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Der 62-jährige Edward Kowalczuk ist bereits seit Februar 1986 für die körperliche Fitness der Spieler bei Hannover 96 verantwortlich. Damit ist er nicht nur der älteste, sondern auch der dienstälteste Fitnesstrainer der Liga.

 

Bad Pyrmont: Kowalczuk im Blickpunkt

Seit der hervorragenden Fitnessarbeit der DFB-Nationalmannschaft mit dem US-amerikanischen Fitnessexperten Mark Verstegen und seinem Team vor und während der EM 2008 rückte die Orientierung an der Physis und Kondition der Spieler verstärkt in das Blickfeld der Fußballwelt.

In den nächsten Tagen und Wochen werden die Fans sicher noch genauer hinsehen, wenn alle Teams der Bundesliga mit der Saisonvorbereitung beginnen und zunächst im konditionellen Bereich die wichtigen Fitness-Grundlagen für eine anstrengende Saison gelegt werden.

Hannover 96 wird vom 7. bis 14. Juli 2008 sein erstes Traingslager in Bad Pyrmont beziehen. Dort wird Edward Kowalczuk im Trainerteam von Hannover 96 mit seiner Arbeit an Athletik und Kondition in besonderem Maße in den Vordergrund rücken.

Berger holt Kowalczuk

Im Februar 1986 hatte Trainer Jörg Berger den damals 40-Jährigen zu Hannover 96 geholt. Den Kontakt hatte der damalige Teamarzt Prof. Dr. Michael Braumann eingefädelt. „Damals gab es im Fußball kaum einen Verein mit Co-Trainer – geschweige denn mit Konditionstrainer. Ich arbeitete beim Leichtathletikverband als Trainer im Mehrkampf und konnte meine Erfahrungen in den Bereichen Ausdauer, Schnelligkeit und Koordination in die Trainingsarbeit bei Hannover 96 einbringen. Damals gab es im Fußball damit kaum Erfahrungen“, beschreibt Edward Kowalczuk seine Anfänge als Honorartrainer, der sich damals bis zu sechs Stunden wöchentlich um die Fitness der 96-Spieler kümmerte.

„Seit damals hat sich im Fußball sehr viel verändert. Heute wird viel intensiver und athletischer gespielt – allein schon durch die modernen Spielsysteme. Das Tempo ist viel höher geworden und damit sind natürlich auch die Anforderungen an die Spieler im taktischen und vor allem im konditionellen und koordinativen Bereich deutlich gestiegen“, lautet Kowalczuks Einschätzung der Fußballentwicklung in den letzten zwanzig Jahren

Sorry, "Laufallergie"!

Ein leichtes Lächeln huscht um seinen Mund, wenn er sich an seine Anfänge erinnert: „ Die damaligen 96-Spieler wie Dieter Schatzschneider, Bernd Thiele oder Frank Pagelsdorf waren eher Kerle als Athleten – dabei aber Fußballer durch und durch. Und wenn dann wieder eine Laufeinheit um den Maschsee auf dem Trainingsprogamm stand, bekamen sie schon einmal eine „Laufallergie“. "Ausreden, um lieber mit dem Ball zu trainieren, sind Ihnen ständig eingefallen“, berichtet der „Fitmacher“ so lebendig,  als sei dies erst gestern gewesen.

Dabei erinnert sich Edward Kowalczuk auch daran, dass damals heute selbstverständliche Trainingsbestandteile wie Medizinbälle und Pulsuhren schon zu den „Hightech-Utensilien“ zählten. „Seit damals hat sich auch im Konditionstraining sehr viel verändert. Nicht nur die Trainingsgeräte sind moderner geworden, sondern heute gehören moderne Übungen, Fitnessräume mit Hightech-Geräten, Laufbänder, Ergometer und natürlich eine Leistungsdiagnostik zum Standard bei jedem Bundesligaverein,“ beschreibt der seit 1997 bei Hannover 96 fest angestellte Konditionstrainer den Entwicklungsboom.


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Fitness = mehr als 50% des Erfolgs

Seit der Ära von  DFB-Coach Jürgen Klinsmann hat sich in Sachen Fitness für die Profifußballer vieles noch mehr zum Positiven weiterentwickelt. „ Anfangs war ich etwas skeptisch, als Mark Verstegen und sein Team die Erfahrungen aus dem US-Sport für den europäischen Fußball adaptieren wollten. Aber das Konzept und die Inhalte haben mich - seitdem ich mich intensiv damit beschäftigt habe - überzeugt. Es sind viele Programme entwickelt worden, die es ermöglichen, dass die Spieler effektiver trainieren können und in kurzer Zeit auf einen Top-Level gelangen. Mit Fitness allein gewinnt man zwar keine Spiele, aber sie macht sicherlich mehr als 50 % des Erfolges aus“, sagt Edward Kowalczuk. Um auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu bleiben, hat er im Laufe der Jahre ein weit reichendes Netzwerk aufgebaut.

Schon bevor Jürgen Klinsmann 2006 die Bundesliga-Vereine dazu aufgerufen hatte, sich verstärkt um den Fitnesszustand ihrer Spieler zu kümmern, baute Hannover 96 – wie einige andere Bundesligisten auch – bereits intensiv auf die Arbeit eines Fitnesstrainers. „Heute bin ich Teil eines Teams unter Cheftrainer Dieter Hecking. Im Dialog mit den Trainern, den Physiotherapeuten und dem Teamarzt besprechen wir meine Vorschläge für das Fitness- und Aufbautraining, bei dem es heute mehr als je zuvor darum geht, die individuellen Schwächen ab- und die Stärken auszubauen – das ist die Zukunft in diesem Bereich. Dann entscheidet Dieter Hecking, wie und wann diese individuellen Programme in die tägliche Trainingsarbeit integriert werden“, schildert Edward Kowalczuk die sportive Teamarbeit bei Hannover 96.

Herr über die Rekonvaleszenten

"Verlässlichkeit und Professionalität" bescheinigen ihm nicht nur die sportlichen Leiter von Hannover 96, sondern auch die Spieler, die viel Respekt vor ihm und seiner Leistung haben. Der stolze Großvater sieht seinen Beruf auch als eine Art Berufung. „Es ist doch toll, dass ich mit jungen Leuten arbeiten darf, den Spielern helfen kann, dass sie ihre Leistung verbessern können und ich dabei gleichzeitig auch noch jung und fit bleibe. Jeder Tag ohne sportliche Betätigung ist für mich ein verlorener Tag.“ Ganz besonders liegen ihm die verletzten Spieler  am Herzen. Auch in diesem Jahr verbrachte der Disziplinfanatiker Edward Kowalczuk die Sommerpause wieder mit einigen Spielern wie Michael Tarnat, Chavdar Yankov und Valérien Ismaël und half den Rekonvaleszenten beim körperlichen Wiederaufbau.

„Es ist ein tolles Gefühl, wenn ein verletzter Spieler wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann. Die Intention des Aufbautrainings bei Hannover 96 liegt auch darin, den Spieler noch beweglicher, stabiler und mit besseren Werten im Bereich Athletik ausgestattet wieder fit zu bekommen. Denn beim individuellen Aufbautraining hat man natürlich mehr Zeit, auf diese Bereiche intensiver einzugehen“, berichtet Kowalczuk, der seine Erfahrungen auch als Referent der NFV-Trainerausbildung und des polnischen Verbandes weiter vermittelt.

Etwas Wehmut klingt mit, wenn er über das Abschneiden des polnischen Teams bei der EM 2008 spricht. „Obwohl man mit Leo Beenhakker einen erfahrenen Trainer geholt hat, der sogar erstmals einen Fitnesstrainer einsetzte, war das Abschneiden mit nur einem Tor und einem Punkt in der Vorrunde sehr bescheiden. Man hat festgestellt, dass die Fitness des polnischen Teams nicht ausreichend war“, lautet sein deutliches Fazit. Damit Ähnliches nicht den Spielern von Hannover 96 widerfährt, wird Kowalczuk im Trainingslager in Bad Pyrmont sicher wieder die ein oder andere Angst erregende Laufstrecke ausspähen und sich interessante Fitnessprogramme und -übungen einfallen lassen …
dk

 

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