NIEMALSALLEIN

Triathlet Robert Wyszka in der Gorafe-Wüste

Viele unserer TriathletInnen hatten zur vergangenen Saisonpause üblicherweise wieder ein abwechslungsreiches Alternativprogramm zum Triathlon geplant. Manche verfügen dafür auch über andere Räder, mit denen sie neben dem Rennradtraining auf der Straße dann gelegentlich ihr auf Triathlon fokussiertes Training erweitern. So auch Abteilungspresse- und -medienwart Robert Jan Wyszka. Über ihn wollen wir heute von seinem faszinierenden Wettkampf auf einem Rennrad mit profilierten Reifen durch die große andalusisch-spanische Wüstenlandschaft berichten.

Ambitioniertes Ziel in der Saisonpause
„Mit meinen Gravelbike wollte ich wie bereits letztes Jahr meine physischen und psychischen Grenzen neu justieren“, leitet Robert sein für eine Saisonpause doch recht überraschendes sportliches Ziel berichtend ein. Seine Entscheidung war dafür also schon einmal zuvor auf das Rennen „Badlands“ gefallen. Die Fahrt ist eine in der Gravelbike-Szene wohlbekannte Referenzmarke im Bereich der Langstrecken- und Selbstverpflegungsrennen, ca. 780 km lang, mit 80 % Schotterpiste und so einigen Anstiege darin. „Am Ende ist man auf ca. 15.000 Höhenmeter angelangt, wobei dann Tagestemperaturen zwischen 25 und 35 Grad Celsius nicht gerade eine Seltenheit gewesen sind.“

„Ihr Triathleten seid doch verrückt!“
Der Startschuss fiel am 4. September 2022 in Granada/Spanien. „Meine Strategie war es, die 780 km in vier Abschnitte zu teilen“, so Wyszka. Jeder Abschnitt wurde vorab in „Miniziele“ unterteilt, bei denen die fordernden Segmente zur Motivation und Entspannung auch mit kleinen positiven Erlebnissen unterbrochen werden. Dabei war es wichtig, seinen Flüssigkeitshaushalt bestmöglich zu planen. Jegliche Möglichkeit, Wasser aufzufüllen, musste genutzt werden. Wasser, das Elixier des Lebens, zum Spaß als knappes Gut? Für manche vielleicht eine sozusagen noch verrücktere Vorstellung, als per IRONMAN hintereinander ohne Pause 3,8 km zu schwimmen, 180 km Rad zu fahren und 42 km zu laufen. „Ich hatte 800 ml Wasser an meinem Rad und 2,5 l in meiner Trinkweste dabei. Die Verpflegung bestand darin, dass ich hoch konzentrierte Kohlenhydrate zum Trinken, als auch zum Essen bei mir hatte. In kleinen Restaurants und Supermärkten wurden die Körperspeicher und Vorräte dann gefüllt und so gut wie möglich aufgeladen. Aus meiner Erfahrung wusste ich schließlich, was ich gut auf dem Rad vertrage und was eher nicht, da ich zuvor viele Testfahrten rund um Hannover absolviert hatte“, erklärt Wyszka die Verpflegungssituation.

Wasser und Kohlenhydrate allein. Keine Mineralien, kein Salz? Und welches Tempo bitte?
Doch ausreichend Wasser, Verpflegung und Grundlagenausdauer und Erfahrung sind nicht die einzigen Erfolgsrezepte für derartige Herausforderungen, wie Robert gleich am ersten Renntag in Erfahrung bringen musste. Zu seiner späteren Feststellung war er dort dann nämlich die ersten 150 km zum Auftakt zu ambitioniert angegangen, sodass er sich auf den letzten 59 km bis zu seiner ersten Übernachtung im Ort Polo Alcon nur noch „durchquälen“ konnte und musste. „Mein Fehler war da auch, dass ich das viele Schwitzen bei den Temperaturen unterschätzt habe, dabei habe ich einen Großteil meiner Mineralien und Salze aus dem Köper geschwitzt und war quasi dehydriert“, erklärt Robert seinen Fehler. Ein Lieblingsfehler jedoch, der vielen TriathletInnen und AusdauersportlerInnen - auch Erfahreneren wie Robert - auf längeren Strecken neben dem eines anfänglich zu hohen Tempos, dem sogenannten „Overpacing“ nur zu gerne unterläuft. Je länger die Strecke, umso wichtiger ist insofern auch das richtige Pacing. Mehr Mineralien, Salz und besseres Pacing, lautete somit auch für Robert die Erkenntnis zum Auftakt. Also einfach am nächsten Tag alles besser dosieren?

Gleich am Anfang, kurz vor Ende…
Die Erste Nacht geriet für Robert sodann allerdings sehr kurz und zur starken Hürde für den nächsten Tag, war sie in Folge all dessen schließlich von starken Kopfschmerzen und Krämpfen geprägt. Die erste Bewährungsprobe war hier, für ihn, damit in unerwarteter Weise derart hart geraten, dass er schon an ein Aufgeben dachte. „Körperlich war ich total am Ende!“, erinnert sich Robert nur zu gut. Um 4 Uhr morgens hatten dann Kopfschmerzen, Übelkeit mitsamt Krämpfen glücklicherweise aufgehört. Also: weiterkämpfen!? Nachdem an diesem Morgen eine fast schon exzessive Zufuhr von elektrolytischen Getränken und ein paar Bisse von seinem geliebten „Notfallbaguette“ den Körper wieder ein wenig auf die Spur gebracht hatten, wollte er auch wieder schnellstmöglich auf den Sattel und die kühlen Temperaturen der Nacht nutzen, auch um seine körperliche Situation besser einschätzen zu können. Der zweite Tag fing also schon in der Frühe um 6 Uhr an. „Die ersten Kilometer waren wie ein mentaler Befreiungsschlag für mich.“ Nach dem ersten Kaffee gegen 8 Uhr hatte er sich dann auf seinem Weg in die Gorafe-Wüste schon wieder voller Kraft gefühlt. Die Sorgen vom Vortag waren auf einmal verflogen.

Aus Fehlern lernen und die Renntaktik ändern
Offensichtlich hatte Robert eine gute Entscheidung getroffen. Mit der Lektion, regelmäßiger zu trinken, verstärkter nach Gefühl fahren zu müssen und mehr Pausen zu machen, gelang ihm das weitere Fortkommen. Viel lenkte er sich daneben dank seines kreativen Nebenprojektes (einer Badlands Dokumentation - „Shy Lens“ bei YouTube zu sehen, weitere Impressionen, Bilder und Routen sind ebenfalls online bei Strava, Komoot oder Instagram unter @robert_wyk zu finden) beim Filmen ab und schätzte sich daher wieder glücklich. Das Licht der aufgehenden Sonne in den abstrakten Felsformationen hatte ihm die Mühe allein hierfür mehr als nur gerechtfertigt. Nach der ersten Nacht im Hotel verbrachte er die zweite sodann in Gador im Freien. Abseits vom Trubel gelang ihm dies an einem windgeschützten Platz, seine Luftmatratze und seinen Seidenschlafsack waren für die Nacht vorzubereiten, fünf Stunden Schlaf reichten ihm für eine elementare Regeneration. Kurz vor Sonnenaufgang, also wieder gegen 6 Uhr, ging es dann über viele ausgetrocknete Flussbetten in den nächsten Tag hinein. Ziel für den dritten Tag war die Küstenstadt Almeria. Der Plan ging auf und gegen frühen Abend erreichte Robert wieder die Zivilisation. „Die Reisegeschwindigkeit auf dem Fahrrad ist ideal. Man bekommt viel von der Umgebung mit, ist aber dennoch zügig unterwegs. Durch Unterwegssein von Sonnenaufgang bis -untergang und wenig Schlaf wird die Zeitwahrnehmung sehr verzerrt. Es wird auch nie langweilig, weil man ständig mit anderen Rennteilnehmern ins Gespräch kommt und dann über Stunden zusammen radeln und schnacken kann“, berichtet er.

Nur mit viel mentaler Power und Freude: Geschafft!
Der letzte Tag war dann für die viele Teilnehmer gefühlt, ein Endgegner. „Ich wusste, dass es noch einmal sehr hart wird. Nach sogar diesmal nur vier Stunden Schlaf wollte ich los, damit ich noch am selben Tag ins Ziel komme.“ Mehr als 200 km und ca. 6000 Höhenmeter waren die Dimensionen, welche dieser Tag mit sich bringen sollte. „Nach nunmehr 600 km im Sattel hat auch das Sitzfleisch ordentlich gelitten. Schweiß und Erschütterungen zollten nun auch insofern ihren Tribut und es war schon sehr schmerzhaft, im Sattel zu bleiben“, sagt er über die Strapazen. An ein Aufgeben war für unseren 96-Triathleten jedoch auch hier nicht zu denken. Nach 88:09 Stunden unter 49:21 Stunden reiner Nettofahrtzeit, bewältigten 797 km und 16.343 Höhenmetern ist er dann um ein Uhr nachts durchs Ziel gefahren. Chapeau, Robert! „Diese Erfahrungswerte möchte ich nicht missen. Landschaftlich war die Tour einfach atemberaubend. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so etwas in Europa haben“, so Roberts Fazit.

Ein paar Tipps für solch längere Cycle-Trips gefällig?
Robert teilt hier auch gerne seine Erkenntnisse und Lehren von diesem Abenteuer mit uns allen:

  1. Besser ein schlechter Plan, als gar kein Plan.
  2. Fahr Dein eigenes Tempo, lass Dich nicht dazu verleiten, über Deinem Tempo zu fahren.
  3. Ernähre Dich gut, trinke genug, denk an Salz, fahr Dich nicht leer.
  4. Wenn Dein Kopf etwas erreichen will, fügt sich Dein Körper.
  5. Jedes Gramm am Rad sollte bedacht werden.
  6. Die Übersetzung der Schaltung kann über Sieg oder Niederlage entscheiden.
  7. Viel hilft manchmal viel: Ein strukturiertes Training im Vorfeld ist die halbe Miete.
  8. Kenne Dein Equipment auswendig, spare nicht am falschen Ende.
  9. Das nächste Abenteuer kommt bestimmt.

Der Gewinner vom letzten Jahr, Sebastian Breuer war bei den Badlands übrigens nach nur 43 Stunden und 36 Minuten im Ziel. Ganz ohne Schlaf. Noch Fragen?

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