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Schlaudraff erklärt seinen Transferplan

96-Sportdirektor Jan Schlaudraff zieht beim "HDI Taktik-Talk" eine erste Transferbilanz. Der 36-Jährige erklärt, warum der Klub nur einen Bruchteil der Transfereinnahmen in neue Spieler investiert hat - und wie ihm ein Scout eines anderen Klubs beim Emil-Hansson-Einkauf geholfen hat.

/ Profis
Beim "HDI Taktik-Talk" auf dem Podium (von links): Christoph Heckmann (stellvertretender Leiter Medien bei 96), Ralf Keck (HDI-Niederlassungsleiter Hannover), Jan Schlaudraff (96-Sportdirektor) und Lars Barlemann (96-Co-Trainer).

Wie Hansson nach Hannover kam
Der entscheidende Hinweis kam von der Konkurrenz. Ein Scout eines ambitionierten Bundesligisten hatte Emil Hansson, 21, mehrere Wochen lang beobachtet und großen Gefallen am schwedisch-norwegischen Offensivspieler gefunden. Ein Wechsel zu einem deutschen Topklub, so glaubte der Bundesligascout, würde für Hansson aber noch ein bisschen zu früh kommen. Also wandte er sich an 96-Sportdirektor Jan Schlaudraff, den er von früheren Begegnungen kannte. "Der Scout gab mir den Tipp, dass ich mir den Jungen mal angucken sollte", so Schlaudraff, "das haben wir dann schnell gemacht." Und ebenso schnell zugegriffen.

Auf dem Transfermarkt zählt Schnelligkeit
Die Anekdote vom Emil-Hansson-Einkauf hat Jan Schlaudraff am Donnerstagabend beim "HDI Taktik-Talk" im Medienraum der HDI Arena erzählt. Er hat sie aber nicht einfach ausgeplaudert. Schlaudraff hat sie bewusst vorgetragen. Weil sie exemplarisch steht für das, was heutzutage zählt auf dem Transfermarkt, auf dem einige wenige das große Geld besitzen und alle anderen auf der Suche nach bezahlbaren Fußballspielern sind: Schnelligkeit.

"Bin dankbar für den Tipp"
Wie im Fall von Emil Hansson. "Ich bin für den Tipp sehr dankbar gewesen", sagte Schlaudraff vor rund 80 Gästen in der hannoverschen Arena, "denn dadurch sind wir eine Woche schneller gewesen als die anderen." Die seien erst auf den Spieler aufmerksam geworden, als sein Name bereits in den Zeitungen stand. "Da haben wir längst mit ihm verhandelt und waren somit in der Pole-Position." Schlaudraff nutzte den Vorteil und einigte sich mit Hansson und dessen Klub Feyenoord Rotterdam auf einen Wechsel, noch bevor die Konkurrenz ein Angebot abgeben konnte.

Keine zweieinhalb Millionen Euro Transferausgaben
Der Hansson-Transfer ist dabei nur einer von vielen, die Schlaudraff in den vergangenen Wochen getätigt hat. Neun Neue hat er in seinem ersten Transfersommer als 96-Sportdirektor verpflichtet. Ron-Robert Zieler (vom VfB Stuttgart) und Marcel Franke (von Norwich City) zum Beispiel. Oder Marvin Ducksch (von Fortuna Düsseldorf) und eben Hansson. "Für die habe ich viel weniger Geld ausgegeben, als viele denken", verriet Schlaudraff, "nämlich keine zweieinhalb Millionen Euro." Und das, obwohl der Verkauf von Spielern wie Niclas Füllkrug (zu Werder Bremen), Ihlas Bebou (zu 1899 Hoffenheim) und Walace (zu Udinese Calcio) im selben Zeitraum mehr als 20 Millionen Euro eingebracht hat.

Konsolidierung statt Großeinkauf
Geld, das die Roten auf Grund hoher Verluste in den vergangenen Jahren jedoch zur Konsolidierung benötigen - und das dem Sportdirektor deshalb nicht für Transfers zur Verfügung stand. (Interview: 96-Geschäftsführer Martin Kind über Transfereinnahmen: "Es ist nicht so, wie in den Berichten unterstellt wird, dass wir die Summe sofort auf dem Konto haben.") "Darüber beklage ich mich nicht", sagte Schlaudraff, "im Gegenteil, ich habe vollstes Verständnis dafür, dass der Klub zunächst die Finanzlöcher gestopft hat." Nur müssten sich die Erwartungen und Saisonziele dann auch am verfügbaren Budget orientieren. "Man kann bei Ausgaben von nicht mal zweieinhalb Millionen Euro nicht verlangen, dass wir sofort wieder aufsteigen", sagte der 36-Jährige.

Schlaudraff will 96 stabilisieren
Als Ausrede für schwache Leistungen in der aktuellen Saison will Schlaudraff seine Ausführungen allerdings nicht verstanden wissen. "Wir haben auch jetzt schon eine Mannschaft, die in der Lage ist, Spiele zu gewinnen, und die, wenn alles gut läuft, in der zweiten Liga oben mitspielen kann", sagte er. Schlaudraff hat aber nicht nur die Gegenwart im Blick, sondern auch die Zukunft. Er will den Klub nach Jahren des Auf und Ab stabilisieren - und dauerhaft in der ersten Liga etablieren. Schlaudraff hat deshalb die Kosten reduziert, nicht nur bei den Ablösesummen, sondern auch bei den Gehältern, damit er künftig wieder offensiver auf dem Spielermarkt agieren kann. Und er hat bei der Kaderzusammenstellung bereits die kommenden Spielzeiten mit eingeplant.

"Ist der richtige Weg"
"Ich glaube, dass es der richtige Weg ist, auf junge Spieler zu setzen, die sich noch weiterentwickeln können", sagte Schlaudraff und nannte dabei vielversprechende Talente wie Florent Muslija, Linton Maina, Jannes Horn, Waldemar Anton und Cedric Teuchert. "Ich bin überzeugt, dass die Chancen so größer sind, dass wir uns auch in der ersten Liga halten können. Was bringt es uns, wenn wir teure Spieler holen, die uns zwar in die erste Liga schießen, sich dort aber nicht mehr verbessern können? Dann haben wir einen teuren Kader, steigen ab - und fangen wieder von vorn an. Mir geht es aber darum, bei 96 eine Mannschaft aufzubauen, die dauerhaft sportlich erfolgreich ist."

Ruhe ausstrahlen
Das aber braucht Zeit. Zeit, die den meisten Klubs in der heutigen Zeit, speziell von Medienvertretern, kaum noch gegeben wird. Das weiß auch Schlaudraff, der das Profigeschäft kennt wie kaum ein anderer, und der dennoch um Geduld mit der jungen und runderneuerten 96-Mannschaft bittet. "Wir tun gut daran, von außen eine gewisse Ruhe auszustrahlen und die Jungs auch Fehler machen zu lassen - nicht zu viele, das ist auch klar." Und in Zukunft werde Hannover 96 dann auch wieder in der Lage sein, offensiver auf dem Transfermarkt tätig zu sein.
hop

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