Fangen wir mal so an: Was ist Deine emotionale Erinnerung an die Zeit bei 96?
Niklas Hult (33): Ganz klar (grinst): Natürlich habe ich die beiden Derbys in der Saison 2020/21 in ganz besonderer Erinnerung. Vor allem das erste zu Hause, in dem ich auch ein Tor erzielt habe. Aber auch das zweite war ein Highlight, da konnte ich für beide Tore die Vorlagen geben. Die beiden Spiele waren wirklich sehr speziell – für uns als Team, für die Fans und auch für mich persönlich.
Beim Heimderby damals warst Du noch nicht lange bei 96 unter Vertrag. Wie hast Du von der besonderen Bedeutung dieses Aufeinandertreffens erfahren?
Hult: Es war dann direkt das dritte Spiel nach meinem Wechsel. Rund um die Partie habe ich sehr schnell realisiert, wie wichtig das Duell ist, wie sehr es die ganze Stadt interessiert und elektrisiert. Es war ein unglaublich gutes Gefühl, dieses Spiel zu gewinnen - und dann habe ich auch noch getroffen. Leider durften wegen der Corona-Pandemie nur wenige Fans im Stadion dabei sein.
Der einzige Wehrmutstropfen?
Hult: Absolut. Wir haben damals auch im Team darüber gesprochen. Es war das erste Mal in 30 Jahren, dass wir in einer Spielzeit beide Derbys gewinnen konnten. Wir waren also sehr stolz, konnten aber nicht mit dem ganzen Stadion feiern. Das war ein bisschen enttäuschend.
Beim 4:1 im Hinspiel 2020/21 hat der BTSV die Führung erzielt. Wie habt Ihr diesen Tiefschlag weggesteckt?
Hult: Da geht es um den Glauben daran, zu gewinnen. Wir waren in beiden Spielen das bessere Team und waren so selbstbewusst, dass wir wussten, dass wir das Spiel drehen und gewinnen.
Ist Glauben das wichtigste?
Hult: Derbys sind immer speziell, es gewinnt nicht immer das bessere Team oder die Mannschaft mit den besseren Einzelspielern. Da kommen verschiedene Dinge zusammen. Das ist einzigartig. Du musst bereit sein, geschlossen als Team für den Sieg zu kämpfen. Und am Ende hat die Mannschaft die besten Chancen zu gewinnen, die mental stärker ist.
Derbys werden im Kopf entschieden?
Hult: Definitiv. Fußball findet generell viel im Kopf statt und Derbys noch ein bisschen mehr. Du musst deine Gefühle kontrollieren und fokussiert sein, aber im positiven Sinne. Der Kopf arbeitet also viel mit.
Wie bist Du selbst damit umgegangen?
Hult: Ich bin eine Person, die immer nervös ist – sei es im Training, Test- oder Pflichtspiel (lacht). Als ich jünger war, war es noch schlimmer. Ich habe im mentalen Bereich tatsächlich viel gearbeitet, und mittlerweile bin ich deutlich entspannter. Es ist einfach wichtig, diese Ruhe zu bewahren, obwohl man weiß, was das Spiel den Fans und dem ganzen Klub bedeutet. Ich habe dann versucht, diese Anspannung in etwas Positives umzuwandeln, das mir einen zusätzlichen Push gibt.
Schaust Du 96-Spiele, wenn Du keine eigenen hast oder guckst Dir die Ergebnisse an?
Hult: Ja, ich versuche immer, die Spiele am Fernseher zu verfolgen, wenn ich selbst nicht im Einsatz bin. Ansonsten gucke ich mir online die Ergebnisse und die Highlights an. Die Mannschaft macht einen guten Eindruck.
Was sagst Du zum bisherigen Saisonverlauf?
Hult: Ich denke, es war ein guter Start, aber es ist noch zu früh in der Saison, um zu sagen, wo es sich hin entwickelt. Doch was ich bisher gesehen habe, sah echt gut aus. Wir, und ich sage bewusst wir, haben gute Spieler, einen guten Trainer und es fühlt sich an, als sei vieles auf dem richtigen Weg. Das freut mich, und ich bin sicher, dass es eine interessante Saison werden kann.
Hast Du noch Kontakt zu 96-Spielern?
Hult: Sei Muroya hat uns mit seiner Familie in Schweden besucht. Im vergangenen Winter waren sie da. Wir haben ein paar schöne Tage in Stockholm verbracht. Kontakt besteht noch zu Hendrik Weydandt. Ich habe übrigens auch "Hennes" Abschiedssong gehört (lacht).
Parallel zum Derby am Sonntag hast Du mit Deinem Klub IF Elfsborg ein Spiel gegen Degersfors. Das ist auch sehr wichtig: Es ist das vorletzte der Saison und Ihr seid Tabellenführer in Schweden.
Hult: Das ist wirklich verrückt, wir sind nah dran. Davon hatte ich geträumt, als meine Familie und ich entschieden haben, nach Schweden zurückzukehren. Aber: Es sind noch zwei schwierige Spiele, die wir zu absolvieren haben.
Am letzten Spieltag kann es zu einem echten Finale kommen…
Hult: Ja, am letzten Spiel müssen wir gegen Malmö antreten. Die sind mit zwei Punkten weniger Tabellenzweiter und das einzige Team, das auch noch Meister werden könnte. Es wird also sehr spannend.
Erzähl uns gerne etwas über Dein Team. Es ist quasi ein Allstar-Team der Mannschaft von 2012, mit der Du damals schon die Meisterschaft geholt hast, oder?
Hult: Irgendwie schon (lacht). Vor meiner Rückkehr wusste ich, dass Elfsborg ein gutes Team hat, sie waren in den vergangenen Jahren immer gut dabei, auch wenn sie nicht in der absoluten Spitze der Liga vertreten waren. Zusammen mit mir kehrten zwei andere Ex-Mitspieler aus dem Meisterschaftsjahr 2012 zurück. Mittlerweile sind wir fünf Spieler, die auch schon 2012 bei der Meisterschaft dabei waren.
Was macht die Mannschaft aus?
Hult: Wir kennen uns sehr lange und sind eine gute Truppe. Auch die Familien kennen sich, das ist auch immer sehr wichtig im Fußball. Es fühlt sich insgesamt wie Familie an. Dazu haben wir junge Spieler, die echt gut sind und denen eine aussichtsreiche Zukunft außerhalb Schwedens im Fußball bevorsteht. Es ist ein guter Mix.
Und wofür steht Ihr auf dem Platz?
Hult: Als eines von wenigen Teams, setzen wir nicht so sehr auf Ballbesitzfußball. Wir wollen mittels hohen Pressings den Ball gewinnen und zielstrebig Richtung Tor spielen. Viele Teams – gerade die, die extrem auf Ballbesitz spielen – kommen mit unserer Spielweise nicht klar.
Wirst Du Dir nach Eurem Spiel die Highlights vom Derby anschauen?
Hult: Auf jeden Fall! Und ich hoffe, ich bekomme gute Szenen zu sehen!