GLÜCK!
Was für ein Glück, dass Robert Enke im Sommer 2004 nach Hannover kam. Für ihn, seine Frau Teresa, für 96, für die ganze Stadt und Region. Geahnt, welches Ausmaß die Verbundenheit zum Torwart einmal annehmen wird, hat damals niemand. Nicht einmal Enke selbst. "Ich hoffe, dass ich die Fans in Hannover mit guten Leistungen überzeugen kann", sagte er an seinem ersten Tag.
Der Wechsel zu den Roten – eine abenteuerliche Geschichte. Die ein Dösi-Ösi erst möglich machte...
96 hatte eine Nr. 1, Marc Ziegler. Der war ausgeliehen von Austria Wien, hatte schon bis 2006 in Hannover unterschrieben. Doch dann zockte Austria-Sportdirektor Günter Kronsteiner um die Ablöse.
Der damals ganz neue 96-Manager Ilja Kaenzig (arbeitete noch von Leverkusen aus) pokerte besser: Statt 600 000 Euro für Ziegler zu zahlen holte er Enke aus Teneriffa – ablösefrei.
Kaenzig: "Es war riskant. Ich war neu, der Ewald (Lienen/d. Red.) auch relativ frisch und Ziegler sehr beliebt bei den Fans." Viele moserten.
Doch davon ließen sich die Roten nicht beirren. Lienen (er kannte Robert schon), Kaenzig, sein Assistent Carsten Linke und Torwart-Trainer Jörg Sievers waren von Enke überzeugt.
Dabei galt der als Wackel-Torwart: Großes Talent, aber die Karriere stockte. Bei Barca nicht durchgesetzt, bei Fenerbahce geflüchtet, untergekommen auf Teneriffa bei einem spanischen Zweitligisten. Heute wissen wir, warum die Karriere stockte – und es ist doch zu spät...
Damals gab es andere Probleme. Den Vertrag machten Kaenzig und Enkes Berater-Freund Jörg Neblung ohne Robert.
Kaenzig fuhr von Leverkusen rüber in Neblungs Büro nach Köln. 12 Stunden Verhandlungen, von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends – und dann das große Zittern. Roberts Vertrag bei Barca musste aufgelöst werden, ohne dass die Spanier von dem neuen Klub was merkten. "Sonst wäre es teuer geworden", sagt Kaenzig.
Dazu gab es bis zuletzt keinen persönlichen Kontakt, kein Treffen mit Robert. Kaenzig erinnert sich: "Ich stand in Leverkusen auf der Terrasse, wir telefonierten. Ich sagte: "Bitte vertrauen sie uns!" Robert antwortet nur ganz ruhig: "Mein Wort steht, ich komme!" Der hat uns nicht hängen lassen."
Obwohl er auf viel, viel Geld verzichten musste.Bei Barca hatte Enke einen 2-Millionen-Vertrag. Bei 96 konnte er im allerbesten Fall 850 000 Euro verdienen. Drei Jahre Enke für 2,5 Millionen!
Nicht nur deshalb sagt Kaenzig heute: "Enke – das war der beste Transfer meiner Karriere und der beste in Hannovers Klub-Geschichte." Muss wohl Big Boss Martin Kind gleich gespürt haben. Als alles perfekt war, spendierte er eine Flasche seines privaten Champagners. "So erleichtert war er", schmunzelt Kaenzig.
Aus Enke wurde bei den Roten Robert Riese. Jörg Sievers hat’s zumindest geahnt. Er hatte 19 Monate vorher "sein" 96-Tor frei gemacht. Und danach die mehr oder weniger talentierten Nachfolger Tremmel, Ziegler und Haas erlebt. Am zweiten Tag von Enke bei 96 war Sievers bereits klar: "Mit Robert kann eine neue Ära anbrechen. Ich gehe davon aus, dass er lange bleibt." Lange ja, aber leider nicht lange genug...
Probleme gab es damals wegen eines Hauses. Eine Wohnung kam für Robert und die schwangere Teresa nicht in Frage. Bei neun Hunden und zwei Pferden. Aber auch eine Haus-Miete gestaltete sich extrem schwierig. Der "Mini-Zoo-Enke" schreckte die Vermieter ab. Also blieb nur ein Kauf. Für rund 400 000 Euro erwarb das Paar einen Bauernhof in Empede. Ein paar hundert Meter weiter liegt Robert jetzt begraben, direkt neben seiner kleinen Tochter Lara (†2).
Aber es waren glückliche Jahre in Hannover – und für Hannover. Doch das Glück konnte Robert Enke nicht festhalten. Trotzdem bleibt er DIE EWIGE NR. 1