Alle Profis in Quarantäne - außer "Franky"
"Letztendlich ist mit dieser Nachricht das ganze Corona-Thema hier in Deutschland erst so wirklich bei mir angekommen", sagt Marcel Franke und meint den Moment, in dem er davon erfuhr, dass Teamkollege Timo Hübers positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Einen Tag später, nachdem auch Jannes Horns Test positiv war, wurden alle Spieler der 96-Profimannschaft auf Anordnung des Gesundheitsamts unter häusliche Quarantäne gestellt. Alle – bis auf Marcel Franke.
Enger Austausch mit der medizinischen Abteilung von 96
Der Innenverteidiger ist zur Reha im bayrischen Donaustauf – es ist die dritte Woche, die er dort arbeitet. Fünf bis sechs Stunden täglich schuftet er für ein möglichst zeitnahes Comeback. Nach seiner Außenbandverletzung im vergangenen November war er schon wieder auf den Platz zurückgekehrt, aber fortlaufende Beschwerden verhinderten, dass er wieder in den Spielbetrieb eingreifen konnte. Nach verschiedenen intensiven Untersuchungen wurde deutlich: Die Probleme rühren daher, dass seine Muskulatur im Becken und Bein unter zu großer Spannung steht. Das wird nun in der Reha behandelt: "Ich habe hier zwei- bis dreimal am Tag manuelle Therapie. Es wird in der Muskulatur gearbeitet, mein Becken und meine Hüfte werden freigemacht", berichtet Franke, der in engem Austausch mit der medizinischen Abteilung und den Reha- und Athletiktrainern von 96 steht.
Unterschiedliche Methoden - mit einem Ziel
Zweimal täglich ist er zudem auf der Trainingsfläche. Dort arbeitet er in 60- bis 90-Minuten-Einheiten jeweils mit einem Trainer zusammen. Auch Übungen im Wasser stehen auf dem Programm. "Anschließend habe ich meist noch Stromeinheiten, bei denen meine Muskulatur über Magnet- und Stromfelder intensiv bearbeitet wird", erläutert der Defensivspezialist – alles mit einem Ziel: "Es wird mit ganz unterschiedlichen Methoden versucht, die Spannungen in den Muskeln, die mir Probleme bereiten, rauszubekommen."
Die Familie mit dabei
Der Plan ist straff und klar getaktet. Umso dankbarer ist "Franky", dass seine Frau und die vier Monate alte Tochter ihn nach Donaustauf begleiten konnten. "Wir sind hier gemeinsam in Regensburg untergekommen. Auch unser Hund ist dabei. Ich bin von früh bis spät hier am Arbeiten, und nach dem Feierabend wartet dann die Familie auf mich." Mit seinen Teamkollegen in der Quarantäne bleibt er via Smartphone verbunden. "Mit Sebi Jung und Cedi Teuchert bin ich regelmäßig in Kontakt. Ansonsten läuft vieles über unseren Teamchat." Franke befand sich bereits in der Reha, als Timo Hübers und Jannes Horn sich mit dem Coronavirus infizierten – sein Glück, denn: "Hätte ich mich in meiner jetzigen Situation auch für zwei Wochen einschließen müssen, wäre das für meinen Heilungsverlauf natürlich ein herber Rückschlag gewesen, da mich niemand hätte behandeln können."
"Fußball ist eine ganz kleine Nebensache zurzeit"
Nun kann die Arbeit fürs Comeback weiterlaufen. Natürlich fiebert der Abwehrmann darauf hin – allerdings mit Einschränkungen. "Ich stehe seit vier Monaten nicht mehr auf dem Platz – ich wünsche es mir schnellstmöglich, gemeinsam mit der Mannschaft, wieder Fußball spielen zu können", sagt Franke einerseits, denn er fügt auf der anderen Seite hinzu: "Wenn man die aktuelle gesellschaftliche Situation mit einem halbwegs gesunden Menschenverstand analysiert, weiß man, dass es aktuell nur und ausschließlich um die Gesundheit der Bevölkerung geht. Fußball ist eine ganz kleine Nebensache zurzeit." Das Hauptaugenmerk liege definitiv auf anderen Themen. Zunächst müsse man sich in der Gesellschaft darauf konzentrieren, diese Herausforderungen anzugehen. "Dann können wir darüber nachdenken, wieder Fußball zu spielen." Und genau für diesen Moment ackert Marcel Franke, der einzige 96-Profi, der nicht in Quarantäne ist, jeden Tag.
hec