NIEMALSALLEIN

Der mit dem Ball zaubert

Josip Skoblar – dieser Name sorgt bei älteren Fußballfans von Hannover 96 immer noch für leuchtende Augen: Am Freitag feierte der in Privlaka in Jugoslawien geborene Skoblar seinen 80. Geburtstag – und hat uns eines seiner seltenen Interviews gegeben. Porträt eines Ballzauberers aus den Sechzigerjahren.

/ Klub
Josip Skoblar 1967 im Niedersachsen-Stadion (links), zwei Jahre später im Heimspiel gegen Werder Bremen (rechts) und beim Besuch der 96-Fußballschule 2017 in Kroatien (eingeklinkt). Fotos: 96 und Imago/Kicker/Metelmann

Umweg über Marseille
Zu den Roten gelangte Skoblar, der bei OFK Belgrad zum jugoslawischen Nationalspieler und WM-Teilnehmer 1962 in Chile wurde, über Umwege. Eigentlich sollte er zur Saison 1966/67 zu Hannover 96 wechseln. Da es aber Probleme mit der fristgerechten Registrierung seines Vertrages beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) gab, lieh 96 Skoblar zunächst an den französischen Klub Olympique Marseille aus. Dort kam er auf 13 Toren in 15 Erstligaeinsätzen und kehrte zur Saison 1967/68 dann endlich "richtig" nach Hannover zurück.

Erinnerungen ans alte Team
Bei 96 verständigte sich Skoblar mit dem damaligen 96-Trainer Horst Buhtz, der einst in Turin gespielt hatte, auf Italienisch, in der Mannschaft hatte er zudem seinen Landsmann Stefan Bena als Mitspieler. "Ich kann mich noch an das tolle Team erinnern. Horst Podlasly war ein klasse Torwart, Jürgen Bandura und Jupp Hellingrath räumten in der Abwehr ab. Hans Siemensmeyer sorgte im Mittelfeld für viel Schwung. Jupp Heynckes und ich sollten für viele Tore sorgen", erzählt Skoblar rückblickend. "Zu Beginn der Saison waren wir sogar als Titelaspirant gehandelt worden und starteten auch gut in die Saison, aber dann lief es nicht mehr rund."

Debüt gegen Köln
Sein Bundesligadebüt für 96 gab Skoblar am  19. August 1967 beim 3:0-Heimsieg über den 1. FC Köln, sein erstes Tor in der Bundesliga erzielte er am 2. September beim 2:2 gegen Borussia Dortmund. "Nachdem ich im EM-Qualifikationsspiel in Hamburg gegen Deutschland nach einer Unsportlichkeit gegen Wolfgang Weber vom Platz gestellt worden war, hatte ich ein Buhmann-Image in den deutschen Medien. Das war nicht einfach für mich", sagt Skoblar. 96 beendete die Saison auf dem 10. Tabellenrang.

"Cik" macht ihn fit
Erst als Zlatko "Cik" Cajkovski neuer 96 Trainer wurde, blühte Josip Skoblar auf. Die Zeitungen schrieben zu Saisonbeginn: "Es ist verblüffend zu sehen, in welcher Spiellaune sich Skoblar befindet. Er berauscht die Zuschauer mit Tricks und Toren. Was er mit dem Ball zaubert, davon träumen andere Spieler nur." Aber es dauert nicht lange, da endete die Euphorie schon wieder, denn Hans Siemensmeyer und Skoblar fehlten lange Zeit verletzt. Sein spektakulärstes Spiel inklusive Traumtor machte Skoblar am 21. September 1968 beim 5:2-Heimsieg über Alemannia Aachen. Skoblar lag quer in der Luft, nahm den Ball per Seitfallzieher volley und schoss aus 16 Metern unhaltbar zum 3:0 ein. Fritz Walter, Kapitän der Fußballweltmeistermannschaft von 1954, schwärmte danach: "Skoblar ist ein Juwel unter den Bundesligastürmern. Man muss 96 um ihn beneiden."

"Josip, was Du machen?"
Viele Fans erinnern sich noch daran, dass Trainer "Cik" Cajkowski bei den Spielen öfter rief, wenn Josip Skoblar wieder einmal die gegnerische Abwehr ausspielen wollte: "Josip, was Du machen?" Skoblar galt als sein absoluter Lieblingsspieler. 96-Präsident Alfred Strothe erhielt sogar Morddrohungen, als er Skoblar verkaufen wollte. Im November 1969 wechselte Josip Skoblar nach 30 Toren in 57 Bundesligaspielen für 96 erneut zu Olympique Marseille. Dort entwickelte er sich zu einem der besten Torjäger Europas: 151 Tore in 174 Spielen sind eine imposante Marke. In der Saison 1970/71 wurde er mit 44 Treffern Torschützenkönig in Frankreich und erhielt dafür den Goldenen Schuh. 1971 und 1972 wurde er mit dem Klub französischer Meister und 1972 auch französischer Pokalsieger. Nach seiner Rückkehr in die Heimat spielte er noch bis 1977 für NK Rijeka und blickte am Ende seiner Karriere auf 244 Tore in 394 Spielen in den höchsten Spielklassen zurück.

Kein Erfolg in Hamburg
Skoblar war ab 1977 zeitweise bei Olympique Marseille als Scout und später auch als Sportdirektor tätig, trainiert immer wieder Vereine und gewann 1986/87 mit Hajduk Spilt den jugoslawischen Pokal, bevor er in der Saison 1987/88 als Nachfolger von Ernst Happel Trainer beim Hamburger SV wurde. Dort war er nicht so erfolgreich – er wurde bereits nach 15 Spieltagen entlassen. Im Jahr 2000 übernahm er als Nationaltrainer des Libanons sein letztes Amt im Fußball.

Daumendrücken für Ex-Klubs
Der weitgereiste Fußballer genießt in seiner Heimat, der kroatischen Kleinstadt Privlaka, heute seinen verdienten Ruhestand. "Ich genieße jetzt das Leben abseits des Fußballs. Natürlich verfolge ich noch meine Ex-Vereine und schaue mir die Resultate an. Schade, dass Hannover 96 und der HSV zur Zeit nur in der 2. Liga spielen. Ich hoffe, beide kehren bald in die Bundesliga zurück", sagt Skoblar.

96 wünscht alles Gute zum 80. Geburtstag, Josip!

Beim Interview mit Skoblar hat uns Miroslav Vjetrovic unterstützt, der von 1984 bis 1986 für 96 spielte und heute Redakteur und Kommentator beim Fernsehen in Belgrad ist.
dk/hr

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