Fußball zu spielen, oder besser: der Versuch desselben, hat 96 nicht geholfen, sondern mit zuletzt zwei Niederlagen nur noch tiefer in den Abstiegsstrudel gezogen. Also verlegte sich 96 auf das Zerstören jeglichen Fußballspiels. Das Aufstellungssystem: Viererabwehr, extrem defensiv orientiertes Fünfermittelfeld, davor als stürmender Einsiedler Didier Ya Konan. Eigene Angriffsbemühungen? Höchstens im kosmetischen Bereich. 96-Torschüsse in 90 Minuten plus ein bisschen Nachspielzeit: sieben. Abseitsstellungen, oft ein Gradmesser für ungestümen Vorwärtsdrang: null. Eigener Ballbesitz: 37 Prozent. Fußball ist das nicht mehr. Das ist Beton. Es gab – auch ein abgewandelter Spontispruch – keine Tore für niemand, aber einen Punkt für jeden. Was der für 96 im Abstiegskampf wert ist, kann heute noch keiner sagen, denn das Team bleibt auf dem 17. Tabellenplatz. Fest steht indes, dass das Trainingslager in Bad Segeberg dem siechen Mannschaftsgeist der „roten“ Riege wohl wieder ein bisschen Leben eingehaucht hat. So sehr die Hamburger, immerhin Viertelfinalist der Europa League, auch gegen die hannoversche Mauer anrannten, es gelang ihnen nicht, sie zu überwinden. Nicht Marcus Berg mit seinem Kopfball in der 7. Minute und der vielleicht besten HSV-Chance, als Florian Fromlowitz im 96-Tor nach einer Faustabwehr zu Berg dessen Schuss erneut parierte (23.). Es misslang auch Dennis Aogo, der zwar das Abwehrbollwerk mit einem strammen Distanzschuss überwand, aber dann auch nur das Lattenkreuz traf (26.). Auch die beiden Stürmerstars Ruud van Nistelrooy und Paolo Guerrero scheiterten. Der enttäuschende Niederländer musste so zur Pause dem Peruaner weichen, dessen beste Chance Sergio Pinto entschärfte (82.) und der erst nach dem Abpfiff mit einem Volltreffer der unschönsten Sorte wirklich für Aufsehen sorgte (siehe Extrabericht). Selbst in der Nachspielzeit kapitulierte der eingewechselte Piotr Trochowski und katapultierte einen Last-Minute-Freistoß von der Strafraumkante weit und hoch über das 96-Tor in den Fangzaun. Auch Hannover 96 kam tatsächlich zu kaum erhofften Gelegenheiten. Die vielleicht beste davon vergab Ya Konan nach einer der wenigen guten Flanken von Konstantin Rausch (64.). Sie war umso bemerkenswerter, da 96 zu dem Zeitpunkt bereits in Unterzahl spielte – ohne Jiri Stajner. Der Tscheche hatte die erste 96-Großchance eingeleitet, als er Aogo sensationell umdribbelte und dann den besten 96er, Manuel Schmiedebach, bediente, dessen Schuss allerdings von Jerome Boateng geblockt wurde. Fortan steckte in den Zweikämpfen Stajners indes Brisanz. Die Folge: Gelb nach einem Schubser gegen Aogo (52.) und Gelb-Rot (59.) nach einem Foul an Jonathan Pitroipa. Vermeidbar? Natürlich! Und jetzt? „Halb voll!“, lautete die Antwort von 96-Klubchef Martin Kind auf die einschlägige Frage nach dem Füllstand des Glases. Es habe „die Einstellung gestimmt“, sagte Kind, und das sei das „entscheidende Signal“ im Kampf gegen die Zweitklassigkeit. „Es macht etwas Hoffnung auf die nächsten Spiele. Doch ich warne vor jeder Euphorie.“ Auch dafür gibt es einen Spontispruch: Du hast keine Chance – nutze sie!