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Uwe Jursch und sein ganz besonderes 96-Tor

Vor 29 Jahren hat Hannover 96 das erste Pflicht-Heimspiel gegen einen Klub aus der früheren DDR-Oberliga bestritten. Am 9. November 1991 trafen die Roten in der Nordstaffel der 2. Liga auf Stahl Brandenburg – ein Publikumshit war die mit 1:0 gewonnene Partie nicht. Zu erzählen gibt es dennoch einiges.

/ Klub
Besonderer Treffer: Uwe Jursch (Zweiter von rechts) erzielt am 9. November 1991 gegen Brandenburg das Siegtor, Stahl-Torwart Wolfgang Wiesner hat das Nachsehen.

4200 Zuschauer gegen Stahl
Wenn Hannover 96 am kommenden Samstag in der HDI Arena auf Erzgebirge Aue trifft, dann ist das – Gott sei Dank – eine ganz normale Partie. Kurz nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 sah das anders aus. 13 Monate später kam erstmals ein Klub aus der DDR-Fußball-Oberliga zu einem Punktspiel nach Hannover. Stahl Brandenburg? Der Gegner sagte den 96-Fans damals nicht viel, und da es bis kurz vor dem Anpfiff heftig regnete, verfolgten nur 4200 Zuschauer im weiten Rund des Niedersachsen-Stadions das Spiel. "Da hatte 96 ja sogar im Corona-Testspielbetrieb einen höheren Zuschauerschnitt als wir damals gegen Brandenburg", sagt Uwe Jursch, vor 29 Jahren so etwas wie der Mann des Spiels. "Uns war damals gar nicht bewusst, dass wir erstmals in der Liga zu Hause auf einen Gegner aus der ehemaligen DDR trafen", sagt Jursch. "Wir waren als Mannschaft noch ganz euphorisch, denn wir hatten nur wenige Tage vorher durch ein 1:0 über den Karlsruher SC das Halbfinale im DFB-Pokal erreicht, den wir ja am Ende der Saison in den Berliner Abendhimmel recken durften."

Niederlage im Hinspiel
Die Gegner wurden damals vor den Spielen weniger analysiert, als das heute der Fall ist. "Über Stahl wussten wir nur, dass sie uns im Hinspiel in Brandenburg mit 3:0 besiegt hatten",  sagt der damalige Torschütze Jursch, der heute in einer Osnabrücker Physiotherapie-Praxis arbeitet. "Ich musste schon ein paar alte Zeitungsartikel lesen, um mich noch an das Spiel und mein Tor zu erinnern", sagt der Stürmer, den 96-Trainer Michael Lorkowski zur Saison 1991/92 von Osnabrück zu 96 gelockt hatte – per Telefon.

"Ich habe ganz spontan meine Zusage gegeben und zwei Tage nach dem Telefonat bei 96 meinen Vertrag unterschrieben – alles ohne Berater oder Spielervermittler", sagt er mit einen Lachen. Im DFB-Pokalfinale am 23. Mai 1992 gegen Borussia Mönchengladbach wurde er für Michael Koch eingewechselt – von diesem Spiel wird er keine Minute vergessen.

Siegtor nach Eckball
Wie aber war das nun damals gegen Brandenburg? 96 erkämpfte sich gegen Stahl, immerhin UEFA-Cup-Teilnehmer der Saison 1986/87, ein deutliches Übergewicht im Mittelfeld, aber im Angriff wurden zu viele Chancen vergeben. So musste eine Standardsituation in der 23. Minute den Siegtreffer bringen. "Nach einem Eckball von Andre Sirocks und einer Kopfballverlängerung von Jörg-Uwe Klütz habe ich den Ball mit einem langen Schritt ins Tor gedrückt", erzählt Jursch, der mit 96-Physiotherapeut Jens Vergers seit Jahren eng befreundet ist.

"Nur spielerische Klasse ist zu wenig"
Über das aktuelle Geschehen ist Jursch deshalb stets gut informiert. "Die spielerische Qualität ist bei Hannover 96 sicher vorhanden", sagt er. "Aber die Mannschaft muss in jedem Spiel Herz, Leidenschaft und die entsprechende kämpferische Mentalität unter Beweis stellen. Allein die spielerische Klasse reicht in dieser ausgeglichenen 2. Liga kaum für den Aufstieg. Die Spieler müssen den Willen zeigen, jedes Spiel gewinnen zu wollen." Das sei für die Profis in Pandemiezeiten in leeren oder wenig besuchten Arenen natürlich nicht so einfach. "Der Fußball lebt zu einem Teil von der Leidenschaft der Zuschauer. Für mich ist es deshalb kein echtes Vergnügen, sich die Spiele im Fernsehen anzusehen", sagt Jursch.

Auer Oberligarekord
Am heutigen Samstag, wenn die Roten gegen Erzgebirge Aue spielen, wird Jursch trotzdem pünktlich vor dem Fernsehgerät sitzen. Der Vorgängerklub des FC Erzgebirge, die BSG Wismut Aue, hält übrigens den DDR-Oberliga-Rekord mit 1019 Spielen und belegt in der ewigen Tabelle Platz 5. Stahl Brandenburg liegt in dieser Rangliste auf Platz 20, der FC Stahl spielt heute in der Landesliga.
kös/hr

 

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