit ist, seinen Anweisungen zu folgen und die Ärmel hochzukrempeln. "Er gibt uns klar zu verstehen, wo es langgeht", sagt Arnold Bruggink, der neue 96-Vizekapitän. "Er hat gelernt aus dem letzten Jahr." Torwart Robert Enke sind die "klaren Vorstellungen und Worte" des Trainers nicht entgangen. Und er meint: "Dieter Hecking macht einen sehr aufgeräumten Eindruck." Mike Hanke, der vor nicht allzu langer Zeit über einen "dicken Hals" klagte, weil er sich von Hecking ungerecht behandelt fühlte, sagt: "Der Trainer wirkt auf die Mannschaft sehr entspannt, aber auch sehr zielstrebig. In der neuen Saison kann bei uns richtig was gehen." Jiri Stajner ist aufgefallen: "Er lobt mehr. Das hat er sich wohl vorgenommen." Und Christian Schulz, vorige Woche durch seine Mitspieler in den neuen Mannschaftsrat befördert, meint: "Der Trainer sorgt für neue Ideen und neuen Elan." Bei derart gehäufter Wertschätzung kann man fast meinen, es geht zu harmonisch zu im 96-Trainingslager. Doch da gibt es auch diese Szenen zu beobachten: Hecking unterbricht das Training und nimmt sich Jacek Krzynowek und Konstantin Rausch lautstark zur Brust, denen beim Üben des neuen 4–4–2-Spielsystems ein Patzer unterlaufen ist. Und Jan Rosenthal, der seinen Unmut über ein schlechtes Zuspiel artikuliert, bekommt vom Trainer später zu hören: "Diskutieren können wir in der Pause oder nachher!"

Nicht selten sieht man Hecking in Bad Kleinkirchheim mit Jörg Schmadtke auf dem Platz zusammenstehen, während die Mannschaft im lockeren Trab zum Trainingsschluss ihre Runden dreht. Minutenlang stecken beide die Köpfe zusammen und reden. Dass auch der neue Sportdirektor ein Käppi trägt, mag Zufall sein, aber das symbolisiert auch Gemeinsamkeiten im Denken und im Bewerten bestimmter Situationen. Dass Hecking zugleich sagt, dass er trotz der Veränderungen, die er jetzt mit in die Wege geleitet hat, sich als Trainer nicht grundlegend ändern werde, deutet die Grenzen des Miteinanders an. Der 44-Jährige weiß aber auch: Es wird nicht immer eitel Sonnenschein herrschen – so wie am Sonnabend in Bad Kleinkirchheim, als es stundenlang wie aus Kübeln schüttete. Dann können auch seine Kritiker wieder Oberwasser gewinnen. Bekommt 96 in der Bundesliga ein paar Mal böse auf die Mütze, wird man sehen, ob die Kärntner Aufbruchstimmung das 96-Klima dauerhaft positiv beeinflussen kann.

 

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