NIEMALSALLEIN

Aus aktuellem Anlass wollen wir noch einmal auf das inhaltlich lesenswerte Interview unseres ehemaligen Spielers Per Mertesacker eingehen, das er kürzlich dem Nachrichtenmagazin "Spiegel online" gegeben hat und ihm an dieser Stelle unseren Respekt für seine offenen Worte zollen.

/ Profis, Klub

Offene Worte vor dem Karriereende
Druck ist allgegenwärtig - nicht nur im Fußball. Aber gerade in der Branche mit gewaltiger medialer Aufmerksamkeit und hohen Summen, was Gehalt und Transfers angeht, müssen die Akteure diesem möglichst standhalten. Die Erwartungshaltung ist groß, die Angst, Fehler auf dem Platz zu begehen offenbar ebenfalls. Einer, der kurz vor seinem Karriereende darüber spricht, wie es einem dabei ergehen kann, ist Per Mertesacker. Der einstige 96-Profi, der für die Roten 82 Pflichtspiele absolvierte, und aus der eigenen Jugend den Sprung in die Bundesliga und später auch in die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft schaffte, äußert sich in diesen Tagen offen und ehrlich über den psychischen Druck, über den viele Sportlerinnen und Sportler nur ungern sprechen, sondern lieber schweigen - aus Angst vor den Folgen.

Mertesackers Gedanken zu Robert Enke
Als ehemaliger Teamkollege unseres verstorbenen Torhüters Robert Enke, der sich im November 2009 das Leben nahm, und im Laufe seiner Karriere immer wieder an Depressionen litt, hat Mertesacker seine ganz eigene Sicht auf das Geschäft und belastende Situationen. Er, der mit dem 96-Torhüter gut befreundet war und der an seinem achten Todestag in einem Blogbeitrag auf der Seite der Robert-Enke-Stiftung auf ein Thema einging, welches im Nachhinein augenscheinlich nicht nur ihn beschäftigte und beschäftigt: Angst. Mit den Worten "Er schenkte mir sein Vertrauen. So half er mir entschieden, dass ich mich als junger Verteidiger entwickelte.

Allein der Gedanke: Hab keine Angst, wenn du mal eine gegnerische Flanke nicht klärst – Robert ist da", beschrieb der Innenverteidiger, der heute beim FC Arsenal kickt, das, was außer allen spielerischen Argumenten auf dem Platz untereinander ebenso wichtig ist wie Passquote, Ballbesitz und Toreffizienz: Vertrauen. Vertrauen, das einem helfen kann, diesem Druck auszuhalten und einen Freund, dem man sich in schweren Zeiten offenbaren kann. Auch heute noch ist es für viele schwer, über Depressionen und Druck zu sprechen - und das nicht nur innerhalb des Leistungssports, sondern auch außerhalb.

"Umso heftiger traf mich die Nachricht von seinem Tod. Wie war es möglich, dass dieser ausgeglichene, reflektierte Freund offenbar auch so krank gewesen war, dass er sich selbst das Leben nahm? Wie war es möglich, dass ich davon nichts mitbekommen hatte? Und natürlich schmerzte auch die Frage: Warum hatte er mir nie von seinen Depressionen berichtet, wir waren doch Freunde, die sich, wie man so sagt, alles erzählten", beschreibt Mertesacker in jenem Blockbeitrag seine Gedanken. Er hat es getan, hat seine Erlebnisse und Erfahrungen ein halbes Jahr später in einem Interview zu Papier gebracht - alles, was ihn in seiner Karriere begleitet und belastet hat - und dafür gehört ihm unser aller Respekt.

"Dass es null mehr um Spaß geht..."
Doch das allein reicht nicht aus. Wir brauchen ein Bewusstsein in unserer Gesellschaft, um in Zukunft ein besseres Verständnis und eine größere Akzeptanz für diese Themen zu schaffen. Und deshalb sind Pers Worte umso wichtiger. Ob Profifußball oder Arbeitswelt: "Denn klar, irgendwann realisierst du, dass das alles eine Belastung ist, körperlich und mental, die es auch erst mal zu verarbeiten, wegzustecken gilt. Dass es null mehr um Spaß geht, sondern dass du abliefern musst, ohne Wenn und Aber. Selbst wenn du verletzt bist." - gibt Mertesacker über den stetigen Druck im Fußballgeschäft zu Protokoll (Spiegel-online-Interview vom 10. März 2018).

Robert-Enke-Stiftung leistet Aufklärung - 96 unterstützt
Anlaufstelle - nicht nur für Profisportler - ist unter anderem die Robert-Enke-Stiftung, die sich in Kooperation mit dem Bundesministerium für Gesundheit sowie dem Deutschen Fußballbund, dem Ligaverband und Hannover 96 für die Aufklärung, Erforschung und Behandlung von Depressionen einsetzt. In dieser leisten die Roten auch weiterhin ihren Beitrag. Zum Beispiel: Der Erwerb der Bayern-Karten für das Heimspiel war mit einer  besonderen Aktion verbunden. Die Tickets für das Duell mit dem deutschen Rekordmeister haben einen Euro mehr als üblich gekostet - diese Mehrerlöse werden eins zu eins an die Robert-Enke-Stiftung gespendet. Zum anderen wird die Zusammenarbeit künftig noch nachhaltiger. In alle neuen Spielerverträge der 96-Profis wird von nun an ein Passus eingearbeitet, laut dem ab 2020 ein bestimmter Prozentsatz des Gehaltes an die Stiftung fließt. So werden auch folgende Spielergenerationen für ein Thema sensibilisiert, das ein Teil unserer Gesellschaft ist und auch vor dem Profisport nicht haltmacht. Das hat die Tragödie um unseren ehemaligen Kapitän und Nationaltorwart Robert Enke schmerzlich vor Augen geführt. Auch Per Mertesacker.

Jeder Einzelne, der sich in diesen Tagen mit dem von Per Mertesacker in die Öffentlichkeit getragenen Aussagen auseinandersetzt, sollte sich noch einmal das Zitat des ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger in Erinnerungen rufen: "Fußball ist nicht alles." Gerade weil er uns am Herzen liegt, so hat gegenseitiger Respekt jenseits jeglicher diskutabler Themen noch immer nicht an Wert verloren - nicht auf dem Platz, auf den Rängen und nicht in den sozialen Netzwerken.
nr

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