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Martin Kind legt im Konflikt mit der DFL nach / Hannover 96 kann sich Spielertransfers in der Winterpause nicht leisten

 

Herr Kind, der Konflikt zwischen Deutscher Fußball-Liga (DFL) und Hannover 96 spitzt sich zu: Sie haben jetzt angekündigt, vor Gericht zu ziehen, wenn sich der Ligaverband weiterhin gegen die von Ihnen angestrebte Modifizierung der „50+1-Regelung“ sträubt.
Das gilt unter der Voraussetzung, dass sich die Mitgliederversammlung der DFL im November der Vorstandsempfehlung anschließt.

Haben Sie noch Hoffnung, dass sich eine Zweidrittelmehrheit findet, die Ihren Vorschlag gutheißt?
Das wird schwer, so realistisch muss man es sehen. Gerade nach der Empfehlung des Vorstandes, nicht zuzustimmen.

So gesehen hätten Sie sich Ihre vor zwei Jahren gestarteten Bemühungen doch sparen können, bei der DFL um ein Modell zu werben, das Bundesligaklubs für regionale Investoren deutlich interessanter macht. Wie groß ist Ihre Enttäuschung?
Es entsteht schon der Eindruck, dass das Ganze bei der DFL nur Alibi war. Unsererseits war es ein Versuch. Was mich mehr stört, das ist, wie kurz der Vorstand unseres Verbandes denkt; ich vermisse zukunftsfähige Visionen. Wir haben eine Regelung im Konsens angestrebt, und die DFL hatte ihre Wünsche mit eingebracht. Wenn es jetzt wirklich zum Prozess kommt, dann gibt es nur eine Ja- oder Nein-Entscheidung. Gewinnen wir die Klage, wovon wir ausgehen, dann gibt es im deutschen Profifußball den ungeregelten freien Kapitalverkehr. Vorher hatten wir die Chance, das zu organisieren; diese wird offenbar nicht genutzt.

Wären damit auch bei 96 ausländischen »« Investoren Tür und Tor geöffnet?
Bei uns wird es das nicht geben. Wir würden eine spezifische hannoversche Regelung haben. Dafür habe ich das Wort mehrerer potenzieller Investoren aus der Region.

Mehr Kapital, höherer Etat: Das verheißt nicht unbedingt größeren sportlichen Erfolg. 96 agiert erstmals mit einem 50-Millionen-Euro-Haushalt, hat aber erst acht Punkte. Warum geht die Rechnung nicht auf?
Das passt in der Tat nicht so richtig gut zusammen. Mit dem, was wir jetzt machen, scheint es nicht zu reichen. Woran man wiederum auch erkennt: Wir sind weiterhin unterkapitalisiert und nicht wirklich wettbewerbsfähig. Dazu wäre ein Jahresumsatz von 70 bis 75 Millionen Euro erforderlich. Solange gehören wir in der Dreiklassengesellschaft Bundesliga zum unteren Drittel.

Da, wo Ihre Mannschaft derzeit auch rangiert …
Auch wenn es ein bisschen schlechter ist, als ich es erwartet habe: Aber letztlich ist es die Tabellenregion, in die wir aufgrund der Vernetzung von Wirtschaft und Sport gehören. Dabei sind wir vor der Saison bei Transfers wirtschaftlich schon ans Limit der Unvernunft gegangen. Diese Politik können wir ohne entsprechende Rahmendaten nicht fortsetzen.

Was bedeutet das für die kommende Spielzeit?

Wenn wir die Kapitalerhöhung nicht hinbekommen, dann müssen wir den Haushalt runterfahren, Spieler abgeben und versuchen, den Klassenerhalt zu schaffen – und das ohne wirtschaftliche Verluste. So, wie wir jetzt arbeiten, können wir es nicht weitere Jahre handhaben. Aber ich möchte, dass 96 sich weiterentwickelt.

Wie bewerten Sie die aktuelle sportliche Situation Ihres Klubs?
Wir hatten sicher andere Vorstellungen. Es ist harte Arbeit gefragt, um das Potenzial abzurufen, das in der Mannschaft steckt. Ich bin im Moment noch gelassen, den Klassenerhalt werden wir auf jeden Fall sichern. Wir werden irgendwo zwischen Platz 8 und 12 landen, aber eher auf Rang 12.

Ist damit, im Unterschied zur "50+1-Regelung", das 96-Saisonziel bereits modifiziert?
Nein. Wir haben immer gesagt, dass wir das Ergebnis der vergangenen Saison (8. Platz, d. Red.) wieder erreichen wollen. Wenn möglich, darf es auch ein bisschen mehr sein. Über die Gründe, warum es derzeit nicht so richtig läuft, werde ich mit Trainer Dieter Hecking und Sportdirektor Christian Hochstätter noch sprechen. Da gibt es einige Fragen. Was mich nachdenklich stimmt ist, dass die Mannschaft sich in ihr Schicksal zu fügen scheint, wenn sie in Rückstand liegt.

Wie gehen Sie mit der Kritik um, die jetzt an Trainer und Sportdirektor laut wird?
Dafür habe ich kein Verständnis. Was über Jahre richtig war, kann nicht auf einmal falsch sein. Dass die Situation nicht befriedigend ist, das wissen alle, die bei 96 Verantwortung tragen.

Gäbe es die Möglichkeit, in der Winterpause noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv zu werden?
Wir sind finanziell vor dieser Saison an die obere Grenze gegangen. Wir werden und wir müssen die Saison mit dieser Mannschaft zu Ende spielen.

Interview: Norbert Fettback

 

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