Geburtstagsinterview mit Jörg Sievers und Carsten Linke
Am 19. September feierte Carsten Linke seinen 60. Geburtstag, drei Tage später, am 22. September, zog Jörg Sievers nach. Gemeinsam blicken die beiden Kultfiguren von Hannover 96 im großen Geburtstagsinterview des "Kicker" auf ihre bewegte Zeit zurück. Sie sprechen über prägende Momente, Idole, ihre besondere Verbindung zu den Fans – und verraten, was sie von Ralf Rangnick gelernt haben.
Jörg Sievers (links) und Carsten Linke (rechts) blicken anlässlich ihrer Geburtstage gemeinsam auf unvergessene Momente, große Spiele und ihre besondere Verbundenheit mit Hannover 96 zurück (Foto: Archiv/Fabian Dreger)
Herr Sievers, Herr Linke - welche Erinnerung haben Sie eigentlich an Ihr allererstes Kennenlernen? Carsten Linke: An meinem ersten Trainingstag bei 96 war Jörg leider krank. Er hatte Pfeiffersches Drüsenfieber und ist in der Abstiegssaison 1995/96 fast die komplette Rückrunde ausgefallen. Vier Spieltage vor Schluss hat er sein erstes Spiel gemacht. Obwohl sich sein Vertreter (Carsten Eisenmenger, Anm. d. Red.) nichts zu Schulden kommen lassen hat: Jörgs Abwesenheit hat mit dazu geführt, dass der Abstieg ein Stück weit unvermeidbar war, weil die Mannschaft keine Hierarchie hatte. Der Ersatztorwart wurde Kapitän, ich Vizekapitän, fünf Tage nach meinem Wechsel aus Saarbrücken. Dabei hatten wir sehr viele erfahrene Erstligaprofis im Kader, auch Nationalspieler aus anderen Ländern. Die waren aber alle nicht bereit, in der Form Verantwortung zu übernehmen. Als Jörg dazukam und wir die ersten richtigen Gespräche geführt haben, war es eigentlich schon zu spät.
Jetzt sitzen Sie fast 30 Jahre später hier zusammen. War das damals schon Freundschaft auf den ersten Blick? Oder gab es Momente, die Sie mehr und mehr zusammengeschweißt haben? Jörg Sievers: Letzteres. Wir haben gemeinsam versucht, das Ganze bei 96 in die richtige Richtung zu bringen. Wenn du das über Jahre machst und dich ja auch ansonsten ganz gut verstehst, dann ist das Entstehen so einer Freundschaft kein Hexenwerk. Hexenwerk ist mehr, dass man sich eben auch heute noch so gut versteht. Linke: Für mich war eines der prägendsten Spiele mit 96 das erste nach dem Abstieg 1996 in der Regionalliga in Herzlake, das wir 2:0 gewonnen haben. Da war klar, hier entsteht wieder was. Wir hatten viele junge Spieler 17, 18, 19 Jahre alt - Fabian Ernst zum Beispiel, Otto Addo oder Gerald Asamoah. Aber auch ein paar ältere wie Dieter Hecking, die wirklich Fußball spielen konnten und ihre Erfahrung eingebracht haben. Wir haben versucht, die jungen Spieler führen. Was uns, glaube ich, auch ganz gut gelungen ist. Diese Mischung war Grundlage für super Leistungen.
Am Saisonende aber stand die bitte Niederlage beim Zweitliga-Aufstiegsspiel in Cottbus… Linke: … von dem ich aber glaube, dass es uns als Mannschaft noch mal zusammengeschweißt hat. Und das erfolgreiche Relegationsrückspiel ein Jahr darauf gegen Tennis Borussia war für mich persönlich dann das herausragendste meiner Zeit bei 96 mit der Rückkehr in die 2. Liga.
Warum haben eigentlich ausgerechnet Sie beide die Dinge in die Hand genommen? Haben sich da zwei Seelenverwandte gefunden? Linke: Also, charakterlich sind wir unterschiedlich. Ich bin mehr derjenige, der direkt was sagt. Und Jörg - was ich an ihm sehr schätze - sagte schon damals seltener etwas, auch innerhalb der Mannschaft. Aber wenn er was sagte, sind wir immer einer Meinung gewesen.
Zu welchen 96-Persönlichkeiten von damals haben Sie heute noch einen besonderen Bezug? Linke: Zu unserem Vereinsarzt Wego Kregehr habe ich noch guten Kontakt. Sehr guten sogar, ich bin ja doch alt geworden. Zumindest meine Knie (lacht). Jörg und ich treffen uns zum Beispiel auch mit Daniel Stendel in unregelmäßigen Abständen und gehen gemeinsam essen. Altin Lala sehe ich häufiger. Mit Bastian Reinhardt bin ich immer noch gut befreundet. Also da sind schon noch einige sehr enge Kontakte. Sievers: Aber es sind ja nicht nur die großen Namen und direkten Weggefährten gewesen. Auch die vielen so genannten "Helferlein" waren ganz wichtig, um aus der Regionalliga wieder nach oben und sogar in die Bundesliga zu kommen. Das große Ganze funktioniert nur mit vielen kleinen Rädern, das ist bis heute so.
Am größten Rad bei 96 dreht seit Jahrzehnten Martin Kind. Wie blicken Sie auf ihn? Linke: Martin Kind ist 1997 Präsident geworden, zu jener Zeit ein Glücksfall für Hannover 96. Davor hatten wir Demonstrationen am Stadion, gingen als Mannschaft nach den Spielen auf die Pressekonferenz, um unseren Trainer Franz Gerber zu stützen - und dann kam Martin Kind. Damit kehrte endlich wieder Verlässlichkeit ein. Nach dem Cottbus- Spiel haben wir zum Beispiel sehr viel gegen Rassismus im Fußball getan, auch als Mannschaft. Da wurden Dinge in die Stadionordnung übernommen, das war wirklich erst mit Martin Kind möglich. Er hat seine Zeit damals geprägt und uns auch, weil wir plötzlich im Hintergrund wieder eine Sicherheit spürten, die wir zuvor gar nicht mehr hatten.
Mit Daniel Stendel ging für Sie, Herr Sievers, die Reise ja noch ein bisschen weiter, als er Trainer bei Heart of Midlothian in Edinburgh wurde. Sievers: Als die Anfrage kam, musste ich erstmal nachdenken. Ich bin ja sehr bodenständig und brauche nicht ständig was Neues. Aber das war am Ende eine einmalige Chance. Ich dachte: Wenn ich das nicht mache, werde ich nie wieder was anderes machen. Und ich muss sagen: Schottland, das war Wahnsinn. Tolle Menschen, tolles Land, eine tolle Stadt, ein super Verein, super Fans. Der Fußball wird da noch ganz anders gelebt und geliebt als hier. Wirklich schade, dass das von heute auf morgen dann durch Corona kaputtging.
Der Gewinn des DFB-Pokals 1992 mit Ihnen als Held im Elfmeterschießen ist bis heute präsent. War Ihr Status als "Denkmal" stets ein Segen oder auch mal Fluch? Sievers: Wenn du als Zweitligist Pokalsieger wirst und dir dann auch noch einen entscheidenden Anteil zuschreiben kannst, dann ist das natürlich was Besonderes . Es stört mich nicht, bis heute darauf angesprochen zu werden. Es war eine tolle Geschichte für alle in Hannover. Das kann ich jedem nur empfehlen, einfach mal nach Berlin zu fahren und den Pokal zu holen (lacht). Mein Bruder Ralf hatte das vier Jahre vorher schon mit Eintracht Frankfurt geschafft. Da war es beim Familientreffen zu Weihnachten immer doof, wenn man sich den ganzen Mist anhören musste. So konnte ich dann auch mal etwas dazu sagen.
Sie tragen den Spitznamen "Colt", in Anlehnung an den amerikanischen Serienhelden der 1980er Jahre Colt Seavers. Sievers: Da war mein Bruder auch wieder eher dran. Er ist bei Eintracht Frankfurt zuerst der Colt gewesen und ich dann mit ein bisschen Verzögerung. Es ließ sich nicht vermeiden, die Serie war halt damals ein echter Straßenfeger.
War Jörg wirklich ein "Colt für alle Fälle", Herr Linke? Linke: Absolut. Wenn ich etwa ans Elfmeterschießen im Aufstiegsspiel gegen TeBe denke: Da war der eine oder andere bei uns direkt ganz sicher, dass wir das gewinnen, weil wir eben unseren Colt hatten. Und die Berliner haben vor lauter Respekt ihre Elfmeter teilweise daneben geschossen. Generell wussten wir voneinander, was der andere macht, auch um Spiel. Die Sicherheit, die wir daraus gezogen haben, dass Jörg hinter uns stand, war ein riesiges Faustpfand.
Was war Ihr Erfolgsgeheimnis bei Elfmetern, Herr Sievers? Sievers: Eigentlich gab es keines. Ich habe mir nie irgendwelche Elfmeter von anderen angesehen und auch keine Zettelchen zugesteckt bekommen. Ich habe mich ins Tor gestellt, geguckt, wer kommt, und mich für eine Ecke entschieden. Ich lag da tatsächlich oft richtig. Ich weiß nicht, ob das eine Gabe war. Jedenfalls habe ich es gerne angenommen.
Im krassen Gegensatz zu diesen Glanzlichtern steht die wohl dunkelste Stunde Ihrer Zeit in Hannover. Als Torwarttrainer erlebten Sie die Geschehnisse um Robert Enkes Selbsttötung 2009 sehr nah mit. Hat diese Zeit Ihr Leben verändert? Sievers: Wann immer das Thema aufkommt, bekomme ich sofort eine Gänsehaut. Man konnte sich vieles vorstellen, aber das war unvorstellbar. Robert stand ja im Tor wie die deutsche Eiche, die nichts erschüttern konnte, in welchen Sturm auch immer. Als diese Meldung kam, konnte man es gar nicht glauben. Dann einen Tag später diese große Pressekonferenz mit Teresa Enke und dem Psychologen: Ich stand ein paar Meter dahinter, hörte zu und kannte den Menschen gar nicht, von dem die da gesprochen haben. Den habe ich so nie erlebt. Heute, viele Jahre später, ist das Gute: Wenn jemand sagt, er habe da vielleicht ein Problem, gehen sofort alle Türen auf und es ist Hilfe da. Das hat sich geändert, und das ist das einzig Positive. Alles andere war eine einzige Katastrophe.
Herr Linke, im Fan-Volksmund sind Sie in Hannover der "Fußball-Gott". Ist das Ehre pur oder haben Sie mitunter auch Ihr Problem mit diesem sehr hoch gehängten Spitznamen? Linke: Ehre pur, weil es eine Anerkennung ist. Ich war mit Sicherheit nicht der beste Fußballer, hatte nicht die beste Technik. "Fußball-Gott" ist eine wirklich hohe Ehre. Darauf bin ich sehr stolz, und mir geht es wie Jörg. Wenn Leute mich ansprechen, dann freue ich mich, unterhalte mich gerne über die alten Zeiten. Sie waren wirklich nicht immer nur rosig, aber sie waren toll und prägend. Jörg und ich haben ja auch nach dem Spiel meist die Interviews gegeben. Wir werden, was diese Zeit angeht, immer in einem Atemzug genannt und auch mal verwechselt. Mir wird jetzt noch mitunter gesagt, wie stark ich die Bälle gehalten habe... (lacht) Sievers: Unsere Namen sind eben eng mit Hannover 96 verbunden. Dass man da auch mal was durcheinanderbringt, kann passieren. Aber für mich gibt es Schlimmeres, als mit Carsten verwechselt zu werden. Linke: Das ist lieb von dir.
Sie arbeiten seit vielen Jahren als Sporttherapeut in der Psychatrie, im angesehenen Klinikum Wahrendorff vor den Toren Hannovers. Erfüllt Sie auch dieser weitaus anonymere zweite Teil Ihres Berufslebens, Herr Linke? Linke: Da würde ich gleich mit dem Thema Robert Enke beginnen. Allen Betroffenen kann ich nur sagen: Sucht euch Hilfe, kommt auch zu uns. Wir haben fantastische Voraussetzungen, um zu helfen. Und die Arbeit formt auch mich jeden Tag. Ich bin jetzt 15 Jahre da und habe noch nicht einen Tag als Arbeit empfunden, weil es ähnlich ist wie im Fußball: Ich kann Leute auf ihrem Weg begleiten und ihnen aufzeigen, dass es Lösungen gibt, dass man das Positive voranstellen muss. Wenn man das Positive nicht mehr sehen kann, dann braucht man eben manchmal Hilfe von außen.
Sie sind beide bis ans Ende der Profikarriere in Hannover geblieben. Gab es nie andere Verlockungen? Linke: Ich kam in der Winterpause 1995/96, wir sind nach einem halben Jahr abgestiegen Für mich war sofort klar, dass ich diese Scharte wieder auswetzen wollte, weil ein Verein wie Hannover 96 in die Bundesliga gehört und nicht in die 3. Liga. Und dann war da dieses Wir-Gefühl, das nach einem halben Jahr entstanden ist. Auch in der Verbindung mit den Fans: Da standen die 16 Rentner am Platz, und wenn man schlecht gespielt hat, dann haben die einem schon mal die Leviten gelesen. Dieses Miteinander macht Hannover aus, wenn man auch jetzt wieder die ausverkauften Heimspiele sieht. Hannover ist eine Fußballstadt. Man könnte noch ein bisschen mehr an der Euphorie arbeiten. Aber 96 ist Hannover, Hannover ist 96. Sievers: Absolut. Hannover hat alles für einen tollen Fußball-Job. Von daher war es immer interessant, diesen Weg mitzugehen. Wenn ich irgendwo zufrieden bin, bleibe ich da auch gerne für immer. Aber wenn plötzlich von irgendwo ein Millionenangebot gekommen wäre, wahrscheinlich hätte ich es dann schon gemacht. Doch irgendwie wollte mir keiner die Millionen bezahlen, auch wenn ich das bis heute nicht verstehe (lacht).
Doch Sie haben sich auch nirgendwo mehr beworben, anders als einst bei Hannover 96… Sievers: Ja. Es hat einmal funktioniert, und ich habe gedacht: Gut, jetzt müssen die anderen auch mal kommen.
Wie lief das genau mit Ihrer 96-Bewerbung im Jahr 1989? Sievers: Ich war damals beim VfL Wolfsburg in der Regionalliga. Wir wollten immer aufsteigen, aber es hat nie so funktioniert. Ich war dann als Zuschauer beim letzten Bundesliga-Spiel in Hannover gegen Frankfurt, wo mein Bruder spielte. 96 stieg damals wieder in die 2. Liga ab, und ich kriegte auf der Tribüne mit, dass Torwart Ralf Raps keinen neuen Vertrag bekommen sollte. Da dachte ich: Wenn die einen Torwart brauchen, kann ich es ja mal probieren. Also bin ich nach Hause, habe auf meiner Schreibmaschine eine Bewerbung getippt und sie losgeschickt. Ein paar Tage später klingelte das Telefon, 96-Präsident Werner Bock war dran. Dann bin ich nach Hannover gefahren, habe unterschrieben und gedacht: Verdammt, das ging ja ganz einfach...
Wie haben Sie es ohne Bewerbungsschreiben geschafft, Herr Linke? Linke: Ich war gerade von Homburg nach Saarbrücken gewechselt, da wurde Saarbrücken kurz vor Saisonstart die Lizenz entzogen. Beim Trainingsauftakt kam nicht als erstes der Trainer in die Kabine, sondern der Insolvenzverwalter, der dann auch die Vertragsinhalte noch mal nach unten korrigiert hat. Ein halbes Jahr lief das Insolvenzverfahren. Mein damaliger Berater Willi Hoppen rief kurz vor Silvester an, um mir einen guten Rutsch zu wünschen. Ich sagte ihm: wenn er einen Weg zu einem anderen Verein findet, dann packe ich die Familie ein, setze mich ins Auto und fahre los. Zwei Tage später rief Willi zurück: Hannover möchte dich haben, Trainer Egon Coordes kennt dich noch aus deinen Oldenburger Zeiten, als er für den FC Bayern gescoutet hat. Am nächsten Tag habe ich bei 96 angefangen.
Ihre gemeinsame Reise führte dann 2002 zurück in die Bundesliga. 15 Spiele machten Sie, Herr Linke, noch im Oberhaus, 17 waren es für Sie, Herr Sievers. Empfanden Sie das als Krönung oder überwog wegen des schnellen Endes die Enttäuschung? Und welche Rolle spielte Trainer Ralf Rangnick, der Sie nach oben brachte, dann aber auch bald aus der Mannschaft nahm? Sievers: Ich war 36 - was will man mehr, als in diesem Alter aufzusteigen und dann auch noch ein paar Spiele zu machen? Allein, wenn ich an das erste Spiel in Hamburg denke. Ich habe das so genossen! Und um es auch gleich zu sagen: Wir wären ohne Ralf Rangnick niemals aufgestiegen. Mit ihm machten wir einen Quantensprung. Das war ja wirklich ganz anderer Fußball plötzlich. Zum Beispiel dank der Viererkette, die er eingeführt hat. Dass die Österreicher heute so erfolgreich spielen, kommt ja auch nicht von ungefähr. Also, Rangnick war und ist schon ein wirklich herausragender Trainer. Linke: Ja, mir geht es mit meinen 15 Spielen in der 1. Liga wie Jörg. Ich habe die ersten drei Jahre im Herrenbereich noch in der Kreisliga gespielt, bin dann zum VfB Oldenburg gewechselt in die Oberliga Nord. Wenn man mit 22 Jahren in die Oberliga kommt und mit 37 in der Bundesliga aufhört, sind 15 Spiele ein Riesengeschenk. Ich bin früher mit meinem Vater zum HSV gefahren. Als dann klar war, unser erstes Bundesligaspiel würde im Volksparkstadion stattfinden… - Da habe ich vielen Spielern im Training wehgetan, um dabei zu sein. Und ich bin mit aufgelaufen! Vor der Saison hatte ich mit Ralf Rangnick besprochen: Okay, sobald die Leistung nicht mehr reicht, wechsle ich ins Management und verbringe die Tage auf der Geschäftsstelle. Das war dann nach dem 9. Spieltag der Fall. Es hätte ein, zwei Spiele später sein können, aber es war okay nach der Absprache bereits vor der Saison. Ich habe dann voll weitertrainiert, mich nebenbei auf der Geschäftsstelle eingearbeitet. Im letzten Saisonspiel bei Arminia Bielefeld wurden Jörg und ich eingewechselt, das war für uns beide ein fantastischer Abschluss.
Was hat Rangnick inhaltlich ausgezeichnet? Linke: Er ist einer der wenigen Trainer, die wirklich für alle Mannschaftsteile Ideen haben. Es gibt Trainer, die haben für die Offensive Ideen, andere haben Ideen für die Defensive. Bei Rangnick ist es ein Komplettpaket, was wir so vorher nicht erlebt haben. Dass Laufwege und Passwege in der Form einstudiert wurden, trotzdem jeder kreativ sein konnte auf dem Platz - das war außergewöhnlich. Da haben wir alle sehr viel gelernt und es zugleich genossen. Wir hatten ja wirklich auch tolle Spieler. Aber erst Rangnick hat es geschafft, dass sie ihre volle Leistung abriefen.
Selbst Ihnen als Verteidiger der alten Schule hat er ja noch die Viererkette beigebracht, Herr Linke... Linke: So wie Ralf das erklärt hat, war für mich sofort ersichtlich, was gefordert ist. Das hat vom ersten Tag an funktioniert. Dieses im Raum Verschieben, Abkippen und sich gegenseitig Sichern war für mich nicht schwierig. Insofern wurde es für mich mit der Viererkette sogar einfacher. Auch wenn das vorher infrage gestellt wurde. Ihr bringt ja im kicker immer so schöne Wunschformationen. Da stand ich vor keiner Saison drin. Aber ich habe immer gespielt.
Hier Sporttherapeut, dort Immobilienmakler - Sie beide haben heute Jobs, wo Sie mit Menschen zusammenkommen. Spüren Sie dabei quasi täglich den Kult, den Sie in Hannover verkörpern? Sievers: Wer sich für Fußball interessiert, in Hannover lebt und älter als 25 ist, kennt uns und spricht uns auch an. Nicht täglich, aber relativ häufig. Am Ende ist es ja nur eine Bestätigung, dass man nicht so viel falsch gemacht hat in seinem Sportlerleben. Linke: Wir haben in der Psychiatrie am Standort 700 klinische Patienten und noch einige, die von außen kommen. Wenn die dann erfahren, wer man ist, bringt schon der eine oder andere ein Trikot mit vom Vater oder vom Onkel, um es unterschreiben zu lassen. Das sehe ich als Anerkennung für unsere Erfolge und für uns als Typen. Wir sind geerdet, und wenn uns jemand anspricht, dann reden wir ganz vernünftig mit ihm.
Gibt es eine Situation, die Sie ganz charakteristisch mit dem jeweils anderen verbinden? Linke: Als wir das Aufstiegsspiel gegen TB gewonnen hatten, rannte eine ganze Spielertraube auf Colt zu. Den letzten Elfmeter hatte er ja festgehalten. Da riss er die Arme hoch und warf den Ball noch ganz locker zum Schiedsrichter, bevor die Spieler alle da waren. Jörg behielt eben immer den Überblick, und ihm war auch in diesem speziellen Erfolgsmoment noch wichtig, dass der Schiedsrichter mit Ball in die Kabine kommt, wie es sich gehört. Das ist sinnbildlich für Jörg als Typen. Und ich denke dabei auch an die Lizenzierung in diesem Frühjahr für die Profis, als 96 einen Geschäftsführer zum Unterschreiben des Antrags suchte, und Jörg mich in meiner Funktion als Aufsichtsrat des Vereins anrief mit dem Angebot: "Wenn ihr keinen findet, dann mache ich das als Geschäftsführer. Auch nur für einen Tag, ist egal. Aber für 96."
Wie bewerten Sie die Aufstiegschancen der aktuellen 96-Mannschaft? Sievers: 96 hat mutig agiert. Wenn ich Christian Titz als Trainer verpflichte, dann weiß ich, was ich bekomme. Er hat nun mal seine Spielweise, die er durchsetzen möchte. Dementsprechend braucht er die passenden Spieler, anders kann es nicht funktionieren. Das hat der Verein umgesetzt, einmal alles auf Links gedreht, eine komplett neue Mannschaft hingestellt. Ich hoffe, dass es so weitergeht wie in den ersten Spielen. Natürlich möchte jeder in Hannover, dass 96 in die 1. Liga aufsteigt. Linke: 16 neue Spieler - das ist eine Herausforderung, weil spätestens in ein paar Wochen die ersten feststellen, dass sie recht wenig zum Einsatz kommen. Dann liegt es eben an Christian Titz und seinem Trainerstab, die Jungs bei Laune zu halten. Das ist das eine. Und zweitens ist es die 2. Liga. Da sind schon häufig Mannschaften gut gestartet. Es kommt auf die Konstanz über eine Saison an. Da war in den letzten Jahren bei 96 immer nach einem guten Spiel auch wieder ein schlechtes dabei, oder man tauchte mal eine komplette Halbzeit ab. Jetzt ist der Anfang gemacht, nicht mehr und nicht weniger.
Wie erleben Sie derzeit als Aufsichtsrat des Muttervereins den ewigen 96-Zwist um die 50+1-Regel - wird man sich je verbindlich einigen, Herr Linke? Linke: Das ist die Hoffnung. Ich bin ja letztendlich Aufsichtsrat geworden, um genau das mit zu bewerkstelligen. Zum einen wird die 50+1-Regel bei Hannover 96 immer noch nicht umgesetzt wie laut Lizenzordnung eigentlich vorgegeben. Zum anderen, was das noch viel Wichtigere ist, sind die einzelnen Strukturen von Hannover 96 zusammenzuführen. Man spricht in Hannover vom e.V., von der KGaA, von Sales and Service und so weiter. Nein! Wir sind alle Hannover 96, und wenn eine dieser Abteilungen ein Problem hat, dann müssen alle daran arbeiten.
Warum passiert das nicht? Linke: Es ist schwierig, weil auf der einen Seite die Kapitalgeber aus der Gabe des Kapitals ableiten, dass sie das alleinige Sagen haben. Doch wenn die 50+1-Regel gilt und der Verein nicht das Sagen hat, dann entspricht das nicht der Lizenzordnung. Das ist der Fakt, mit dem wir im Moment in Hannover umgehen müssen. Wir arbeiten daran, eigentlich jeden Tag. Trotzdem wären wir gern schon weiter. Und die einzige Institution, die sich bislang nicht klar positioniert hat, ist die Deutsche Fußball Liga. Sievers: Letztlich ist 96 in der Wahrnehmung der Hannoveraner ein Verein. Dass das so nicht gelebt wird, ist schade. Ich glaube, die Kapitalseite und der e.V. haben da schon sehr unterschiedliche Auffassungen. Dabei gibt es keinen in Hannover, der sich nicht wünschen würde, dass 96 wieder als eins wahrgenommen wird und nicht als zwei.
Dann noch mal zurück in die gute alte Zeit: Sie beide standen immer für Seriösität, aber es gab auch verrückte Typen im Team. Jan Simak, Jiri Stajner, Heiner Backhaus, heute ausgerechnet Trainer bei Eintracht Braunschweig... Sievers: Heiner Backhaus, ja (lacht). Der war früher schon ein bisschen verrückt - und jetzt ist er ein erfolgreicher Trainer. Als junger Mensch kann man eben so sein, wie man möchte. Man muss sich nicht großartig verstellen, schon gar nicht im Fußball. Wenn man irgendwann in die Verantwortung geht und reifer wird, so wie Heiner, dann muss man auch mal ein bisschen anders auftreten. Wir hatten schon einige schräge Vögel, klar, auch Stajner und Simak (lächelt). Linke: Auch frisurentechnisch übrigens, zum Beispiel Abel Xavier. Doch es gab auch wirklich tolle Typen. Wenn ich an Jaime denke, der sich ohne ein Wort Deutsch ausdrücken konnte auf dem Platz und daneben. An Gheorghe Popescu, der natürlich eine Ausstrahlung hatte. Tolle Spieler, aber eben auch einige spezielle. Backhaus oder Björn Lindemann, der ja auch Trainer geworden ist. Damals wären wir kaum davon ausgegangen, dass sie mal andere dazu anleiten würden, Trainingsinhalte umzusetzen oder Trainingszeiten einzuhalten. Und wir haben so viele tolle Talente gesehen. Volkan Arslan fällt mir ein, der türkischer Nationalspieler geworden ist. Sebastian Kehl kam ein bisschen später dazu, aber auch Markus Kreuz, Stefan Blank, die hier groß geworden sind. Es war immer eine Freude, zu sehen, wie viele junge Leute hier eine Chance bekommen. Und gerade in Hannover dann auch die Unterstützung der Zuschauer. Das ist ein Weg, den 96 immer weitergehen sollte.
Steven Cherundolo kommt Ende des Jahres aus den USA wieder zurück in die alte Wahlheimat Hannover. Sehen Sie ihn perspektivisch in einem Job bei 96? Sievers: Was Stevie in Los Angeles gemacht hat, ist top. Da musst du erst mal Meister werden. Von daher hat er ja gezeigt, dass er ein sehr guter Trainer ist. Solange es bei 96 gut läuft, wird er kein Thema werden. Sollte es irgendwann nicht funktionieren, und er hat noch keinen Job, dann schon eher. Linke: Stevie arbeitet extrem akribisch. Ich war damals an seinem ersten Wochenende bei 96 mit ihm auf dem Zimmer. Da hatte er schon einen Duden dabei und begann, Deutsch zu lernen. Viele Spieler sprechen noch nach Jahren hier kein Deutsch. Stevie hat es innerhalb weniger Wochen schon richtig gut hinbekommen. Wenn er etwas wollte, dann hat er das auch umgesetzt. Seine Konstanz als Spieler bei 96 war fantastisch, als Mensch ist er es sowieso. Für jeden Verein, der ihn bekommt, ist er eine Bereicherung.
Wer war der beste Spieler, den Sie bei 96 als Kollegen erlebt haben? Linke: Für mich Jan Simak. Im Training hat er Dinge gemacht, die ich so nur ganz selten gesehen habe. Und als Mitspieler hat er uns 2001/02 durch die Aufstiegssaison getragen. Sievers: Ja, Jan Simak hatte überragende Fähigkeiten, die er auf den Platz gebracht hat. Seine Probleme lagen ja eher im privaten Bereich, aber als Fußballer war er schon wirklich mehr als außergewöhnlich.
Wir haben über Rangnick gesprochen und viele Teamkollegen. Sie erlebten aber auch etliche Manager, wer war am prägendsten - und am verrücktesten? Linke: Franz Gerber, Ricardo Moar und Ilja Kaenzig würde ich als herausragend benennen. Franz, der in seiner ureigensten bayerischen Ruhe Talente entdeckt hat. Ricardo Moar war weltweit unterwegs, hat aber auch acht Stunden am Schreibtisch gesessen und Videos geguckt, wo jedem normalen Menschen nach spätestens dreieinhalb Stunden die Augen zugefallen wären. Moar konnte das und hatte ein sehr gutes Auge für Talente plus ein perfektes Gespür, was der Mannschaft gerade fehlt. Er besaß zudem ein super Netzwerk in Europa. Bei ihm habe ich als eine Art Azubi sehr viel gelernt, auch in puncto Vertragsgestaltung. Einen vierten Manager, den ich erleben durfte, muss ich aber auch noch nennen: Rudi Assauer in Oldenburg. Eine fantastische Person mit besonderen Fähigkeiten. Sievers: Beim verrücktesten Manager sind wir uns ja wohl sowieso alle einig (lacht). Das war mit Abstand Ricardo Moar, ein super toller Typ, der auch seinen Job noch verstanden hat. Ich war zu der Zeit quasi sein Fahrer zu den Spielen. Was er unterwegs alles erzählt hat, war unfassbar. Und, klar, Franz Gerber mit seinem wahnsinnig guten Auge würde ich auch mit ganz oben einordnen. Linke: Ricardo war übrigens oft bei Martin Kind im Vorzimmer, und wir hatten das Büro direkt nebenan. Er hat dann auf dem Flur telefoniert, wenn Kind in seinem Büro Gäste hatte. Und auf dem Flur stand dann dieser unglaubliche Spanier, der zu irgendeinem Gesprächspartner in sein Telefon brüllte: Weißt du, was du hast… Sievers und Linke: … du hast keine Cojones (beide lachen).
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HANNOVER 96 hakkında:
Kuruluşumuz 12 Nisan 1896 senesinde gerçekleşmiştir. Büyük ve köklü tarihi olan 96 Kulübü, Şehir ve Kulüp birliği ile el ele muhteşem Zaferlere Imza atmştır.
Bu neden ile Kulüp sloganımız: HİÇ BİR ZAMAN YALNIZ DEĞİLİZ'dir!
Geçmişteki İnanılmaz Tarihi anları hatırlarsak,
aklımıza 1938 ,1954'deki Şampiyonluklar
ve 1992'deki Kupa Şampiyonluğu gelir!
Kulübümüz son Dönemde Bundesliga'nın Vazgeçilmez Takımların arasına girerek, büyük prestij sağlamış ,2011/12, 2012/13 sezonlarda taraftarlarıyla beraber muhteşem Avrupa Kupası Macerası Yaşamıştır!
HANNOVER 96 Bu Sezon ile, peşpeşe 14. Sezonunu Bundesliga'da oynamaktadır!
Takımımız hakkında daha fazla bilgi alabilmek için, İngilizce Metinli Resmi Web Sitemizi, ya da çeşitli sosyal Medya Kanallarımızı Ziyaret edebilirsiniz!
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About Hannover 96:
Hannover 96 was established on 12th April 1896. In its long history, rich in tradition, the greatest successes have always come when the special bond between club and city, and between the club and its fans, was at its strongest. Because of that we have the club motto “NIEMALS ALLEIN” [‘Never Alone’].
The most glorious moments in the club’s history include winning the German championship in 1938 and 1954, as well as the Cup success of 1992. In their early days, 96 established themselves firmly in the Bundesliga. The stand out memories for the fans in recent years include the two seasons in the Europa league in the 2011/12 and 2012/13 seasons.
In 2015/16 Hannover will compete in the Bundesliga for the 14th consecutive season.
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Acerca del Hannover 96
El Hannover 96 se fundó el 12 de abril de 1896. En su larga historia llena de tradición, siempre hubieron los mayores éxitos cuando la especial unión entre el club y la ciudad, y entre el equipo y los aficionados, era más fuerte. De ahí que el lema del club sea: ¡NUNCA SOLO!
Los momentos más gloriosos de su historia fueron el Campeonato de Alemania de los años 1938 y 1954, y la copa conseguida en 1992. En la historia más reciente, el 96 se ha consagrado bien en la Bundesliga. Los recuerdos que especialmente atraen a los fans son las dos trayectorias en la Europa League de la 2011/12 (cuartos de final) y 2012/13 (dieciseisavos de final).
La campaña 2015/16 será para el Hannover 96 su decimocuarta temporada seguida en la Bundesliga.
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Petite histoire de Hannover 96:
Hannover 96 a été fondé le 12 avril 1896. Sa riche histoire a été marquée de succès inoubliables rendus possibles par l’union sacrée entre le club et la ville ainsi qu’entre l’équipe et les supporters. Voilà pourquoi la devise du club est « JAMAIS SEULS ! » (« NIEMALS ALLEIN ! » en allemand).
Les titres de champion d’Allemagne en 1938 et 1954 et la victoire en Coupe d’Allemagne en 1992 constituent des sommets de l’histoire du club. Depuis plusieurs années, 96 fait partie intégrante de la Bundesliga. Les supporters gardent aussi en mémoire les campagnes en Europa League en 2011/12 et 2012/13.
Pour Hannover 96, 2015/16 constitue la quatorzième saison d’affilée en Bundesliga.
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