NIEMALSALLEIN

 

«Herr Kind, Ihrem Klub kann man zumindest zu einem Vizeeuropameister gratulieren. Jetzt ist es Robert Enke – was meinen Sie, wie viele 96er könnten in vier Jahren beim nächsten Championat im deutschen Team dabei sein?

»Dass Robert Enke dabei war, ist eine tolle Sache. In Zukunft wird er bestimmt eine Chance bekommen, dass er auch der Torhüter der deutschen Nationalmannschaft sein wird. Ich hoffe, dass wir bei 96 die erfolgreiche sportliche Entwicklung fortsetzen können; dann haben wir auch die Chance, dass der eine oder andere Spieler mehr berufen und auch spielen wird. Und man sollte das Ganze nicht auf die deutsche Elf reduzieren, wir haben ja auch einige ausländische Nationalspieler.

«Wie stehen die Chancen, dass dann auch »« Szabolcs Huszti, der für sein Heimatland »« Ungarn spielt, dann noch das 96-Trikot trägt?

»Wir werden versuchen, dass wir uns diese oder die nächste Woche wegen einer vorzeitigen Vertragsverlängerung zusammensetzen. Das ist unser klares Ziel. Ihm liegt ein gutes Angebot vor, darüber werden wir reden. Er wird wissen, was er an Hannover 96 hat. Ich meine, wir haben zumindest eine 50:50-Chance, dass er bleibt.

«Bei einem Spieler wie Benjamin Lauth, »« von dem sich 96 vergangene Woche »« getrennt hat, gingen die Bemühungen »« in eine andere Richtung.

»Man muss die Transferentscheidungen insgesamt sehen. Wenn die Erfolgsquote größer ist als 70 oder 80 Prozent, dann ist das in Ordnung. Es wird immer Risikoentscheidungen geben. Wirtschaftlich war die Lauth-Verpflichtung für uns keine Erfolgsstory. Zumal der Spieler von uns noch einen Ausgleich dafür bekommt, dass er bei 1860 München in der 2. Liga anders entlohnt wird als hier in Hannover. Sollte 1860 München in der neuen Saison den Aufstieg schaffen, dann würden wir wiederum davon profitieren.

«Wird für Lauth nun noch ein neuer Angreifer kommen?

»Aktuell sind keine weiteren Verpflichtungen geplant. Allenfalls werden wir im Nachwuchsbereich mit Blick auf den Profikader noch etwas tun.

«Seit einiger Zeit ist offensichtlich, dass Ihr Klub viel Geld für Spieler ausgibt, die einen Qualitätszuwachs im Team versprechen. Kann man mit dieser Methode eine Mannschaft wirklich stark machen?

»Dazu ein kurzer Rückblick. Der 8. Platz in der Abschlusstabelle 2008 spricht für eine erfolgreiche Saison. Wir konnten zuvor Spieler verpflichten, die uns früher sicher einen Korb gegeben hätten. Das hat uns vorangebracht, und wir haben versucht, das mit Blick auf die neue Saison fortzusetzen. Andererseits haben wir dadurch auch einen gestiegenen Transferaufwand und einen höheren Etatanteil, der auf die Bundesligamannschaft entfällt. In letzter Hinsicht sind das deutlich mehr als 50 Prozent unseres Umsatzes – andere Klubs liegen in der Regel bei 50 Prozent oder darunter. Unser Ziel ist klar: Wir wollen so das Leistungsvermögen der Mannschaft verbessern, um uns zunächst sportlich und dann auch wirtschaftlich weiterzuentwickeln.

«Welchen Anteil haben Trainer Dieter Hecking und Sportdirektor Christian Hochstätter am offensichtlichen Aufschwung bei 96?

»Mit Hecking und Hochstätter habe ich erstmals zwei Verantwortliche für den sportlichen Bereich, die meiner Philosophie entsprechen, mit denen ich gut zusammenarbeiten kann, die mein volles Vertrauen haben und die die Spielregeln kennen. Sie liefern qualifizierte, engagierte und professionelle Arbeit ab. Ich hoffe, mit den beiden mal die erfolgreichen Bremer Strukturen und Zeitachsen entwickeln zu können.

«Mittlerweile beläuft sich der 96-Etat auf mehr als 50 Millionen Euro. Trotzdem »« müssen Sie doch neidisch werden, wenn »« Sie einen Blick zum Nachbarn nach »« Wolfsburg werfen, wo Geld keine Rolle »« zu spielen scheint.

»Neidisch? Nein. Wir müssen uns schlicht dieser Herausforderung stellen, sonst laufen wir Gefahr zu stagnieren. Deshalb brauchen wir, wenn wir uns im oberen Drittel der Bundesliga etablieren wollen, eine neue Strategie, um die Wettbewerbsfähigkeit von 96 heute und in der Zukunft sicherzustellen. Sechs Klubs der 1. Liga machen einen Umsatz von 100 Millionen Euro und mehr, drei Vereine – und dazu gehören neben dem VfL Wolfsburg noch Bayer Leverkusen und 1899 Hoffenheim – verfügen aufgrund ihrer Eigentümerstruktur über sehr viel Eigenkapital. Das heißt im Umkehrschluss: Diese Konkurrenten stehen vor uns. Es ist doch kein Zufall, dass in der Regel immer die gleichen Vereine die vorderen Tabellenplätze besetzen: Das sind die Klubs, die die hohen Umsätze machen. Deshalb müssen wir uns entsprechend entwickeln und mittelfristig auch einen Umsatz von 70 bis 75 Millionen erzielen. Wenn wir in einem internationalen Wettbewerb starten, dann würden wir auf 100 Millionen kommen.

«Bedeutet dies, dass 96 schon in der neuen »« Saison nach den Sternen greifen will? Trainer Dieter Hecking hat nach dem letzten Saisonspiel im Mai ja deutlich vernehmbar von der Teilnahme am UEFA-Cup gesprochen …

»Wir müssen da realistisch sein. Auch für die neue Spielzeit gilt, dass wir nicht mehr als eine Platzierung zwischen Rang 7 und 10 ins Auge fassen können. Was darüber hinausgeht, wäre eine Überraschung und eine besondere Konstellation – und zurzeit auch ein Wunsch. Ich hätte natürlich nichts dagegen, wenn Dieter Hecking das nach dem Cottbus-Spiel Gesagte in die Tat umsetzen kann. Aber auch die anderen Klubs sind ja nicht untätig.

«Etwas anderes hat 96 vor dem siebten Jahr »« 1. Liga, in das der Klub jetzt geht, schon »« geschafft: Davon, im Verlauf der Saison auf »« 40 Punkte kommen zu wollen, spricht »« offiziell niemand mehr.

»Das ist ein Riesenfortschritt! Gerade die ersten beiden Jahre nach dem Wiederaufstieg waren unglaublich kritisch, voller Irritationen und davon gekennzeichnet, den Klassenerhalt in letzter Minute geschafft zu haben. Das war das Lehrgeld, das wir zahlen mussten. Jetzt müssen wir uns mit dem Thema Abstieg, nach realistischer Einschätzung, nicht mehr auseinandersetzen, sondern können nach vorne schauen. Und zwar mit der gebotenen Vernunft.

«Etlichen Fans waren die jüngsten Diskussionen um die Vereinsfarben von Hannover 96 ein Anlass, einen Blick weit zurück in die Klubgeschichte zu werfen. Rot oder Schwarz-Weiß-Grün: Was soll denn nun »« gelten?

»Wenn wir uns ernsthaft nur noch mit diesem Problem beschäftigen müssten, dann wären wir schon sehr weit. Ursprünglich lautete mein Vorschlag, Rot zur offiziellen Vereinsfarbe zu machen, das wurde, auch mit Hinweis auf die Tradition, abgelehnt. Ich kann auch Schwarz-Weiß-Grün akzeptieren.

«In der neuen Saison bleiben die »« Trikots also rot?

»Eine Ausführung auf jeden Fall. Es bleibt so, wie es ist. Und sollte in die Vereinsatzung das Rot doch aufgenommen werden … Wir haben doch alle Optionen.

«Warum ist eine Entscheidung in dieser Angelegenheit denn so wichtig?

»In der Wahrnehmung nach außen ist 96 noch diffus. In der nationalen Fußballlandschaft sind wir immer noch eine kleine Nummer. Wir brauchen Kernaussagen, mit denen der Klub außerhalb Hannovers in Verbindung gebracht wird. Das zu ändern, ist harte Arbeit und beansprucht mindestens fünf bis zehn Jahre. Jetzt machen wir mithilfe von Universitäten in Hannover und Bayreuth erst einmal eine Bestandsaufnahme. Zur Marke, die wir mal werden wollen, gehört eben auch das Vereinslogo – und die Vereinsfarbe.

«Mit Blick auf die neue Bundesligasaison: »« Erwarten Sie erneut einen Besucherrekord »« für die Spiele in der AWD-Arena?

»Ich hoffe, dass wir erstmals deutlich über 20 000 Dauerkarten verkaufen können. Mit mehr als 40 000 Zuschauern im Schnitt hatten wir in der vorigen Spielzeit einen sehr guten Zuspruch. Stimmt die sportliche Entwicklung, dann werden wir irgendwann 49 000 Zuschauer haben, und zwar bei allen Spielen. Das ist das Ziel, immer ausverkauft zu sein.

Interview: Norbert Fettback, Jörg Grußendorf, Christian Purbs, Volker Wiedersheim

 

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