Michael, die "Bild"-Zeitung hat Dich vor Deinem geplanten Einsatz am Freitagabend im Heimspiel gegen Sandhausen einen "Frust-Profi" genannt. Bist Du einer?
Michael Esser (31): Wer mich die vergangenen Wochen im Training gesehen hat, der weiß, dass ich weit davon weg bin, ein Frust-Profi zu sein. Es ist natürlich immer ärgerlich, wenn es mal für einen persönlich nicht so gut läuft, aber ich habe mich nie hängen lassen und freue mich auf Freitag, ein hoffentlich gutes Spiel von uns und dass wir das erste Mal in dieser Saison zu Hause drei Punkte holen.
Ist diese Trainingswoche für Dich eine andere als davor, weil Du das erste Mal in dieser Saison weißt, dass Du am Freitag zwischen den Pfosten stehen wirst?
Esser: Natürlich geht man anders ins Training rein. Es sind vielleicht ein, zwei Prozent im Kopf, die anders sind. Man hinterfragt sich noch mal ein Stückweit, ob man etwas anders machen muss oder soll. Aber: Ich bin jetzt schon ein bisschen dabei, und es bringt mich nicht aus der Ruhe, dass ich Freitag spielen soll.
Es ist für Dich eine Premiere – die erste Zweitligapartie für 96.
Esser: Genau. Ich habe mit dem VfL Bochum schon ein paar Zweitligaspiele gemacht – und jetzt mein erstes Zweitligaspiel mit 96.
Bist Du als Torwart schon einmal Sandhausen auf dem Platz begegnet?
Esser: Ja, mit Bochum. Ich kann mich speziell an ein Spiel erinnern, da bin ich reingekommen, habe einen Elfmeter gehalten, und mit dem Schlusspfiff haben wir trotzdem noch das 1:2 kassiert. Das war unglücklich. Deswegen habe ich gegen Sandhausen noch ein bisschen was gutzumachen.
Wie groß war Deine Enttäuschung, nach einer persönlich starken Saison in der neuen Spielzeit nur die Nummer 2 im Tor zu sein bei Hannover 96?
Esser: Die war extrem groß, aber wie das im Fußball halt ist: Man kann sich für eine solche Saison nichts kaufen. Man muss weitermachen, und dann kommt irgendwann das Glück zurück. Eine Saison ist lang, und mal sehen, was noch passiert. Man sieht ja jetzt: Jeder Spieler, auch der zweite Torwart, wird gebraucht.
Die "Bild"-Zeitung hat Dich den besten zweiten Torwart der zweiten Liga genannt. Wie siehst Du Deine Perspektiven?
Esser: Danke für das Kompliment, aber so etwas will man eigentlich nicht hören. (lacht) Ich werde hier bis zuletzt alles geben, aber natürlich möchte ich mein Torwartleben nicht auf der Bank verbringen, sondern spielen. Ich schaue erst einmal, was noch passiert im Winter oder am Ende der Saison – und selbstverständlich auch, was 96 vorhat.
Wie hast Du die letzten Minuten beim 3:3 in Karlsruhe von draußen empfunden?
Esser: Das war kurios. Als wir das 3:2 gemacht haben, da haben alle gedacht: Jetzt nehmen wir den Dreier doch noch mit. Und dann kommt plötzlich eines zum anderen, wir kriegen noch das 3:3 und Ron fliegt vom Platz, obwohl das keine Absicht war. Ich hatte die Tapes schon abgemacht, weil wir schon dreimal gewechselt hatten ...
Deshalb musste ein Feldspieler ins Tor.
Esser: Ja, Wahnsinn, ich dachte im ersten Moment, dass wir das Spiel wahrscheinlich noch verlieren, aber zum Glück hat der Schiedsrichter schnell abgepfiffen. Ich hätte meinen Mannschaftskollegen schon gern noch einmal im Einsatz gesehen. (lacht)
Hattest Du Josip Elez als Torwart auf dem Zettel?
Esser: In so einer Situation muss entweder ein total Verrückter ins Tor, dann wäre es "Baka" (Marvin Bakalorz, d. Red.) gewesen. Oder einer, der mit seiner Cleverness und Coolness das Ding rockt, und da war dann Josip schon der richtige Kandidat, der die Handschuhe von Ron genommen und gesagt hat: "'Baka, ich geh' ins Tor."
Hättest Du Dir Sorgen gemacht, wenn noch ein Ball aufs Tor gekommen wäre?
Esser: Es ist schon schwierig, wenn man als Feldspieler aus der kalten Hose ins Tor muss. Im Training ist mir Josip noch nicht als Torwart aufgefallen, da war es immer "Baka", der mal reingegangen ist, aber vielleicht ist Josip ja auch ein guter Torwart.
Klappt es am Freitag endlich mit dem Heimsieg, den sich alle bei und rund um Hannover 96 so sehr wünschen?
Esser: Sandhausen ist gut gestartet, spielt aber nicht mehr so überzeugend wie zum Anfang der Saison. Wir haben uns in den vergangenen Spielen immer gesteigert. Alle brennen darauf, unseren Fans zu zeigen, dass wir auch Heimspiele gewinnen können. Dafür werden wir alles geben.
hr